wolfsgeheul.eu vom 29.02.2016

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Wegen der in meinen Augen nahezu dramatischen Aktualität erscheint meine Kolumne heute wesentlich früher.

„Achtung, hier spricht Ihr Kapitän. Durch einen bedauerlichen Navigationsfehler hat unser Schiff leider einen kleinen Felsen gerammt und ist leckgeschlagen. Da es sich aber nur um einen kleines Loch am Bug handelt, besteht für Sie definitiv keine akute Gefahr. Die Seenotrettungszentrale wurde trotzdem vorsorglich in Kenntnis gesetzt; man steht dort Gewehr bei Fuß. Meine Mannschaft arbeitet fieberhaft daran, das Leck zu schließen. Über den Stand der Arbeiten werde ich Sie in kurzen Abständen auf dem laufenden halten. Wir sind sehr zuversichtlich, das Problem in Kürze beheben und die Fahrt fortsetzen zu können. Sollte uns die Reparatur wider Erwarten nicht gelingen, werden wir Sie umgehend informieren. Sie müßten dann zunächst die Schwimmwesten anlegen und im schlimmsten Falle die Rettungsboote besteigen, so wie wir das in der gerade gestern turnusmäßig durchgeführten Rettungsübung bereits durchexerziert haben. Bleiben Sie einstweilen ruhig und unbesorgt, wir haben die Lage fest im Griff. Ihre Sicherheit ist stets gewährleistet und das oberste Gebot für meine Crew und mich. Meine Mitarbeiter und ich stehen Ihnen im übrigen jederzeit gerne auch für weitere Fragen und Erläuterungen zur Verfügung. Wir entschuldigen uns für diese Panne und wünschen Ihnen gleichwohl einen angenehmen Zusatz-Seetag. Genießen Sie die Sonne. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!“

Seefahrt ist wie Politik nicht nur eine Sache der Kompetenz, sondern auch und gerade des Vertrauens. Der Passagier wie der Bürger muß jederzeit den Eindruck haben, daß die Verantwortlichen das Ruder fest in der Hand halten und genau wissen wohin sie steuern wollen und müssen. In schwierigen Situationen ist es besonders wichtig, daß alle darüber Bescheid wissen, was mit welchem Ziel unternommen wird und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn sich die Dinge nicht wie geplant entwickeln sollten. Nur so kann Sicherheit gewährleistet und ein Gefühl von Sicherheit vermittelt werden.

„Ich habe keinen Plan B.“ postulierte Frau Dr. Merkel gestern bei Anne Will, statt auch zur Eigenrettung souverän einzugestehen, daß sie sich verschätzt hat, was ihr sicherlich größten Respekt eingefahren hätte. So jedoch kann nur jemand handeln, der glaubt, es gäbe Alternativlosigkeit wirklich. Ernsthafte Zweifel an den geistigen Fähigkeiten unserer „Mutti“ sind daher tatsächlich angebracht.

Bei aller Bewunderung dafür, wie die Kanzlerin unbeirrt und geradezu selbstzerstörerisch an ihrer Linie festhält, ist eine solche Haltung für unser Land unverantwortlich und inakzeptabel. Daß für unvorhersehbare Ereignisse spontan Lösungsstrategien entwickelt werden müssen, liegt in der Natur der Sache. Bei bekannten Problemen aber ist es ein Muß, konkret zu wissen und anzukündigen, was man tuen wird, wenn der zunächst mehrheitlich präferierte und durchgezogene Plan nicht aufgehen sollte. Hier auf Sicht zu fahren und vorsätzlich erst über andere Verfahrensweisen nachdenken zu wollen, wenn man erkennt, daß man in einer Sackgasse gelandet ist, verbietet sich von selbst, will man die Dinge ernst nehmen und keine unnötigen Risiken eingehen. Beim Scheitern des Planes A darf also absolut keine Zeit vergehen, bis man Plan B entwickelt hat; vielmehr muß unverzüglich eine zuvor kreierte  und bekanntgemachte Ausweichlösung ins Werk gesetzt werden. Alles andere ist grob fahrlässig und birgt eine nicht zu unterschätzende Gefahr in sich.

Mit ihrer Einlassung und dem damit verbundenen Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit hat Merkel endgültig jedwedes Vertrauen verspielt. Da das Volk aber nicht so einfach von Bord gehen kann, ist es deshalb nun tatsächlich an der Zeit, den Kapitän auszutauschen. Das Zutrauen in die Bundeskanzlerin, die übrigens für sich selbst immer das Altenteil als sicheren Plan B in petto hat, ist leider nunmehr irreversibel zerstört. Ahoi!

„Guten Abend, gut‘ Nacht, mit Rosen bedacht,“!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 13.09.2015

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Gestern wurde die „Last Night of the Proms“ live im NDR übertragen. Wie immer ein großes Spektakel mit Gänsehautgarantie! Ein beeindruckendes, einzigartiges Volk, diese Briten, die jedes Jahr wieder zeigen, daß nur sie diese Art von Ereignis erfinden konnten und zu zelebrieren vermögen. Alle Nachahmungen in anderen Ländern wirken deshalb genauso deplaziert wie Oktoberfeste außerhalb Münchens.

Etwas anderes aber fiel bei diesem Konzert ins Auge. Die gut aufgelegte amerikanische Dirigentin, Marin Alsop, zückte zum Ende einen Selfie Stick, hielt ihn hoch und filmte mit ihrem iPhone rückwärts sowohl ins Publikum als auch auf die Bühne.

Was bewegt die Menschen, besondere Augenblicke so festzuhalten, statt sie ablenkungslos vollauf zu genießen und im Herzen zu bewahren!? Diese Photographier- und Filmsucht, die vor fast niemandem Halt zu machen scheint, ist ein rätselhaftes Zeitphänomen. Die dabei entstehenden Bilder sind verwackelt, unprofessionell und eigentlich für nichts zu gebrauchen.

Begonnen hat das ganze vor rund 30 Jahren mit den Videokassetten-Kameras, die als erste – und das ist wahrscheinlich das Entscheidende – die Möglichkeit boten, die Aufnahmen, ohne sie zum Entwickler zu bringen, direkt im Okular bzw. später auf einem integrierten Monitor anzusehen. Das führte zu dem Effekt, daß Menschen entweder filmten oder sich das Gefilmte anschauten, statt mit ihren eigenen Augen und sonstigen Sinnen Ereignisse wahr-und aufzunehmen. Die Miniaturisierung hat dran nichts geändert, außer daß sie den schweren und sperrigen Photokoffer überflüssig gemacht hat.

Die sozialen Medien, die ständig nach neuer bildhafter Dokumentation zu schreien scheinen, und die Abnahme der Fähigkeit, sich verbal auszudrücken, taten ihr übriges. Ein wesentlicher Teil der Umgebungserkenntnis vollzieht sich also heute via Linse.

Die neueste Steigerung sind die kleinen Action-Kameras, die irgendwo am Körper positioniert den Blick – immerhin – nicht trüben, die Hände freilassen und irgendein Geschehen zumeist in Blickrichtung des Kameramannes permanent aufzeichnen und dokumentieren. Das geschieht ob des sich bewegenden Trägers in zumeist noch schlechterer Qualität als mit dem Selfie Stick. Unabhängig davon geben sie aber auch grundsätzlich nur sehr unzulänglich das wieder, was der Kamerawirt selbst in dem Moment erlebt. Wenn es also eines nicht gebraucht hätte, dann sind das diese kleinen technischen Wunder. Und sie spornen obendrein zum Eingehen hoher bis zu hoher Risiken an, weil die Dokumentation wenigstens geeignet ist, um nachher damit anzugeben.

Daß aber tausende von Motorrad-, Ski- und Mountainbikefahrern sich so in Gefahr bringen, ist der Herstellerfirma GoPro offensichtlich nicht genug, sie lobt auch noch einen Wettbewerb aus, der Radfahrer animiert, spektakuläre Fahrten aufzunehmen und hochzuladen; bis Ende Oktober sind jeden Monat 1.000,00 Euro zu gewinnen und dem finalen Gesamtsieger winken gar 20.000,00 Euro. Zur Zeit kann man allenthalben ein Video bestaunen, in dem ein wagemutiger Slowene mit dem Mountainbike eine fast senkrecht anmutende Staumauer hinunterrast und ins kühle Naß eintaucht, ohne dabei sein Leben zu lassen, was eine betonharte Wasseroberfläche angesichts des Eintauchwinkels durchaus hätte verursachen können. Das ist Anstiftung zur Selbstverstümmelung, insbesondere auch deshalb, weil jeder Amateur ansprochen wird. Während Red Bull, denen man häufig fälschlicherweise vorwirft, den Tod von Extremsportlern billigend in Kauf zu nehmen, sich an Profis, die bestens ausgerüstet sind, richtet, die genau wissen, was sie tun und welches Risiko sie eingehen, verhält sich die Kamera-Firma tatsächlich mit dieser Aktion unverantwortlich.

Glücklich kann der sein, dessen Kinder aus dem Alter der Verführbarkeit für solcherlei Schwachsinn heraus sind.

Und an alle Action-Geilen: Versucht doch einmal eure Eindrücke in Worte zu fassen, das schult den Ausdruck und gibt uns im Zweifel einen viel besseren Eindruck vom Geschehen. Nicht alles, was eine Kamera festhält, bewahrt man damit auch sicher im Herzen. Das lenkt nur vom Wesentlichen ab.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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