wolfsgeheul.eu vom 27.08.2015

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Klassische Musik ist herzerwärmend! Klassische Musik ist die Brücke zwischen und zu den Menschen auf und  in der ganzen Welt! Klassische Musik stiftet Frieden, und wenn es nur für die Dauer eines Konzertes ist!

Am Heiligen Abend des Jahres 1914 haben englische, französische und deutsche Soldaten für einige Stunden die Waffen ruhen lassen und gemeinsam Weihnachtslieder gesungen.

Der deutsche Dichter Johann Gottfried Seume schrieb in seinem Gedicht „Die Gesänge“ die Strophe:

„Wo man singet, lass dich ruhig nieder,

Ohne Furcht, was man im Lande glaubt;

Wo man singet, wird kein Mensch beraubt;

Bösewichter haben keine Lieder.“

Die Musiker, Sänger, Orchester und Dirigenten dieser Welt sind also aufgerufen, dieses Signal des Friedens und der Versöhnung in die Welt zu tragen.

Insofern hat der große Daniel Barenboim meine vollste Sympathie für sein Vorhaben, mit dem Orchester der Deutschen Staatsoper Berlin in Teheran zu gastieren. Gelinde gesagt ungeschickt aber ist es, daß unser Bundesaußenminister offenbar Schirmherr – das Antragen einer Schirmherrschaft ist zumeist eine Ehre für den Erwählten, die Annahme derselben für ihn aber nicht immer ehrenwert – sein soll und will. Musik ist keine politische Botschaft, was aber nicht heißt, daß sie nichts Politisches bewirken kann. Die Politik aber sollte sich in brisanten Verhältnissen keinesfalls – ob direkt oder indirekt, ob gewollt oder ungewollt – ihrer bemächtigen und sie instrumentalisieren. Das entwertet ihre ureigene Kraft. Die Musik ist die Botschaft selbst und wird überall verstanden.

Wegen der in meinen Augen unangemessenen und überflüssigen Rolle Steinmeiers – aber auch nur deshalb – kann ich die kritischen Stimmen aus Israel verstehen. Die Angriffe auf Barenboim aber sind infam. Israel sollte die Größe haben, ihren berühmten Staatsbürger, auch wenn er manchmal unbequem ist, auszuhalten. Außerdem weiß Israel sich bei aller Nachvollziehbarkeit seiner Angst vor dem Iran in der Weltstaatengemeinschaft nicht allein und braucht definitiv keine Befürchtungen vor einem einzigen Konzert zu haben. Der ansonsten tadellose Außenminister aber sollte meines Erachtens zügig seine Teilhabe daran aufkündigen. Vielleicht reichte das schon, um dem Vorgang die Brisanz zu nehmen. Denn ansonsten kann Musik dieser Art mit Sicherheit keinen Schaden anrichten.

Da letztlich niemand einem freien Dirigenten und einem freien Orchester vorschreiben kann und können sollte, wann es was und wo spielt, habe ich aber einen zusätzlichen Vorschlag.

Im Jahre 1933 wurde das Tehran Symphony Orchestra gegründet, mit dem in der Vergangenheit Virtuosen wie Menuhin und Stern gespielt haben. Drei Jahre später wurde das Israel Philharmonic Orchestra aus der Taufe gehoben, das mit so großen Namen wie Bernstein und Metha verbunden werden kann. Zwei traditionsreiche Klangkörper also, die wie geschaffen dafür sein müßten, als Vorreiter und Anstifter für friedliche Koexistenz zu fungieren und dafür nach Herzenslust zu musizieren. Wenn die Politik diese beiden Orchester von der Leine ließe und ihnen nicht nur erlaubte, sondern es sogar unterstütze, daß man wechselseitig in Tel Aviv und Teheran gastiert, könnten die jeweiligen Staatslenker und deren Volk hautnah erleben und spüren, daß Bösewichter keine Lieder haben. Nur Mut, es sind Musikanten, die wollen wirklich nur spielen!

Es wäre doch gelacht, kämen wir dem „Alle Menschen werden Brüder“ nicht doch noch und immer wieder ein Stückchen näher.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 27.04.2015

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Manchmal versteht man die Welt nicht mehr.

Eva Kor, Überlebende der menschenverachtenden Mengele-Experimente in Auschwitz und Nebenklägerin im Prozeß in Lüneburg, hat öffentlich als Geste der Versöhnung und des Vergebens dem Angeklagten die Hand gereicht. Welch‘ großartiger Vorgang, welch‘ persönliche Größe! Jeder möge sich einmal fragen, ob er in vergleichbarer Situation dazu in der Lage wäre.

Also, alles gut!? Mitnichten! Die anderen Nebenkläger empören sich und werfen Frau Kor neben ihrem unabgesprochenen Alleingang insbesondere vor, daß sie ihre Versöhnungsgesten öffentlich vollziehe. Nun habe ich volles Verständnis dafür, daß offenbar die anderen Nebenkläger nicht vergeben können und wollen. Das kann auch nicht jeder, und Frau Kor bildet hier gerade eine bemerkenswerte Ausnahme. Insofern wäre es vollkommen in Ordnung, ließe man sich vernehmen mit der Feststellung, daß man sich die Geste nicht zueigenmache, sich ihr nicht anschließe. Stattdessen greift man aber zum Mittel der kollektiven Entrüstung, ein Phänomen das sich zunehmend zeigt, wenn jemand etwas Unerwartetes und Besonderes tut, und heute Shitstorm genannt wird.

Abgesehen davon, daß man dem Ereignis entgegen der mutmaßlichen eigenen Intention damit zusätzlich Popularität verschafft, der Schuß für die Nebenkläger also eher nach hinten losgeht, besteht überhaupt kein Anlaß für eine solche Maßnahme. Ein Gericht wird sich gerade in einem solch juristisch schwierigen und brisanten Verfahren nicht von Stimmungen beeinflussen lassen, sondern gewissenhaft prüfen, ob eine Verurteilung entsprechend der Anklage möglich und geboten ist. Dieses Vertrauen in die deutsche Gerichtsbarkeit sollte man haben. So hat auch Frau Kor festgestellt, daß ihre Vergebung den Angeklagten nicht freispreche. Sie habe lediglich damit die Tatsache gewürdigt, daß der Angeklagte sich eindeutig zu seiner moralischen Schuld bekannt habe. Ebenfalls der Angeklagte hat in seiner Einlassung zu Beginn des Prozesses sein Schicksal bezüglich der strafrechtlichen Würdigung ausdrücklich in die Hände des Gerichts gelegt. Hier geht es gerade nicht um Moral und unversöhnliche Rache, sondern ganz nüchtern um die Strafbarkeit des Handelns des Angeklagten. Es wäre schön, wenn dies alle Beteiligten im Verfahren akzeptierten und im übrigen jeden gewähren ließen.

Bei alledem gerät ein interessanter Vorschlag von Frau Kor fast in den Hintergrund, die nämlich angeregt hat, das Gericht möge dem Angeklagten auferlegen, Schulen zu besuchen, um junge Menschen aufzuklären. Dahingestellt bleiben soll, daß solche Auflagen nur möglich sind, wenn zunächst eine Strafbarkeit bejaht wird, ansonsten der Angeklagte freigesprochen werden muß. Diese juristischen Gedanken wird sich Frau Kor aber auch gar nicht gemacht haben. Die Idee zählt, und man fragt sich, warum darauf vorher noch keiner gekommen zu sein scheint. Es ist aber natürlich ein Vorschlag, der vielleicht auch besser von außen kommt, da es selbstredend kritisch ist, ehemalige Täter und Gefolgsleute auf unsere Jugend loszulassen. Mit geläuterten Neonazis wird so etwas aber schon praktiziert, warum also nicht erstrecht mit geläuterten Nazis. Es geht doch um die Verhinderung der Wiederholung von Geschichte. Und wer könnte besser über Verführung und Verblendung sprechen, als die, denen es widerfahren ist.

Leider kommt der Vorschlag fast zu spät, da die Generation des Angeklagten nur noch spärlich lebt und nicht mehr sehr lange zur Verfügung stehen wird. Außerdem sind viele körperlich nicht in der Lage, Schulen zu besuchen. Hier bietet sich also ein lohnendes Eil-Projekt für die Guido Knopps unter den Fersehschaffenden, eine umfassende Dokumentation mit den noch lebenden Menschen zu fertigen, die damals ob gewollt oder ungewollt in die Ereignisse verstrickt waren und sich heute unzweifelhaft davon distanziert haben. Dabei könnten auch ehemalige Täter zu Wort kommen, allerdings nur, wenn sie damit nicht Gefahr laufen, sich einem Strafverfahren auszuliefern. Vielleicht wäre das erzieherisch wertvoller als jeder Prozeß und ein guter Grund, diese nach Lüneburg auch nicht mehr zu führen, wenn stattdessen die aufklärerische Verantwortung wahrgenommen wird. Danke, Frau Kor!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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