In der heutigen FAZ erscheint von Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth ein interessanter, mir aber insgesamt zu hoher und damit letztlich nicht vollends beurteilbarer Beitrag über die neben den Genen prägenden Einflüsse für die Ausbildung des menschlichen Gehirns sowie deren mögliche Auswirkungen auf den späteren Ausbruch bzw. die spätere Entwicklung psychischer Krankheiten. Im letzten Absatz resümiert Prof. Roth, daß für psychische Erkrankungen „zum Teil andere Faktoren wirksam sind, als die „Väter“ der gegenwärtig vorherrschenden Psychotherapierichtungen(zum Beispiel Sigmund Freund und Aaron Beck) meinten.“.
Die „Väter“ in Anführungszeichen, die so verdammt nach political correctness aussehen, erweckten meine Neugierde. Gab es überhaupt „Mütter“ der Psychotherapie? Der erste Blick ging aber auf die wissenschaftliche Kurzbiographie des Autors, und – wie soll es anders sein – er lehrte bis 2008 in Bremen. Eine Schnellrecherche über Wikipedia, für deren Vollständigkeit und Korrektheit letztlich natürlich keine Garantie besteht, ergibt, daß sich unter den dort aufgelisteten rund 25 psychotherapeutischen Verfahren hinsichtlich der dazu namentlich aufgeführten 39 Erfinder respektive Urheber erkennbar nur drei Frauen befinden, die deutsche Psychoanalytikerin Laura Perls(Gestaltungstherapie), die amerikanische Familientherapeutin Virginia Satir(Systhematische Therapie) und die deutsche Buchhalterin und Gymnasitklehrerin Elsa Gindler im Zusammenhang mit der Methode „Konzentrative Bewegungstherapie“. Die Herren heißen Freud, Adler, Jung, Thorndike, Skinner, Beck etc..
Da haben wir doch wieder etwas gelernt! Es gab auch ein paar wenige Frauen in diesem Männerorchester. Wäre man ohne den Tüddelchen-Trick, denn nichts anderes ist es, führt er doch selbst danach nur Männer an, des Professors nicht drauf gekommen!
Aber als Jurist mußte ich auch sofort an die „Väter des Grundgesetzes“, mit denen ich groß geworden bin, denken. Waren da eventuell auch „Muttis“, pardon „Mütter“, beteiligt. Und siehe da, unter den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rates, der 1948 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland erstellte, waren tatsächlich vier(!) Frauen. Lange 55 Jahre war ich diesbezüglich unwissend. Wie schrecklich! Ich entschuldige mich dafür stellvertretend bei meiner Mutter, weise aber hinsichtlich der Strafzumessung mildernd darauf hin, daß keiner meiner Lehrer, die nur von den „Vätern“ gesprochen haben, mir die gesamte schockierende Wahrheit offenbart hat.
Ein Wissensgewinn ist nicht zu bestreiten. Dank des Professors! Einen Erkenntnisgewinn allerdings vermag ich darob nicht zu verzeichnen.
Zukünftig werde ich, wenn ich daran denke, zwar fortdauernd politisch unkorrekt, aber doch von den „Schöpfern“ im Zusammenhang mit Psychotherapie und Grundgesetz sprechen. Frau Gott, vergeben Sie mir!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf