wolfsgeheul.eu vom 17.11.2107

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„Wenn ich su an ming Heimat denke
un sinn d’r Dom su vür mer stonn,
mööch ich tireck op Heim ahn schwenke,
ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn.“

Das sind die wohl bekanntesten Zeilen von Willi Ostermann, dem berühmten Sänger und Texter kölscher Lieder, auch Krätzche genannt.

Neulich habe ich eine besondere Karnevalskopfbedeckung gefunden. Bisher trug ich regelmäßig eine Melone, die ich als Student in Münster in einem Traditionshutladen am Prinzipalmarkt gekauft habe. Das gute Stück diente früher nahezu ausschließlich der Provokation. Sie hat zur Belustigung meiner Kommilitonen genauso beigetragen wie zur Verstimmung mancher Professoren. Später sah ich eher wenig passende Nutzungsgelegenheiten, so daß sie durch den Karneval ihre wahre Bestimmung gefunden hat. Per Zufall entdeckte ich im Fanshop meines Lieblingsfußballvereines nun dieses Modell:

Es wird als Krätzchen bezeichnet und das übrigens nicht nur in Düsseldorf, denn beim Kölner FC zum Beispiel findet sich ein entsprechendes Hütchen unter nämlicher Bezeichnung. Den Begriff kannte ich nicht. Nachdem ich mich belesen habe, weiß ich nun, daß es sich dabei um eine einfache runde Kopfbedeckung militärischen Ursprungs handelt, die je nach Trageart einem Barett oder einer Schirmmütze ohne Schirm ähnelt. Meine Neueroberung aber entspricht mehr einem Schiffchen mit unterschiedlich hohen Spitzen. Sie bleibt also länglich und wird nicht rund. Zusätzlich baumelt von der vorderen, höheren Erhebung eine lustige Troddel. Damit steht sie vielmehr in der Tradition der Narrenkappe. Das ist also kein Krätzchen und soll es nach meinem Willen auch nicht unbedingt sein. Erschwerend kommt nämlich hinzu, daß zur blau-weißen Zuchthausbekleidung im dritten Reich ebenfalls ein gleichfarbiges Krätzchen zu tragen war, so daß auch die Insassen der Konzentrationslager entsprechend gekleidet sein mußten. Das Krätzchen hat somit in der Geschichte Deutschlands einen veritablen Kratzer bekommen.

Umsoweniger verstehen kann ich, warum man nun ein modifiziertes Schiffchen unbedingt Krätzchen nennen muß.

„Jecke Saache met ze mache, drövver laache, dat es Karneval. Witzjer brenge, Liedscher senge, danze, sprenge, dat es Karneval.Öm der bläcke Hals en jroße Fleech und en Pappnas em Jeseech, drej Daach sech freue, nix bereue, dat es Karneval.“

Das ist ebenfalls ein Krätzchetext des noch lebenden Urgesteins aus Köln, Willy Junggeburth. Vom Krätzchen steht da nichts!

Was bin ich froh, kein Krätzchen gekauft zu haben!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Das „Fußvolk“ der Oecher Penn trägt übrigens ein blau-rotes Krätzchen, aber diese große Garde als ältester Verein im Karneval Aachens hat auch eine militärische Tradition, weil sie auf die Stadtsoldaten zurückgeht, die die Stadttore zu bewachen hatten, weswegen sie heute noch meinen, Anscheinswaffen(s. Kolumne vom 10.01.2017) in Form alter Musketen tragen zu müssen. Da paßt es also.

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wolfsgeheul.eu vom 10.01.2017

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Eine Posse, die keine Posse ist!

Die Politik schläft angesichts des Wahljahres mehr oder minder den Schlaf der Ungerechten, aber der Karneval ist in vollem Gange. Und Aachen schafft es damit sogar in die überregionale Presse und ins Fernsehen. Was ist geschehen?

Der älteste Karnevalsverein in unserer Stadt, die Stadtgarde „Öcher Penn“, feiert in diesem Jahr 160-jähriges Bestandsjubiläum und hat zu diesem Anlaß neue Gewehre, eine gebrauchsuntüchtige aber täuschend ähnliche Muskete angeschafft. Ein Penn-Soldat ist mit dieser Waffe auf der Schulter durch Aachen zu seinem nächsten Auftritt marschiert und von der Polizei aufgegriffen worden, weil das Tragen von sogenannten Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit außerhalb von Umzügen verboten ist.

Nun muß man wissen, daß die karnevalistischen Garden im Rheinland eine Persiflage auf die ungeliebten französischen Besatzungssoldaten um die Jahrhundertwende darstellen. Mit den bunten Uniformen, einem stilisierten Holzgewehr. in dessen Lauf obendrein ein Blumensträußchen steckt, und dem traditionellen Stippelföttsche-Tanz, bei dem jeweils zwei Spaß-Soldaten Rücken an Rücken ihre ausgestreckten Hinterteile aneinanderreiben bzw. „wibbeln“, wird alles Militärische auf eine herrliche Art und Weise verhohnepipelt. Eine wunderbare Ausprägung hiesiger Lebensart und des besonderen rheinischen Humors also! Und ein Zeichen für den Frieden!

Wie aber für Deutschland typisch, bekommt selbst der organisierte Frohsinn immer auch etwas Ernstes, und so sind zum Beispiel die Mitgliedschaften in den entsprechenden Vereinen zu gesellschaftlichen Rangabzeichen verkommen. Dabei wird dann gerne Übereifer an den Tag gelegt, der sich auch in Prunk und Protz sowie germanischem Perfektionismus äußert.

Genau das sind offensichtlich die Gründe für den Austausch der alten Gewehr-Karikaturen mit echt aussehenden Musketen gewesen. Eine Verkennung der Traditionen, ja geradezu ein Verrat an ihnen!

Und jetzt ist die Aufregung groß, wenngleich das ganze natürlich in einem friedlichen Gespräch zwischen dem Polizeipräsidenten und der Führungsriege des Vereins geklärt und mit einem allseitigen „Alaaf“ folgenlos beendet worden ist. Die Konsequenz für die Penn-Soldaten besteht aber nun darin, daß sie ihre Waffen in geschlossenen Behältnissen gesondert zu ihren Auftritten transportieren müssen. Schade, denn ein prächtiger rheinischer Karnevals-Garden-Soldat ist ohne sein lächerliches Gewehrchen nur die Hälfte wert! Aber wer nach mehr als anderthalb Jahrhunderten seine Wurzeln vergißt, ist nicht zu bedauern. Dem friedlich-fröhlichen Karneval wurde jedoch damit ein Bärendienst erwiesen.

Die Polizei hat übrigens gerade in Zeiten der erhöhten Terrorgefahr nicht humor- oder traditionslos, sondern absolut richtig gehandelt.

Merke:

Gut gemeint ist eben nicht immer auch gut gemacht, und eine Posse ist nicht immer solche!

Alaaf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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