wolfsgeheul.eu vom 27.12.2015

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Anstatt wie geplant bis Aschermittwoch zu pausieren, lasse ich mich doch tatsächlich überreden, zwischen den Jahren wieder vertretungsweise einzuspringen! Schön blöd, aber auf der anderen Seite fehlte mir auch was.

So ist es mir zum wiederholten Male ein Bedürfnis, eine Lanze für die meist verkannte Stadt Frankfurt am Main zu brechen. Erstmalig weilte ich an Heiligabend dort. Zugegebenermaßen rein zufällig schlenderten wir gegen vier Uhr durch die fast menschenleere City mit dem Ziel, an den Main zu gehen. Die frühlingshaften Temperaturen machten es schwer, weihnachtliche Atmosphäre aufzuspüren. Ein Espresso im Straßencafé bei eintretender Dämmerung war fast grotesk aber auch besinnlich. In Richtung Paulskirche füllten sich plötzlich die Straßen, und wir hatten zunächst keine Erklärung dafür. War gerade ein Gottesdienst zu Ende gegangen? Ein Blick ins mobile Internet gab die Auflösung. Das „Große Stadtgeläut“! Seit mehr als fünfzig Jahren immer zu Ostern, Pfingsten und um 17 Uhr an Heiligabend! Neun Frankfurter Kirchen der Innenstadt und eine von der Sachsenhausener Seite lassen nacheinander einsetzend eine halbe Stunde ihr volles Geläut erschallen und zehntausende Menschen aller Couleur bevölkern den – hierfür wird in einem Gewaltakt extra der Weihnachtsmarkt komplett abgeräumt, nur der wunderschöne Weihnachtsbaum bleibt vor dem Rathaus stehen – Römerberg, den Platz um die Paulskirche, das Mainufer und den Eisernen Steg. Allesamt guter Laune mit mitgebrachtem Sekt oder gekauftem Glühwein in kleinen oder größeren Gruppen aus Familie und Freunden versammelt und genauso andächtig lauschend wie angeregt plauschend. Grandios! Die FAZ schrieb in der Ankündigung sinngemäß, daß sich nirgendwo der Frankfurter Bürgersinn besser und schöner zeige als bei dieser Tradition. Dem ist vollends beizupflichten. Und obendrein hat es erreicht, daß mit einem Male die frühlingshaften Temperaturen vergessen waren und Weihnachtsstimmung sich breitmachte. Besser hätte es kein noch so guter Gottesdienst vermocht. Das Große Stadtgeläut hat alle Menschen, die dort waren, verzaubert, unabhängig von ihrer Nationalität und Religion. Solche Veranstaltung braucht es in der heutigen Zeit. Etwas, das jedem Herzen zugänglich ist. So gelingt Integration, so hat Frieden eine Chance!

In der Rückschau war das Innenstadtereignis umso wichtiger, da der erstaunlich schwach besuchte evangelische Gottesdienst in Bockenheim, den wir um 23 Uhr noch besucht haben, leider alle Vorurteile und Vorbehalte, die man gegenüber der evangelischen Kirche haben kann, bedient hat. Aber wir waren in guter Stimmung, haben wenigstens noch kräftiger als gewohnt gesungen, um den schlechten Organisten zu übertönen, und uns recht gut amüsiert, ja teilweise herzlich in uns hineingelacht – in die Hose gemacht vor Lachen wäre zu despektierlich, aber wahrheitsgetreuer -, nach eigener Einschätzung, ohne über Gebühr negativ aufzufallen.

Das war ein schönes Weihnachtsfest. Danke Frankfurt!

Gute Nacht!

Ihr/Euer (Karnevals-)Wolf

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 24.12.2015

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Eine kleine, wahre Weihnachtsanekdote:

Gestern habe ich mir – es ist Weihnachten, und wenn keine Mandantentermine mehr vorgesehen sind, geht auch Knoblauch! – etwas gegönnt und bin zum Mittagessen zu meinem Lieblingsgriechen um die Ecke gegangen. Darüberhinaus einen Abstecher in die Stadt zu unternehmen, hatte ich eigentlich nicht vor. Erstens gab es nichts zu besorgen und zweitens zieht mich grundsätzlich nichts in den jahreszeitentypischen Konsumtrubel. Auf dem Weg zum Imbiß traf ich eine mir bekannte junge Dame, mit der ich kurz nett plauschte und die überraschenderweise berichtete, es sei sehr entspannt im Stadtzentrum gewesen. Während ich dann also das beste Gyros Aachens bei Freund Petros genoß, reifte der Gedanke, den ohnehin geplanten Gang durch die „Pforte der Barmherzigkeit“ im Dom direkt im Anschluß zu absolvieren. Gleichzeitig noch ein paar Schritte bei diesem merkwürdigen aber schönen Wetter zu gehen, diese Aussicht gab den Ausschlag.

Der Aachener Dom wird gewöhnlich durch zwei kleine Schwingtüren rechts und links des Hauptportales begangen. Die schweren eisernen Türen – übrigens „Wolfstür“ genannt – wähnte ich nun geöffnet. In Vorfreude betrat ich den Domhof und mußte erstaunt feststellen, daß das Portal wie gewöhnlich geschlossen war. Nur besichtigen wollte ich das mir wohlvertraute und von mir besonders geliebte Gotteshaus an einem solch‘ touristenträchtigen Tage eigentlich nicht. Trotzdem ging ich, leicht irritiert, den gewohnten Weg in die Eingangshalle und betrat, leicht enttäuscht und ungewohnt emotionslos das Oktogon durch die stählerne, verglaste Doppelschwingtür, die vor circa zwei Jahren installiert worden ist.

Den ersten Domschweizer, der mir begegnete, fragte ich, warum die „Pforte der Barmherzigkeit“ denn geschlossen sei. Der schaute mich mit großen, freundlichen Augen verwundert an und sagte: „Wieso, die ist doch auf! Sie sind gerade durchgegangen.“ Ich war falsch gewickelt. Nicht das Hauptportal, sondern die inneren Türen sind zur „Pforte der Barmherzigkeit“ erklärt worden. Alles nur Definitionssache! Wir lachten und wünschten uns eine frohe Weihnacht.

Einmal davon abgesehen, daß für den möglichen Ablaß ohnehin ein dreimaliges Durchschreiten und weitere erfüllte Bedingungen, nämlich die Beichte – auch und gerade angesichts der einen oder anderen Kolumne sicherlich auch notwendig!? – und die Eucharistie, erforderlich sind, dürfte mein heutiger Akt keine Wirksamkeit gehabt haben, denn das unbewußte Hindurchgehen erscheint mir jedenfalls nicht ausreichend.

Es bleibt mir aber noch ein ganzes Jahr Zeit, den Ablaß vollständig zu erlangen. Kein Grund zur Beunruhigung also, und ein Besuch im Dom ist unabhängig davon immer erhebend!

In diesem Sinne wünsche ich meinen Lesern eine gesegnete Weihnacht und ein frohes Fest!

Und noch ein kleiner Tip: Gebäude sollte man immer sehr bewußt betreten, denn man kann nie wissen, welche Wirkung der eigentlich profane Vorgang darüberhinaus haben kann.

Gute  Heilige Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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