wolfsgeheul.eu vom 28.12.2016

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Frage Kind: „Mama, wann machen wir denn Bescherung?“

Antwort Frau: „Wenn Deine Mutter wieder nüchtern ist.“

Es gibt Städte, die sich durch besondere Traditionen ihrer Bürger auszeichnen. Als ich vor einem Jahr zu Heiligabend in Frankfurt(s. Kolumne vom 27.12.2015) war, hat mich das „Große Stadtgeläute“ unglaublich beeindruckt. Letzten Samstag nun war ich mit meinem Freund und Co-Künstler Johannes S. Sistermanns aus Bornheim und meinem Sohn auf dem Weihnachtsmarkt im rheinischen Brühl verabredet. Auch wenn dieser Budenzauber eigentlich nicht zu den Ereignissen gehört, die ich besonders gerne besuche, weist der zwischen Köln und Bonn fast ein Alleinstellungsmerkmal auf. Er hat nämlich offiziell an Heiligabend noch bis vierzehn Uhr geöffnet. Nun könnte man denken, daß der durchschnittliche Einwohner kurz vor Kirche und Bescherung etwas Wichtigeres und Besseres zu tun hat, als stehend in der Kälte Alkohol zu konsumieren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Fußgängerzone ist schwarz vor Menschen und an den Glühweinständen ist praktisch kein Durchkommen. Personen aller Couleur, viele auch mit Kindern, versammeln sich dort in friedlich-fröhlicher Stimmung ohne jede Hatz. Es herrscht eine nahezu karnevalistische Atmosphäre mit Schwätzchen, Lachen und Ausgelassenheit, die nicht im Ansatz ein Gefühl von Weihnachtsstreß aufkommen läßt. Und während die Frauen überwiegend wettergemäße Heißgetränke zu sich nehmen, trinkt oder besser säuft die Mehrzahl der Männer Kölsch in zum Teil durchaus strammer Reihe. Als ich um 13:30 Uhr schon etwas bierselig zur Weihnachtsfeier ins Seniorenheim meiner Mutter entschwinden mußte, hatte man in keinster Weise den Eindruck, als würde sich die Versammlung in einer halben Stunde abrupt auflösen. Warum auch, die Budenbetreiber machen in diesem Tag vielleicht den besten Umsatz der gesamten Weihnachtszeit und gemütliches Zusammensein wird im Rheinland regelmäßig sogar über die Schließzeit hinaus geduldet. Vielleicht auch deshalb, weil ich nicht nur einmal gehört habe, wie neben mir gesagt wurde, daß man an diesem besonderen Tag dort Menschen treffe, die man möglicherweise ein ganzes Jahr nicht gesehen habe. Also ein Muß für den ordentlichen Brühler und eine großartige, äußerst sympathische Tradition, die den Unterschied zu Städten ausmacht, denen es an einem solchen Bürgersinn fehlt.

Obiger, wahrlich nicht untypischer Dialog hat sich im übrigen bereits vor über zehn Jahren an genau diesem Ort zur gleichen Zeit vor meinen Ohren zugetragen. Jede Landsmannschaft hat ihre liebenswerten Eigenheiten, aber der Rheinländer ist schon etwas Besonderes. Es könnte durchaus sein, daß ich nächstes Jahr wieder in Brühl auf das eine oder andere Kölsch vorbeischaue. Prösterchen!

Alaaf und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 27.12.2016

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Ich war dann ‚mal nicht da!

Nach einem sehr erfüllten Weihnachtsfest habe ich am Abend des vergangenen Montags einfach ohne Ankündigung keine Kolumne geschrieben. Auch wenn es vielerlei Bereiche ich Leben gibt, in denen eine solche Verweigerungshaltung nicht möglich ist, sollte man es sich ab und an ruhig erlauben, genau das nicht zu tun, was man sich gewöhnlich abverlangt bzw. von einem erwartet wird, denn das tut richtig gut. Wir alle funktionieren den überwiegenden Teil unseres Daseins mehr oder weniger zuverlässig – das ist im Zweifel auch richtig, erfüllend und sinngebend – und sind dabei in gewisser Weise doch immer Getriebene fremder und eigener Ansprüche an uns selbst. Gerade jedoch, wenn wir über die Besinnlichkeit einer bestimmten Zeit sprechen, sie ihr zuerkennen, sollte man den Zustand der Besinnung auch erreichen und sich gestatten, ihm ein wenig nachzuhängen. Das habe ich genüßlich getan.

Es muß also nicht immer der Jacobsweg sein.

Ich bin dann ‚mal weg und komme morgen wieder!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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