Viele durchschnittliche Sänger können unter guter Anleitung einen sehr wohlklingenden Chor bilden. Als Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Sangesgemeinschaft gilt nach meiner Erfahrung, ob und daß es dem Leiter gelingt, bei allen die Handbremse zu lösen und den Mut zum begeisterten Singen zu entfachen. Nur dann macht ein Klangkörper Spaß und läßt den Funken zum Publikum überspringen. Nichts klingt schlimmer als eine Ansammlung von tönenden Verzagten.
Das erlebt man nun regelmäßig, einmal mehr, einmal weniger gut! Aber was wäre eigentlich die Steigerung?
Den eklatanten Unterschied zwischen einem Käfer und einem Porsche bildet der Umstand, daß der Sportwagen in allen Komponenten eine Optimierung erfahren hat. Es reicht eben nicht nur ein stärkerer Motor. Ausschließlich diese Sorgfalt im Detail und deren Zusammenspiel macht die ingeniöse Kunst, so daß man mit einem solchen Vehikel, wenn die anderen schon am Limit kratzen, noch fröhlich Gas geben kann und damit postwendend eine fast spielerisch wirkende Steigerung ohne Sicherheitsverlust erreicht.
Auf einen Chor übertragen, bedeutete das die Verbesserung eines jeden Sängers.
Genau das habe ich am vergangenen Freitag in Mönchengladbach erstmalig mit dem Konzert des „Cape Town Opera Chorus“ bewundern dürfen. Eine eigentlich genial einfache Idee, einen Chor aus achtzehn ausgebildeten Opernsängern zu bilden! Und trotzdem nach Aussage des Musikdirektors José Dias einmalig auf der Welt. Warum?
Das Ergebnis kann man nicht anders als brillant bezeichnen. Da standen sie, die achtzehn Boliden, je nach Temperament vom Stamme Ferrari, Bentley, Mercedes, Aston Martin oder Porsche und fuhren unter der Regie von Jacki Job ein unglaubliches Rennen. Sie bezauberten aber nicht nur im Turbo-Modus, der alles bisher gehörte an Fülle und Stärke übertraf, nein sie konnten auch mit himmlisch leisen Passagen ihr Können ausspielen, weil sie eben für die Erzeugung von pianissomo-Tönen nicht auf die Bremse gehen müssen, sondern lediglich bei gleichbleibender Qualität vom Gas gehen. Nun handelt es sich bei der Kaiser-Friedrich-Halle nicht um den Ausbund guter Akustik, aber der Klangkörper beherrschte in jeder Tonlage und bei jeder Lautstärke den Raum. Da machte es dann nach etwas Einhören auch Sinn, daß der Toningenieur die Weisung hatte, nichts Künstliches einzusetzen und hinzufügen. Die puristische, authentische Aussteuerung, die anfänglich etwas steril wirkte, entpuppte sich letztlich als Ehrlichkeit. Und wenn dieser Klangkörper eines wirklich nicht braucht, dann ist es fremde Unterstützung.
Mit großer Skepsis bin ich hingefahren und beseelt, beglückt zurückgekehrt. Wer Gelegenheit hat, diesen Chor einmal zu hören, sollte sie nicht verstreichen lassen.
Ein Vorbild übrigens für alle Bereiche! Man stelle sich allein eine Regierung vor, in der alle Mitglieder Spitzenkräfte sind.
Genug der Träumerei, selbst im Bereich des Gesanges gibt es bisher auch nur ein solches Ensemble, den „Cape Town Opera Chorus“. Danke für den schönen Abend!
Mit herzlichen Grüßen in mein geliebtes Südafrika – dort weiß man halt, wie fröhliches Singen geht – sage ich
gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf