wolfsgeheul.eu vom 15.02.2018

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Hilfe, ich brauche bald wohl neue Timberlands! Haben ältere Menschen etwa Angst vor Neuem?

Solange es dieses wunderbare, weil qualitativ hochwertige, ungemein praktische, äußerst universelle und vor allem zeitlose amerikanische Schuhwerk bei uns in Deutschland gibt, trage ich es. Und zwar in der Ausführung mit der dicken Profilsohle in dunkelbraun oder im Sommer zuweilen auch in der Bootsausführung mit nämlicher Farbe! Man ist damit überwiegend und in unseren lässiger werdenden Zeiten sogar zunehmend halbwegs anständig gekleidet und sie erdulden klaglos auch ruppige Behandlung. Da die dicken Lederschnürsenkel immer wieder zum selbständigen Öffnen neigen, benutzt der Insider sie zum Beispiel immer wieder rüde die hintere Kappe heruntertretend als Slipper, weil man die Bänder, sind sie einmal ordentlich und fest verknotet, bloß nicht an ihre Unart erinnern möchte. Gepflegt nur mit Kiwi-Lederfett halten sie trotzdem fast ewig. Aber eben nur fast! Denn irgendwann hat man die Sohle abgeschlurft und der Rest derselben verhärtet sich mehr und mehr, so daß es gerade im Winter mit dem Grip und der Rutschfestigkeit nicht mehr weit her ist. Ein Austausch der gesamten Profilgummis verbietet sich übrigens, weil er den authentischen Gesamteindruck zerstörte, und stünde auch in keinem Verhältnis zum Preis der Ersatzbeschaffung. Das stellt also leider keine Lösung dar. Meine noch aktuellen sind inzwischen schätzungsweise über zehn Jahre alt und bis auf den Unterbau eigentlich noch tadellos. Aber der unübersehbare Sohlenmangel wird immer störender. Es muß also demnächst etwas geschehen. Gleichwohl schiebe ich den Neuerwerb immer wieder hinaus.

Warum? Die alten haben einen – zumindest vorübergehend – unersetzlichen Vorteil. Sie sind gebraucht und sehen auch so aus. Und weniges ist peinlicher, als mit neuen Timberlands aufzulaufen. Anders als bei einem rahmengenähten schwarzen Schuh, den man von einem gepflegten Altexemplar kaum unterscheiden kann – weshalb man übrigens, hat man einen Grundkanon zusammen, davon so selten neue braucht – fällt der fabrikneue Alltagstreter sofort auf. Es ist fast ein wenig unangehm, und man möchte am liebsten draufschreiben oder jedem Entgegenkommenden ungefragt mitteilen, daß man diese Art Schuh schon lange trägt, um nicht als Novize bzw. Spätberufener gescholten werden zu können. Da gilt es dann, mit viel staubanziehendem Lederfett der zunächst blütenreinen und fast strahlend braunen Fassade zu Leibe zu rücken und schnellstmöglich eine unauffällige, sprich gebrauchte Optik zu erzielen. Und genau diese Phase möchte man sich am liebsten ersparen, weshalb eine Ersatzbeschaffung so lange wie irgend möglich hinausgezögert wird.

Wir Alten haben demnach keine Angst vor Neuem, sondern lediglich vor Dingen, die auch so aussehen. Vielleicht stört der Kontrast zu unserer sonstigen körperlichen Erscheinung. Sorgen bereitet uns ansonsten nach Majestix nur, daß uns irgendwann doch einmal der Himmel auf den Kopf fallen könnte.

Und, mal sehen, vielleicht halten die Latschen auch noch ein Jahr!? Der Winter ist ja hoffentlich bald vorbei!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 13.03.2017

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Gestern pries ein sehr guter Freund in launig-zufriedener Sportlerrunde auf der Terrasse des Clubhauses unter herzerwärmendem Frühlingssonnenschein einen Weißwein – wenn ich mich recht erinnere, einen Sauvignon Blanc aus der Pfalz -, dessen Winzer werberisch darauf hinweist, daß dieser mit einer Lagerfähigkeit von dreißig Jahren aufwarte. Ungläubiges Staunen am Tisch war die Folge, wobei ein offensichtlicher Connaisseur sofort großes Interesse bekundete. Ich dagegen, der theoretisch nicht besonders kundige aber praktisch versierte Weintrinker, vermochte den Sinn einer solchen Eigenschaft bereits grundsätzlich nicht zu erkennen und bin obendrein der möglicherweise unmaßgeblichen Meinung, daß in Zeiten von Schraubverschlüssen die Lagerung von Weinen im Sinne einer Endreifung und Abrundung zunehmend an Bedeutung verloren hat. Außerdem hatte gerade der weiße Götternektar immer schon den unschätzbaren Vorzug, daß sein früher Verzehr von den Kennern nicht gleich naserümpfend als blasphemisch eingestuft wurde.

Und deshalb fiel und fällt mir bei diesem Thema nur der großartige Robert Gernhardt ein:

ALTER WEIN

Warm preist ihr mir den alten Wein.
Wie meinen? frag ich kalt.
Was soll das sein: Ein alter Wein?
Bei mir wird Wein nicht alt.

Bei mir ward manches alt und kalt:
Kopf, Rücken, Herz und Bein.
Es schwanden Schönheit und Gestalt.
Beim Wein muß das nicht sein.

Was immer auf der Flasche steht,
ob alt, ob jung der Wein:
Mit etwas gutem Willen geht
beim Reinen alles rein.“

Recht hat er! Wer weiß, ob wir in dreißig Jahren noch leben. Pfeifen wir also auf Haltbarkeit und trinken just in time. Prost!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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