wolfsgeheul.eu vom 17.09.2017

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„Reiten kann er auch nicht.“!

Herr, vergib mir, aber ich kann nicht anders!

Letzen Freitag meldet T-Online, daß Andrea Bocelli vom Pferd gestürzt sei und deshalb – zum Glück wohl ohne lebensbedrohliche Verletzungen – ein Konzert in Pisa habe absagen müssen. Und keiner getraut sich natürlich, daraus obige Schlagzeile zu machen, weil der arme Mann blind ist. Dabei soll zum Beispiel Thomas Quasthoff – und er ist zu Recht wahrlich nicht der einzige Kritiker – gesagt haben, er bekäme bei Bocellis Darbietungen Pickel und sein Vermögen sei ärmlich. Nun kann der Einwand kommen, daß Quasthoff wegen seiner eigenen conterganbedingten körperlichen Beschränkungen – er ist übrigens nur ein Jahr älter als ich, und ich hätte durchaus auch ein Opfer der damaligen unverzeihlichen Fehleinschätzung der Firma Grünenthal werden können – zu solcherlei spitzen Bemerkungen gegenüber anderen Behinderten berechtigt sei. Aber erstens spricht er als Mann vom Fach und zweitens darf jeder sich derart äußern, da Menschen mit Handikap zwar gegebenenfalls besondere Fürsorge verdienen, aber ansonsten keinen besonderen Status genießen. Sie sind – und das sollte die Normalität sein – Menschen wie du und ich und bedürfen – die Klugen unter ihnen wollen das auch gar nicht – keines individuellen Schutzes.

In der Kunst – oder sollte ich besser im Kommerz sagen – jedoch ist manches anders. Dabei verdient das Können von Bocelli nicht, in irgendeiner Weise als außergewöhnlich wahrgenommen zu werden. Und daß ein Blinder singen kann. ist überhaupt nicht überraschend und hervorhebenswert. Eher schon, daß er reitet! Nun gut, auch das nur leidlich! Hoffentlich verzichtet er wenigstens aufs Autofahren.

Der Kunstbanause wird es anders sehen, und der politisch Korrekte wird mich verfluchen. Aber die Wahrheit sollte und darf nicht untergehen. Weder eine political noch im Speziellen eine disabled correctness sind angebracht; sie hindern stattdessen den normalen Umgang miteinander und beschränken obendrein die Meinungsfreiheit! Dem gilt es fürderhin massiv entgegenzuwirken.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.12.2016

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„Non vitae, sed scholae discimus.“

Dieses Zitat von Seneca, mit dem er Kritik an den Philosophieschulen seiner Zeit geübt hat, war mir bisher immer nur umgekehrt bekannt. Schon wieder eine Bildungslücke! Hätten meine Pauker uns noch pauken lassen, wäre dieses Vakuum vielleicht nicht entstanden. Aber das war in meiner schulischen Ausbildung leider schon weitestgehend aus der Mode.

Und so bin ich konsequenterweise kein besonders guter Lateiner – denn anders lernt man diese Sprache nicht richtig – geworden. Aber auch meine Standardgeschichtskenntnisse – mein Einser im Abitur sagt diesbezüglich gar nichts aus – halten sich gemessen an früheren Standards bedauerlicherweise in überschaubaren Grenzen, weil das Bimsen von historischen Daten – wie „333“ oder „753“ – ebenso als old-fashioned galt. Das bedauere ich sehr, denn ich bin der festen Überzeugung, daß diese eventuell zunächst profan erscheinende Bildung eine enorme Hilfe zum Beispiel bei der Beurteilung aktueller (geo)politscher Entwicklungen darstellt. Deshalb pläderiere ich dafür, in allen Fächern neben Einzel- und Spezialwissen die Grundstruktur im Wege einer sturen Faktenvermittlung den Schülerköpfen einzutrichtern. Nur so bildet sich ein ausreichend dichtes, fast im Schlaf abrufbares Raster heraus, in dem man sich später sicher bewegen und Neues besser bewerten und einordnen kann. Auch ansonsten stellen fest verankerte Daten und Fakten sowie Automatismen eine solide Basis für eine schnelle Auffassungs- und Entscheidunggabe dar.

Genau das können und konnten unsere Väter und Vorväter eindeutig besser und es bedeutet und bedeutete einen klaren Bildungsvorsprung. Wenn ich mit meiner Einschätzung richtig liegen sollte, müßte demnach an den Schulen heute nicht weniger, sondern mehr gebimst werden.

Aber was muß ich da in einem dpa-Interview mit dem sogenannten OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher im Zusammenhang mit der letzten PISA-Studie, bei der Deutschland abgesackt ist, lesen!?

„….., weil das Bildungssystem weiterhin sehr altmodisch ist. Das Ergebnis: Wo Deutschland sich einbildet, gut zu sein, sind große Lücken. Fach- und Paukwissen verliert an Bedeutung – Google weiß schon alles. Die Welt belohnt uns dafür, was wir mit dem Fachwissen am Ende anstellen.“

Da will man also offensichtlich den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Die jungen Leute werden stetig ungebildeter, und die Fachwelt macht sich über Grundlagenwissen mit dem Hinweis verächtlich, das sei im Googlezeitalter – so neu ist das übrigens nicht, denn auch früher gab es umfassende Nachschlagewerke, die alledings, das gilt es zuzugestehen, nicht jedem zu jeder Zeit zur Verfügung standen – nicht mehr zu lehren, weil es allseits verfügbar ist. Eine geradezu tolldreiste Argumentation! Was helfen mir denn die jederzeit abrufbaren Netzinformationen, wenn ich diese dann nicht verorten und verwerten kann!? Sind wir nicht auch in der Mathematik schlechter geworden, weil wir das Rechnen schon sehr früh dem Taschenrechner überlassen haben? Und beherrschen die jungen Leute deshalb zunehmend die Rechtschreibung nicht mehr, weil bei der Basislehre auf stures Lernen und das Einbläuen der Systematik verzichtet wird?

Wer die Welt begreifen und sich in ihr frei und souverän bewegen will, muß sie bestmöglich kennen. Nur so kommt über Bildung ein klügeres oder zumindest abgewogeneres Urteil und Handeln heraus.

Warum nur gilt alles Alte so oft als schlecht? Und wie kommt es, daß Menschen, die mutmaßlich eine für ihre Zeit optimale Bildung vermittelt bekommen haben, für die Kinder Dinge empfehlen, von denen sie besser wissen müßten, daß sie uns weiter in die Bildungswüste führen?

Für das Pauken! „Non scholae, sed vitae discimus.“

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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