wolfsgeheul.eu vom 07.08.2015

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Bisher wähnte ich mich in Sachen Smalltalk auf Partys als versiert.

Neulich stand ich bei solch einer Gelegenheit zufällig mit einem rheinisch-fröhlichen Dieter-Bohlen-Verschnitt zusammen; jedenfalls waren für mein Verständnis seine Jeans mit schwülstigen Nähten und die kryptischen Applikationen und Schriftzüge auf dem Oberhemd untrügliche  Anzeichen für diese meine Einschätzung. Vier Sterne All-Inclusive für zwei Wochen mit der Ollen jedes Jahr auf Ibiza! Er sollte irgendein kleines Unternehmen in der Baubranche unterhalten. Paßte doch! Daß ich da in nahezu jeder Hinsicht satisfaktionsfähig sein würde, stand für mich außer Zweifel. Vielleicht etwas zu optimistisch, gar übermütig gestimmt, und weil ein Freund an der kleinen Runde teilhatte, der intellektuell und zynismusmäßig jede Gangart mitgehen kann, setzte ich mit irgendeinem hochtrabenden Thema an, mußte aber schnell realisieren, daß der „Dieter“ keinen rechten Gefallen daran zu empfinden vermochte. Also, zack das Niveau reduziert! Fußball war aber auch nicht der Renner. Bevor ich zum letzten Mittel „Sex“ greifen wollte, zog ich es vor, es noch mit dem Thema „Auto“ zu versuchen. Strike! Da hatte ich ihn, und um das aufflammende Gespräch anzukurbeln, ging ich in die Vollen und bekundete, schon seit fast zwanzig Jahren Cabriolet zu fahren, was im übrigen stimmt. Besser kann man bei der Blutentnahme die Ader nicht treffen. Ja, er hätte neben seinen geschlossenen Autos(Phaeton, Land Rover etc.) ebenfalls drei offene Automobile, einen Lamborghini Aventador vornehmlich für den Nürburgring, einen Jaguar F-Type S, also nur den mit dem Sechszylinder, für den Rennalltag auf der Autobahn und für das kommode Reisen mit der Frau einen Bentley GTC. Volltreffer, und alles bestimmt redlich verdient! Mit meinem beiläufigen Einwurf, so ein Lambo habe ja 700 PS und das Führen eines solchen Hightech-Geschosses müsse wohl faszinierend sein, zeigte ich meine Fachkunde auf den Punkt genau, und wir wurden Zeuge einiger ausführlich und begeistert geschildeter Fahrerlebnisse, die sich sämtlich im Bereich über 300 km/h, zum Teil noch mit Handy am Ohr, bewegten. Da ich Autos mag, solche Boliden durchaus als interessant empfinde und noch längst nicht alle gefahren bin, nahm ich ehrlich und – wie es meine Art ist – absolut neidlos Anteil. Nach einer Weile aber – ich hatte mich ja auch als kompetent erwiesen – kam, wie sich im nachhinein herausstellen sollte, die Killerfrage. „Wat fäährs du denn?“.  Mich unter Autoenthusiasten wähnend gab ich ohne Arg korrekt Auskunft. „Einen Mazda Miata respektive MX5, NC, mit dem kleinen Motor, 1,8 Liter, 126 PS!“. Was hatte ich eigentlich erwartet? Daß er sagt, daß sei der Urtyp des puristischen Roadsters, also auch ein absolut faszinierendes Gefährt, und so ein chromblitzender Kofferträger mit Ledergurten sei eine wunderbare Reminiszenz an das Reisen in früheren Tagen? Wie blöd muß ich gewesen sein!? Stattdessen erntete ich schallendes Gelächter! „Nee, wa, wirklisch!? Dat is doch ene überdaachte Zündkääz!“. Ein Brüller! Den Begriff fand ich großartig und benutze ihn übrigens seither gerne. Aber der armselige, jedoch nicht unsymphatische Angeber meinte das ernst und verlor erkennbar umgehend den Spaß am Gespräch mit mir. Irgendwie sogar verständlich, wenn jemand schneller auf 200 ist, als ich auf 80, und der Reiz der Fortbewegung nur in PS und km/h gemessen wird. Ein bißchen Kameradenschwein habe die Runde dann unter einem Vorwand verlassen und einen sichtlich gelangweilten und genervten Freund zurückgelassen. Wenig später ist es ihm – wie, weiß ich gar nicht – aber dann auch geglückt, dem eindimensionalen Grauen zu entrinnen.

Was bleibt, sind ein schöner Gag und die erneute Erkenntnis, daß ich doch nicht mit jedem reden kann und will. Aber der Smalltalk war gut. Ich hätte nur rechtzeitig aussteigen sollen. Alte Regel: Smalltalk ist nur Smalltalk, wenn er nicht zu lange anhält und am Höhepunkt endet.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.08.2015

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Morgen gehe ich mit meinen Kindern ins „La Becasse“ – seit langer Zeit mit einem Michelin-Stern geadelt -, der Traditions-Top-Adresse bei mir vor Ort, um ein paar aufgelaufene Anlässe schlemmend zu begehen. In meinen über vier Jahren in Aachen wird es erst das dritte Mal sein.

Von mir könnten die also nicht leben. Wie ich überhaupt sagen muß, daß die Wirtschaft an mir insgesamt keine Freude haben kann.

Ohne zu darben, pflege ich mehr und gerne die Häuslichkeit. Es zieht mich also nicht ständig nach draußen, um dort meiner Nahrungsaufnahme nachzugehen. Wie anders ist da ein beträchtlicher Teil meines Umfeldes. Obwohl einige versierte Hobbyköche und sehr gute Gäste und Gastgeber sind, treiben sie sich regelmäßig in Gaststätten oder auch Szenelokalen und Restaurants herum. Ganz abgesehen von den Kosten kann ich den Gewinn nicht so recht nachvollziehen. Das meiste kriegt man zu Hause genauso oder sogar besser hin, und es ist gemütlicher und intimer. Wenn ich über die soziale Kompente hinaus aus essen gehe, dann eigentlich am liebsten dorthin, wo man etwas kann und zelebriert, was ich daheim nicht hinbekomme und/oder wofür ich die Zeit nicht habe.

Aber auch der sonstige Konsum ist bei mir entscheidend anders. Zum Smoking trage englische rahmengenähte glatte – ich mag keine Lackschuhe für Männer, so korrekt es auch sein mag – Grensons, die ich vor über dreißig Jahren als Student gekauft und ebenso zur Jeans im Matsch getragen habe. Gut gepflegt und spiegelnd gewichst bin ich damit bis heute gut angezogen. Mein Burberry ist ebenfalls fast dreißig Jahre alt und noch ein „Burberrys“, ein untrügliches Zeichen, daß er mindestens sechszehn Jahre alt sein muß. Natürlich sind die Kanten etwas abgewetzt und ein kleines Löchlein vom Einklemmen in der Autotür ist unten drin. Aber das tut doch zeitlosen Kleidungsstücken keinen Abbruch, ganz im Gegenteil es macht sie in meinen Augen erst richtig wertvoll. So ist das eben mir guter Qualität und klassischen Dingen, sie begleiten einen möglicherweise ein ganzes Leben und verrichten treu ihren Dienst, während sie mit dem Träger altern.

Das einzig ständig wachsende ist meine Bibliothek und hier und da ein Möbelstück oder Kunstwerk, einfach so oder um den Abfluß einiger Teile an die Kinder zu kompensieren bzw. zu ermöglichen. Platten braucht man ja im Zeitalter des Streamens auch nicht mehr zu kaufen. Und der Rest sind Ersatzinvestitionen.

Wer mich kennt, weiß, daß mir jedwedes Frugale fernliegt, ich nicht geizig bin und das Leben liebe und durchaus zu genießen versuche. Insofern empfinde ich mich auch keineswegs als Konsumverweigerer, geschweige denn, daß ich in diese Richtung missionieren wollte. Und jeder Jeck ist anders, und diese Vielfalt ist bereichernd. Ebenso ist mir bewußt, daß es ganz offenbar ohne Wachstum keinen Fortschritt gibt, der in vielen Bereichen notwendig und segensreich ist. Trotzdem glaube ich immer mehr, daß das opulente Leben, wie es viele leben und wohl die Mehrzahl anstrebt, nicht ewig so weiter wird gehen können. Und deshalb bin ich sicher, daß uns ein bißchen Bescheidenheit nicht nur gut zu Gesicht stünde, sondern auch gut täte, wenn es nicht gar der einzige Weg ist, das Überleben aller zu sichern. Eine Einschränkung in der Lebensqualität ist damit sicherlich objektiv nicht verbunden und es wird mit der richtigen Einstellung auch nicht als solche empfunden. Und weiterhin liegt der spezielle Reiz im Überraschenden, Besonderen und Inkonsequenten.

Money keeps the world go round! Morgen lassen wir es krachen!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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