„Haben Sie Angst?“
Die echten Nazis werden jeden Tag weniger, weil Gevatter Tod sie nach und nach heimholt. Dabei meine ich nicht die, die es in der Hitler-Zeit waren, später dann aber erkannt haben, in welchen Abgrund sie sich haben hineinziehen lassen. Die Rede ist von den Unverbesserlichen, die genau diesen Erkenntnisprozeß trotz erlebten Krieges und wahrgenommenen Holocausts nicht durchlaufen haben oder konnten und das braune Gedankengut weiter in sich tragen. Diese haben Kinder in die Welt gesetzt, die ihnen Enkel geschenkt haben, und so verwundert es einen nicht, daß leider auch in den nachfolgenden Generationen der unselige Virus weiterlebt. Solche geformten Neonazis pflegen in Zeiten von Frieden und Freiheit in unseren Breiten die verhängnisvolle Ideologie als eine Form von Überheblichkeitsluxus, denn sie müssen dafür – anders als die Kriegsgeneration – keinerlei Einschränkungen in Kauf nehmen. Die Prothese des kleinen, armseligen Mannes!
Auch wenn jeder seines Glückes Schmied ist und damit kein Nachkriegsgeborener Neo-Nazi die Verantwortung auf die Eltern oder Großeltern schieben kann, ist es erstaunlich, wie es manch‘ Altvorderem gelingen konnte, sein bräunlich gärendes Gedankengut weiterzugeben. Dieses Phänomen ist fast unerklärlicher als die Tatsache, daß vielen es auch in Jahrzehnten nicht gelungen ist, ihre ideologische Verbiegung loszuwerden. Wir erleben Nämliches nach der Wende mit halsstarrigen Kommunisten, denen die DDR-Diktator erfolgreich und nachhaltig den Kopf verdreht hat.
Meine Mutter lebt seit einigen Monaten in einer Seniorenresidenz am Rhein in einer eigentlich ausländergewöhnten Gegend, in der das Personal sich aus einer Vielzahl von Hautfarben und Nationalitäten zusammensetzt. Aufgrund der guten Führung herrscht in dem Haus eine außergewöhnlich angenehme und freundliche Atmosphäre, in der grundsätzlich die unterschiedlichen Kulturen äußerst respektvoll und vorbehaltslos miteinander umgehen.
Aber Ausnahmen bestätigen bedauerlicherweise die Regel. Da gibt es doch tatsächlich Alte, die sich zum Beispiel weigern, ihre Räume von einer ausländischen respektive auslandsstämmigen Putzkraft reinigen zu lassen.
Und so betritt meine Mutter vor einigen Tagen einen Aufzug, in dem ein schwarzhäutiger Hausangestellter steht. Nach der hausüblichen freundlichen Begrüßung stellt der perfekt deutschsprechende junge Mann meiner kleinen, zierlichen Mutter die eingangs zitierte Frage. Auf die vollkommen erstaunte Gegenfrage, warum sie denn um Gottes Willen Angst haben sollte, erklärte ihr der nette Mann, daß genau solche Stimmen schon laut geworden wären. Es gibt noch viel zu tun! Und es bleibt nicht mehr viel Zeit, die verbohrten Alten zu bekehren, um den von ihnen angerichteten Flurschaden zu begrenzen oder gar zu bereinigen. Ansonsten wäre ich für Rausschmiß. Man kann nicht alles ungestraft durchgehen lassen. Wenigstens aber braucht es einen Aufstand der Anständigen, die hoffentlich in der Mehrzahl sind, um die minderheitshassenden Minderheiten dorthin zu stellen, wo sie hingehören, nämlich in die Ecke. Das dürfte eine interessante Erfahrung für diese Typen sein, in deren Weltbild sonst eher an die Wand gestellt wird.
„Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“. „Niemand!“!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf