wolfsgeheul.eu vom 26.01.2016

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Wenn man ein Kolumnenthema sucht, ist auf allenthalben in Erscheinung tretende Realsatire fast immer Verlaß.

Heute war es meine T-online-Startseite, die das Futter stellte. Dort wurde ein Live-Expertenchat zu Kreuzfahrten angeboten. Wenn diese Urlaubsform auf einer Allerwelts-Homepage diskutiert wird, muß auch dem letzten klar sein, daß die Kreuzfahrt ihren alten Glanz endgültig eingebüßt hat und inzwischen Hinz und Kunz offen steht. Was für ein Verlust an Noblesse! Aber diese schwimmenden Proletenclubhotelanlagen haben ohnehin nichts mehr mit der alten edlen Personenschifffahrt gemein. Es ist in meinen Augen auch und gerade aus Umweltschutzgesichtspunkten eine verheerende Entwicklung, Luxus zunehmend zu sozialisieren. Und wo bleiben da noch die lebenserhaltenden Träume!?

Richtig lustig war aber die Überschrift, der Aufmacher für diesen Gesprächskreis: „Dauernd seekrank: Was kann ich tun?“. Was für eine Frage! Wenn ich nicht schwimmen kann, sollte ich nicht in tiefes Wasser springen, und wenn ich das Bötchenfahren nicht vertrage, macht es keinen Spaß und ich sollte es lassen bzw. auf die Schiffspassagen beschränken, die nicht anders zu bewältigen, fürs unbedingt notwendige Fortkommen jedoch unerläßlich sind.  Aber Schiffsurlaub!? Macht denn jemand mit Höhenangst Wanderurlaub im Hochgebirge!?

Hier zeigt sich eine grassierende unheilvolle Tendenz in unserer Freizeit- und Mißgunstsgesellschaft, nämlich die, persönliche  körperliche oder psychische Beschränktheiten nicht mehr einfach hinzunehmen und sein Leben daran auszurichten. Jeder muß und will alles mitmachen können, mithalten und am besten den anderen übertreffen. Warum eigentlich? Ein Rollstuhlfahrer käme sicherlich niemals auf die Idee, Beachvolleyball spielen zu wollen. Er wäre darob bestimmt aber nicht unglücklich. Warum auch!? Es gibt genügend andere Sportarten, die sich auf Rädern praktizieren lassen, so daß man die unter den gegebenen Einschränkungen unsinnigen Betätigungen getrost außer Acht lassen kann. Aber der moderne Mensch ohne Grenzen läßt sich natürlich von nichts aufhalten. Da gibt es doch was von Ratiopharm. Die dicke Mutti mit ihren folgerichtigen Kniebeschwerden wird Dank der neuen Schmerzsalbe auch wieder zum jungen Hüpfer, statt einmal über das Abspecken nachzudenken.

Mir wird diese Welt immer fremder. Wollen wir uns nicht mehr unterscheiden und den anderen ob seiner Fähigkeiten, die man selbst nicht besitzt, in aller Gelassenheit und in ehrlicher Gönnerpose beglückwünschen und bewundern? Damit verlieren Vielfalt und Andersartigkeit ihren ureigenen Wert. Die meisten werden gleicher und streben sogar danach. Die Zufriedenheit steigt dadurch allerdings in keinster Weise, denn die nächste vom bösen Nachbarn bereits bestandene Herausforderung wartet schon. Dafür werden Schulden gemacht und Unannehmlichkeiten in Kauf genommen. Dabei sein ist alles. Und wer fragt wegen der Risiken und Nebenwirkungen schon seinen Arzt oder Apotheker!? Die sind doch ohnehin bestimmt wieder auf einer Kreuzfahrt. Ahoi!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 31.07.2015

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Der Sommer kommt zurück. Herrlich!

Aber ich höre schon die Klagen. „zu warm“, „zu schwül“, „immer diese starken Schwankungen“, „man kann sich an nichts gewöhnen“, genauso wird es von vielen Seiten nörgelnd tönen und dabei schaut man bei strahlender Sonne in griesgrämige Gesichter von Menschen, denen es eigentlich überwiegend blendend geht. Dienst nach Vorschrift, regelmäßiges Einkommen, drei langweilige Urlaube im Jahr, Häuschen mit Garten und dusseligem SUV in der Einfahrt, Flatscreen und Kaffeevollautomat.

Angesichts des aktuellen Flüchtlingselends und der Krisen in der Welt empfinde ich so eine satte Unzufriedenheit geradezu als Unverschämtheit. Und sie macht nicht glücklich. Diese fehlende Leichtigkeit und Unbekümmerheit, der Mangel an Bereitschaft, sich in das Unabänderliche zu fügen, ist auch schlicht humorlos. Das Leben genauso anlachen wie auslachen, das Selbstironische und das demütig Freudige sind Fähigkeiten, die so leicht sind und alles leichter zu machen vermögen.

Vor fast sechsundsechzig Jahren haben meine Eltern sich verlobt. Ein Freund des Bruders meiner Mutter, der Schriftsteller und Bergsteiger Walter Pause, gratulierte dem „lieben, verehrten Fräulein“ schriftlich, und der Brief liest sich teilweise wie eine Anleitung zum Glücklichsein. Als Vater vieler Kinder schreibt er Ende November des Jahres 1949: „Von aussen her siehts trüb aus und der beträchtliche Wellengang des Schicksals, das Hoch und Zutiefst in den Finanzen, könnte einen verwirren; dennoch ist mein Leben das tröstlichste und schönste: Ich sehe so viel des Schönen und Verehrungswürdigen, dass mich der Sumpf, in dem wir zuweilen waten müssen, nicht mehr belästigt, er bildet das Dunkel zum Hell der freundlichen Erscheinungen.“. Und an meinen Onkel, der damals Studiosus war: „Er soll sich über den Tiefstand seiner Finanzen nicht grämen, auch wir führen nach 2 Jahren „gehobenen Lebens“ ein Bohèmedasein und feiern das Klingeln des Geldbriefträgers als das hervorragenste Ereignis des Tages. Zuweilen kommt viel, zuweilen lange nichts…. Dann muss Humor helfen und vor allem die Kinder, sie verderben uns jede pessimistische Laune!“! Und in dieser diffusen Lage beherbergt die Familie Pause zusätzlich den Sohn eines verarmten Freundes und spricht gleichzeitig eine Einladung an den Bruder meiner Mutter aus. Er solle „ruhig mal kommen, soll sich auf einen Lkw. setzen und heruntergondeln,…. Es ist sehr lustig bei uns, in München sieht man viel und da und dort trifft man auf Bourgogne rouge…“.

Besser kann man es nicht ausdrücken, und dem ist nichts hinzuzufügen. Die Formel ist einfach: Diszipliniert arbeiten, Kinder anschaffen, gastfreundlich sein, ab und zu einen Burgunderwein trinken, das Schöne sehen und sich daran erfreuen und das Leben so nehmen, wie es ist.

Der Sommer kommt zurück! Herrlich!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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