wolfsgeheul.eu vom 13.03.2017

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Gestern pries ein sehr guter Freund in launig-zufriedener Sportlerrunde auf der Terrasse des Clubhauses unter herzerwärmendem Frühlingssonnenschein einen Weißwein – wenn ich mich recht erinnere, einen Sauvignon Blanc aus der Pfalz -, dessen Winzer werberisch darauf hinweist, daß dieser mit einer Lagerfähigkeit von dreißig Jahren aufwarte. Ungläubiges Staunen am Tisch war die Folge, wobei ein offensichtlicher Connaisseur sofort großes Interesse bekundete. Ich dagegen, der theoretisch nicht besonders kundige aber praktisch versierte Weintrinker, vermochte den Sinn einer solchen Eigenschaft bereits grundsätzlich nicht zu erkennen und bin obendrein der möglicherweise unmaßgeblichen Meinung, daß in Zeiten von Schraubverschlüssen die Lagerung von Weinen im Sinne einer Endreifung und Abrundung zunehmend an Bedeutung verloren hat. Außerdem hatte gerade der weiße Götternektar immer schon den unschätzbaren Vorzug, daß sein früher Verzehr von den Kennern nicht gleich naserümpfend als blasphemisch eingestuft wurde.

Und deshalb fiel und fällt mir bei diesem Thema nur der großartige Robert Gernhardt ein:

ALTER WEIN

Warm preist ihr mir den alten Wein.
Wie meinen? frag ich kalt.
Was soll das sein: Ein alter Wein?
Bei mir wird Wein nicht alt.

Bei mir ward manches alt und kalt:
Kopf, Rücken, Herz und Bein.
Es schwanden Schönheit und Gestalt.
Beim Wein muß das nicht sein.

Was immer auf der Flasche steht,
ob alt, ob jung der Wein:
Mit etwas gutem Willen geht
beim Reinen alles rein.“

Recht hat er! Wer weiß, ob wir in dreißig Jahren noch leben. Pfeifen wir also auf Haltbarkeit und trinken just in time. Prost!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 12.03.2017

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Denken und Jubeln schließen sich zumeist aus.

So beliebt wie gerade waren die Niederlande bei uns noch nie. Der Rauswurf der türkischen Familienministerin begeistert auch hier die Massen. Selbst die FDP steht nicht zurück. So gehen die wenigen Vernünftigen im freudigen Gebrüll unter.

Dabei sind die Vorgänge in Holland doch mehr als durchsichtig. Ministerpräsident Rutte geht im Angesicht der kommenden Wahl wegen Geert Wilders Popularität der Arsch auf Grundeis und nutzt die ministerialen Auftrittsversuche aus der türkischen Regierung als willkommenen Anlaß, um Härte zu demonstrieren und Wähler vom rechten Rand um fünf Minuten vor zwölf noch zur Umkehr zu bewegen.

Der Vorgang ist aber ein Skandal. Einen frei reisenden Staatsbürger der Türkei daran zu hindern, sein eigenes Konsulat in Rotterdam zu betreten, ist mit nichts zu erklären geschweige denn zu entschuldigen. Über alles weitere wie Auftrittsverbote und Ausweisungen als ultima ratio kann man dagegen streiten. Die Solidaritätsnoten in Richtung Westen sind aber in jedem Falle vorschnell und unbedacht.

Genauso wie die Begeisterung der Deutschen ob der Ausführungen unseres Bundesverfassungsgerichtes zu Wahlkampfauftritten ausländischer Minister auf unserem Territorium! Die Richter haben lediglich ausgeführt, daß sich die Betroffenen hierbei nicht auf ein Grundrecht berufen können. Das heißt aber nicht, daß ihre Auftritte grundsätzlich verboten sind. Vielmehr können sie für sich, wird ihnen die Umsetzung ihres Vorhabens nicht gewährt, nur keine Grundgesetzverletzung reklamieren.

Die oberflächlichen Gefühldusler, die zunehmend die Oberhand zu gewinnen scheinen, wollen das jedoch gar nicht hören. In ihrer Hau-druff-Euphorie unterscheiden sie sich dann nicht im geringsten mehr von rechten Krakeelern, denen die Vorfälle leider ohnehin Wasser auf die Mühlen sind.

Es bleibt ein Rätsel, wie es in so kurzer Zeit zu einem solch‘ gravierenden Niveauverlust in der geistig-politischen Auseinandersetzung kommen konnte. Die Mehrheit war zwar immer schon dumm, aber sie konnte offenbar trotzdem noch denken und nicht nur jubeln.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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