wolfsgeheul.eu vom 07.03.2016

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„Horror Tattoos – Deutschland, wir retten deine Haut!“, so prangt es groß von vielen Werbeplakaten für eine Sendung auf dem mir bis dato unbekannten privaten Fernsehkanal „sixx“(ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH)!

Großartig, denkt der einfältige Betrachter wie ich, die Mode der Selbstverschandelung neigt sich wider Erwarten schon dem Ende zu, und es lohnt sich jetzt bereits, teure Werbung für ein Sendeformat zu machen, dessen Hauptinhalt darin besteht, daß Menschen mit schlimmen Tattoos, sprich mit Tattoos geholfen wird, diese beseitigen zu lassen. Weit gefehlt und doch irgendwie getroffen! Tatsächlich werden in der Sendung wohl verunglückte Körperbilder von Tätowierspezialisten kunstvoll übermalt. Man verwandelt also häßliche in „hübsche“ Makel, der Mensch bleibt aber stigmatisiert. Leider kann demnach weder von Umdenken noch von Umschwenken gesprochen werden. Eine zerstobene Hoffnung!

So ist das eben, wenn in letzter Zeit jemand reißerisch verspricht, Deutschlands Haut zu retten. Da werben nur selbstsüchtige Monster, die willens und bereit sind, unser Land noch tiefer in die Scheiße zu reiten. Die AfD ist ein ähnliches Beispiel. „Wir lackieren die „Bunte Republik“ braun!“ rufen sie aus ihren Löchern und haben Erfolg damit. Allerdings, wie Hessens Kommunalwahlergebnis zeigt, nicht dadurch, daß die Bürger in Massen mobilisiert werden und wieder laut ihre Meinung über den Stimmzettel äußern, sondern dadurch, daß die fanatisierten Anhänger geschlossen zur Wahlurne schreiten, während der brave Wohlstandsbürger in noch größerer Zahl auf dem Sofa sitzen bleibt, als er es in den letzten Jahren ohnehin schon getan hat. Die Wahlbeteiligung betrug mancherorts kaum mehr als ein Drittel.

Das läßt ganz schlimme Befürchtungen für das kommende Wochenende aufkommen. Wenn der Wutbürger wählt und die anderen Zuhause bleiben, dann sind die prognostizierten Ergebnisse nicht mehr verwunderlich und vielleicht noch zu tief angesetzt. Was muß noch geschehen, damit der Staatsbürger erkennt, daß in stürmischen Zeiten seine Mithilfe und sein Mittun an Deck dringend erforderlich ist, um das Boot sicher durch die aufgepeitschte See zu steuern? Aber wahrscheinlich hat man zum wiederholten Male zu erkennen, daß mit den Deutschen in toto kein Staat zu machen ist. Die werden lieber geführt und gelenkt, während sie darüber nachsinnen, welche Tätowierung sie als nächstes stechen oder verschönern lassen wollen.

So entwickelt sich übrigens mit einiger Sicherheit in Zukunft auch wieder eine Chance für die unbegabteren Körperkünstler, deren dilettantische Machwerke heute noch kunstvoll unsichtbar gemacht werden müssen. Geht es so weiter, braucht es nämlich bald erneut Nadelschwinger für einfache Inschriften wie Seriennummern oder Blutgruppen.

„Germania, mir graut vor dir!“ schrieb 1871 Georg Herwegh. Klingt aber bedauerlicherweise wie heute gedichtet!

Deutsche in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt, geht am 13. März 2016 doch bitte einmal geschlossen zur Wahl. Denn ich möchte endlich wissen, wie wirklich gedacht wird. Man mag sich allerdings gar nicht vorstellen, würde sich das Ergebnis dadurch nicht großartig verändern! Dieser Albtraum muß einen jedoch nicht bange machen, er wird ohnehin niemals Realität, bevor wir nicht die Wahlpflicht einführen.

Lasse mir jedenfalls morgen vorsorglich an exponierter Stelle ein Hakenkreuz tätowieren! Man weiß ja nie!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 15.05.2015

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Seit über vier Jahren in Aachen führt mich mein kurzer Fußweg in die Innenstadt zwangsläufig an einem offenbar über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Tattoo- und Piercing-Studio vorbei, bei dem die Bude immer rappelvoll ist und die menschlichen Leinwände aller Couleur – und das meine ich nicht nur farblich – zum Teil bis auf die Straße anstehen, um sich kostenpflichtig beflecken zu lassen. Ein Gewöhnungseffekt im Sinne eines bloßen Passierens gesellschaftlicher Realität stellt sich bei mir aber bis heute nicht ein, jedesmal wieder packt mich stattdessen das blanke Unverständnis, ja, in meinem Alter muß ich fast aufpassen, meinem innerlichen Kopfschütteln nicht akustisch Ausdruck zu verleihen und mir entsprechendes im Selbstgespräch in den nicht vorhandenen Bart zu brummeln. Mein immergleicher Kulturschock schwillt dann zwar schnell ab, findet aber in der Fußgängerzone und weiter minütlich neue Nahrung, weil man heute kaum noch ein paar Meter im öffentlichen Raum sich bewegen kann, ohne solcher Menschen ansichtig zu werden, deren Drang es ist, sich dauerhaft zu bemalen bzw. bemalen zu lassen.

Nun bin ich nicht ausgebildet, um diesem Phänomen wissenschaftlich zu begegnen, auch will ich kein Wikipediawissen – mehr Recherche ist es mir nicht wert – ausbreiten. Mir stellt sich aber schon die Frage, was sich in den letzten 20 bis 30 Jahren in unserer Gesellschaft verändert hat, daß eine Körperverletzung, die, von wenigen Ausnahmen abgesehen, verschandelt und der sich früher überwiegend Seeleute, Sträflinge und Prostituierte, vielleicht dem Vorbild ihrer maritimen Kunden folgend, unterzogen, sich in der Mitte der abendländischen Kulturregion einnisten und festsetzen kann, offenbar mit exponentiellen Zuwachsraten. Wer nämlich geglaubt hatte, daß das Arschgeweih sich als der Sargnagel dieses „bleibenden“ Modetrends erweisen würde, weil selbst die einfachste Kreatur sich über kurz oder lang lachend und höhnend darüber erhob, der hat sich gewaltig geirrt; es war zwar wohl eine modische Sackgasse, aber beiweitem nicht das Ende der Mode an sich. Ganz im Gegenteil!

Über Jahrhunderte haben sich die Gesellschaften kultiviert und zivilisiert, gerade um sich von Urvölkern und deren Ritualen absetzen. Man war bestrebt, eine weitere Stufe der Evolution zu erklimmen, und das sollte sich nicht nur im intellektuellen und technischen Bereich vollziehen, sondern auch und gerade in Form der Entbarbarisierung vorsintflutlicher Sitten und Gebräuche. Und auf diesem Wege waren wir Ende des zwanzigsten Jahrhunderts so weit vorangeschritten, daß selbst die vornehme Blässe faktisch sozialisiert und damit auch für das einfache Volk möglich war. Und statt diesen Sieg über den Wilden vor und in uns zu feiern, zu genießen und weiterzuentwickeln, packt die friedlich im Wohlstand verfettete und offenbar gelangweilte Gesellschaft der Übermut und läßt sie anfangen, sich an ihrer eigenen Substanz zu vergehen, also reversible durch irreversible Moden zu ersetzen. Und das in einer Welt, in der sich die mobile Mode, also die Kleidung, in immer kürzeren Zyklen ändert, was durchaus auch von denen nachvollzogen wird, die auf der anderen Seite für die Ewigkeit in ihre Haut manipulieren lassen. Was macht die sicher, daß sie beim Darunter nicht genauso unkonstant sind wie beim Darüber!?

Mir fällt zum unsäglichen Tun nur eines als Antwort ein, nämlich daß Menschen, denen es letztlich zu gut geht, zu übersprungsartigen Handlungen neigen. Vielleicht ist es aber auch nur ein Reflex auf die grassierende Oberflächlichkeit und Flüchtigkeit unserer Gesellschaft, also ein Hilferuf der armen Seelen, die für sich sonst keine Ausdrucksmöglichkeit sehen, um diesen Zustand zu bekämpfen. So oder so bleibt es nach meiner festen Überzeugung ein Ausdrucksmittel der geistig Schwachen, die leider in allen Schichten fröhliche Urständ feiern. Eine schöne neue bunte Bilderwelt wird daraus nicht. Die Hochkultur verarmt und verabschiedet sich mehrheitlich, indem sie archaischen Riten zuneigt und sich mangels anderer elaborierter Qualitäten an vorzeitliche Körperkulte verkauft und die Seele dafür in Zahlung gibt bzw. im Pfandhaus der Erbärmlichkeit hinterlegt, um sich tätowieren zu lassen. Denn nicht vergessen darf man: Der Quatsch kostet ja obendrein ein Heidengeld – Betonung auf „Heiden“! Es ist wie bei der Bildungsmisere, diese Fehler lassen sich in absehbarer Zeit nicht rückgängigmachen. Wir begehen den Weg in die Abwärtsspirale überwiegend nicht mehr, wie Gott uns geschaffen hat. Ob das die wandelnden Galerien aber an ihm vorbeiführen wird, scheint zumindest fraglich.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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