wolfsgeheul.eu vom 04.12.2016

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„Man wird nicht besser mit den Jahren

Man wird nicht besser mit den Jahren,
Wie sollt‘ es auch, man wird bequem
Und bringt, um sich die Reu‘ zu sparen,
Die Fehler all in ein System.

Das gibt dann eine glatte Fläche,
Man gleitet unbehindert fort,
Und „allgemeine Menschenschwäche“
Wird unser Trost- und Losungswort.

Die Fragen alle sind erledigt,
Das eine geht, das andre nicht,
Nur manchmal eine stumme Predigt
Hält uns der Kinder Angesicht.“

Dieses nette Gedicht hat uns Theodor Fontane geschenkt. Abgesehen von der Feststellung, daß alle Fragen erledigt seien, die ich nicht unterschreiben kann – ganz im Gegenteil werden es bei mir neben der elementaren Seinsfrage eher mehr -, meine ich, daß er im wesentlichen recht hat und all‘ jene, die uns weismachen wollen, das Alter sei wunderbar, sich selbst belügen und als Rufer in der Wüste eine mehr oder minder lächerliche und vorallem unglaubwürdige Figur abgeben, insbesondere dann, wenn sie geradezu zwanghaft noch Dinge zu tun versuchen, die ihren verbliebenen Fähigkeiten eigentlich nicht mehr gänzlich entsprechen.

In Würde zu altern, sich in jeder Hinsicht treu zu bleiben, scheint eine Kunst zu sein, die beherrscht sein will. Und dazu gehört auch, daß man über Einschränkungen und Zipperlein überwiegend schweigt und die Umwelt nicht mit epischen Berichten hierzu belästigt. Ebensowenig sollte allgemeine Klage geführt werden. Stattdessen sollte man sich weitestgehend altersgerecht und entsprechend dem noch vorhandenen Vermögen verhalten und geben. Das ist authentisch und bedarf keiner kommentierenden Begleitmusik. Es hat viel mit Demut zu tun. Nur so wird man die notwendige Gelassenheit entwickeln und damit der Umgebung den Respekt abringen, den die Lebensleistung und die Person an sich gegebenenfalls verdient. Jedenfalls bleibt man so ein allseits verträglicher Zeitgenosse, der nicht nur nicht stört, sondern als angenehm und eventuell sogar als Bereicherung empfunden wird. Und eine gesunde, sprich vitale Lebensmüdigkeit hat auch etwas Beruhigendes, Friedliches und Versöhnliches.

Mein kürzlich verstorbener Vater wäre heute übrigens 95 Jahre alt geworden. Und der Wille, diesen Tag noch zu erleben, war trotz seines äußerst mißlichen Zustandes fast bis zum Ende ungebrochen.

Das Leben, wie es auch immer aktuell sein mag, erscheint also wohl alle Mal besser als der Tod. Das dürfte die Essenz des Alterns sein, daraus bezieht es seine Kraft. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Und jetzt gehe ich in memoriam zur Premiere von Glucks „Orpheus und Eurydike“, eine der wenigen Opern – grundsätzlich ein Genre, das ohnehin eher für Menschen erschaffen wurde, denen der Zugang zur puren klassischen Musik zu beschwerlich ist -, die mein Vater wirklich geliebt hat und tatsächlich Musik zum Niederknien bietet, ins Theater Aachen, das mich bereits mit Verdis „Macbeth“ positiv überrascht, alte berechtigte Vorbehalte nahezu ausgeräumt  und als Kunden wiedergewonnen hat. Wie sagt es mein Valentin!? „Lasset die Klänge klingen!“.

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wolfsgeheul.eu vom 07.08.2016

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„Bitte warten – Bitte warten – Bitte warten – …….“!

So tönt es oft lieblos aus dem Hörer, wenn der Angerufene keine Kosten und Mühen darauf verwendet hat, dem Anrufer die Zeit bis zur persönlichen Annahme des Gespräches mit individuelleren und liebevolleren automatischen Ansagen zu versüßen. Aber ehrlich ist es.

Denn die beiden bis zur Erschöpfung repetierten Worte könnten als Motto über unser aller Leben stehen. Es ist nach meinem Eindruck und Dafürhalten hauptsächlich – liebe Mediziner, Biochemiker und -physiker o. ä. bitte nicht einhaken und es besser wissen – das Warten, das unseren Vitalakkumulator früher oder später leersaugt. Denn positive Aktivitäten und Gefühlregungen weisen meist im mindesten eine ausgeglichene Bilanz zwischen Output und Input aus oder beflügeln uns gar, laden also die verbrauchte Energie nicht nur wieder auf, sondern geben manchmal sogar mehr in den Speicher zurück. Böte und gönnte uns doch der Alltag nur solches, kämen wir dem ewigen Leben – Oh Graus! – hier auf Erden vielleicht näher!? Aber es gibt ja das allgegenwärtige Warten, das eben nicht wie die selbstgewählte Ruhe oder Stille uns gut tut, nein, ganz im Gegenteil, einfach nur unser  selbstbestimmtes Erdenleben verkürzt. Auf die Länge des Harrens hat man dabei, das kommt erschwerend hinzu, oftmals nur wenig Einfluß. Man ist häufig zur Passivität verdammt und mehr oder minder hilflos äußeren Umständen bzw. fremdem Willen ausgeliefert. Natürlich gibt es auch das belebende Warten, die gespannte Erwartung, die einen bis in Haarspitzen elektrisiert. Wenn wir allerdings ehrlich sind, dürfte diese spezielle Konstellation eher seltener auftreten. Es wird demnach wahrscheinlich der angenehmer und frohgemuter leben können, dem es gelingt, mit dem Warten besser umzugehen, sprich es zu ertragen, es als nicht wegdenkbaren Teil seines Lebens anzunehmen. Der größte Feind des Lebens ist deshalb wohl gar nicht das Warten, sondern die Ungeduld. Wenn es einem gelingt, zuversichtlich, geduldig und unbesorgt zu sein, macht man sich vieles leichter.  Aha! Könnte es also sein, daß der Unbesorgtere weniger ungeduldig ist. Dann sollte man vielleicht jede Wartezeit mit folgendem Goethe-Gedicht zu überbrücken versuchen:

„Sorge 

Kehre nicht in diesem Kreise

Neu und immer neu zurück!

Laß, o laß mir meine Weise,

Gönn‘, o gönne mir mein Glück!

Soll ich fliehen? Soll ich’s fassen?

Nun, gezweifelt ist genug.

Willst du mich nicht glücklich lassen,

Sorge, nun so mach‘ mich klug!“

Letztlich ist unsere irdische Existenz nichts anderes als das Warten auf das Ende derselben. Die Finalität stellt die einzige Gewißheit dar, die wir haben. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Wenn wir das besser akzeptieren lernten, könnte man sich jede Wartezeit, damit schönreden, daß nach ihr mit ziemlicher Sicherheit noch etwas kommt. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Das Geschwisterpaar „Unverzagtheit und Sorglosigkeit“ stellt offensichtlich  einen entscheidenden Schlüssel für die Pforte zum Zwillingspärchen „Gelassenheit und Zufriedenheit“ dar.

In diesem Sinne wäre die bessere, weil freundlichere, optimistischere, ermutigendere und weniger direkte Bandansage wohl:

„Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – Bitte bleiben Sie erwartungsvoll – ……………“!

Erwarten wir den nächsten Morgen und sagen fröhlich

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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