wolfsgeheul.eu vom 14.08.2016

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Letzte Trauerode!

Gerade von der Stätte des Todes zurück, hatte ich während der überlangen Fahrt genügend Zeit, über die vergangenen Tage nachzudenken. Schon am 05.01. diesen Jahres habe ich mich an dieser Stelle über die Kunst des Kondulierens ausgelassen. Allerdings sprach ich als Blinder von der Farbe, denn erst jetzt habe ich zuhauf Beileidsbekundungen am eigenen Leibe erfahren dürfen.

Um es vorwegzunehmen: Es hat mich erstaunt, getröstet und erfreut, wie nahestehende Menschen genauso wie entferntere spontan vis-à-vis oder schriftlich genau die richtigen Worte gefunden und Gesten der herzlichen Anteilnahme gezeigt haben. So manche warme Umarmung kam sogar überraschend, hatte aber genau die richtige Dosage zwischen Dezenz und Nähe. Es tut gut zu spüren, daß andere in der Trauer bei einem sind.

Aber es ist nicht alles Gold was glänzt. Neben viel zu langen Kondolenzbesuchen wurden mir nicht nur einmal nämlich Dinge aufgedrängt, die keiner, der einen sehr nahen Angehörigen verloren hat, hören möchte. Ergänzen muß ich hier, daß alle Personen aus dem engeren Kreise sehr gut auf das Sterbeereignis vorbereitet waren, den Tod als Erlösung für den Entschlafenen empfinden durften, einen entsprechend gefaßten Eindruck machten und deshalb eine – durchaus angemessen – verhältnismäßig gute Laune verkörperten. Da ist es vollkommen überflüssig, daß der Beileidsbekundende aus eigener Erfahrung ankündigt, man werde aber sicher noch in ein tiefes Loch fallen, wenn die leidigen Pflichten, die einen funktionieren machen und ablenken, erst einmal erledigt seien. Selbst wenn es eine überwiegende Zwangläufigkeit darstellen sollte, muß man dem Betroffenen doch nicht die Stimmung mit dieser düsteren Aussicht vermiesen! Noch schlimmer aber sind die, die meinen, sie könnten und müßten einem Vorschriften zur Art des Trauerns machen, anstatt sich zu freuen, daß der Tod einmal keine Trauerklöße hervorgebracht hat. Das ist nicht wohlmeinend. Hier werden Kompetenzen überschritten, es ist regelrecht anmassend. Und es vermag eine bisherige Nähe zu zerstören, ist also in jeder Hinsicht kontraproduktiv.

Mein bester Freund zum Beispiel hat sich dagegen vorbildlich verhalten. Nachdem er mit seinen wohlgesetzen und wunderbar herzlichen Worten sein Mitgefühl ausgedrückt hatte, ließ er mich ohne Unterbrechung erzählen und nahm meine Stimmung auf. Danach haben wir gescherzt, kurz den aktuellen Stand in seiner Familie durchgesprochen und wie immer – wir sehen uns zu selten – unseren beiderseitigen massiven Willen bekundet, uns baldestmöglich wieder zu treffen. So geht das!

Kein trauernder Angehöriger will belehrt oder gar getadelt werden, weil dem gefühlsduselden Elephanten im Porzellanladen auf der anderen Seite irgendetwas am Trauerverhalten des Betroffenen nicht in den Kram paßt oder möglicherweise sogar als unangebracht erscheint. Der Trauernde genießt Welpenschutz und kann tun und lassen, was er – selbst Übersprungshandlung sind erlaubt – möchte, denn er hat einen nahen Menschen verloren und nicht der kondulierende Schlaumeier!

Dank also – es waren die meisten – all‘ denen, die richtig lagen, und für die anderen ein deftiges „Schnauze!“!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 05.01.2016

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Kondolieren ist ein besonders schwieriges Unterfangen, das selbst Menschen, denen das Schreiben ansonsten leicht von der Hand geht, an ihre Grenzen zu bringen vermag. Darüberhinaus ist es ein höchst privatimer Akt gegenüber einer einem nahestehenden Person oder Familie. Das wiederum aber schützt den Autor einer zu sachlichen oder gar unglücklichen Beileidsbekundung vor öffentlichem Spott, und die Trauernden beweisen in dieser Situation sicherlich ein großes Herz mit gegebenenfalls etwas unbeholfenen Freunden oder guten Bekannten des Hauses, gibt es doch viel Größeres zu beklagen, als eine eventuelle Ungeschicklichkeit beim Versuch, die Hinterbliebenen zu trösten und sie der Wertschätzung für den Verstorbenen zu versichern. Außerdem zählen die Geste und der Mut, es überhaupt gewagt zu haben. Denn wie oft erlebt man auch die, die sich nonchalant meinen, durchmogeln zu können, indem sie freimütig und feige bekunden, des Kondolierens nicht fähig zu sein. In diesen Fällen wäre sogar Schweigen der bessere Weg. Und die ganzen formellen Schreiben sollte man ohnehin hinsichtlich Wahrheitsgehalt und Ernsthaftigkeit nicht besonders wichtig nehmen. Hier wird nämlich genausoviel gelogen und geheuchelt wie schon zuvor in so mancher Todesanzeige, weshalb bei ihnen maximal die Anzahl und die gesellschaftliche Stellung des Absenders als Gradmesser für die Bekanntheit und Wirkmächtigkeit des Toten zu seinen Lebzeiten herhalten können, was aber in Summe auch einer Ehrung und Würdigung gleichkommt.

Viel einfacher gestaltet sich da tatsächlich der öffentliche Nachruf, bei dem letztlich nur der Grundsatz „de mortuis nihil nisi bene“ zu beachten ist. Für Kritik, Herabwürdigung oder gar Beleidigungen ist es zu spät, die Chancen sind vertan. Die Höchststrafe bleibt so, gar keinen Nachruf zu verfassen, was aber selbst dem Erzfeind gegenüber armselig sich ausmacht. Zusätzlich ist es im höchsten Maße ungerecht, jemandem, an dem man sich sein Leben lang gerieben und abgearbeitet hat, die Ehre zu verweigern, festzustellen, daß er dafür immerhin für würdig befunden worden ist. Anders liegt der Fall nur bei Menschen, die der Autor oder das Presseorgan immer schon mit Mißachtung bestraft haben. Ein öffentlicher Nachruf braucht also in der Minimalversion nur die wesentlichen biographischen Daten aufzulisten. Soll er persönlicher und ausführlicher sein, hat er zu beachten, daß er sich mit diskreten Details zurückhält, denn er richtet sich an die Öffentlichkeit und der Verstorbene hat keine Möglichkeit mehr, sich dazu zu äußern. Das gilt insbesondere für objektiv unberechtigte Vereinnahmungen und übertriebene Darstellung eines Nähevehältnisses, welches in Wirklichkeit niemals bestanden hat, ein Phänomen, das leider in unserer eitlen Welt, in der immer wieder auch vom Nachrufer der Versuch unternommen wird, sich ungerechtfertigterweise mit den Lorbeeren des Toten zu schmücken und von seinem Ableben selbst zu profitieren, nicht selten vorkommt. Eingedenk dessen kann ebenfalls beim Nachruf einiges schiefgehen, aber der Wohlmeinende und Ehrliche hat ein relativ leichtes Spiel mit dieser Aufgabe.

Am Montag nun ist Achim Mentzel im Alter von nur 69 Jahren überraschend verstorben. Der Ostberliner Entertainer und Schlagersänger hat nicht nur in der DDR, sondern auch im vereinten Deutschland mit seiner unbändigen Lebenslust, seinem Humor und seiner Fähigkeit zur Selbstironie zu recht eine allgemeine Berühmheit erlangt. Er war ein Original. Was aber jetzt via Facebook vermeintliche Freunde wie Oliver Kalkhofe oder Jens Riwa verbreiten, ist geschmacklos und zeigt, welch‘ Geistes Kinder die Verfasser sind. Der so seriös daherkommende Riewa ruft Achim Mentzel „Tschüß, Hamsterfresse.“ nach, und Kalkhofe redet ihn mit „Zonen-Zausel“ an und wähnt ihn in Anspielung auf den Spreewald und einen Schlager Mentzels im „Gurkenhimmel“.

Hier offenbart sich augenscheinlich ein großes Mißverständnis. Zum einen ist Facebook öffentlich und zum zweiten ist Achim Mentzel tot. Wie auch immer man sich zu Lebzeiten unter Freunden, wenn es denn wirklich welche waren, angeredet oder übereinander gesprochen, worüber man auch immer gemeinsam gefrotzelt haben mag, es verbietet sich, nach dem Tod des Freundes damit fortzufahren. Selbst Kalkhofe und Riewa ist zu unterstellen, daß sie der Witwe Mentzels mit ihren handschriftlichen Beileidsbriefen nicht ihre Trauer und Anteilnahme wegen des Ablebens ihres „Zonen-Zausels“ und ihrer „Hamsterfresse“ ausdrücken.

Der Rückgang in Sachen Stil, Benehmen und Einfühlungsvermögen ist ein herber Verlust für unsere Kulturnation. Es ist aber auch nicht zu verkennen, daß ein so schnelles und flüchtiges Medium wie Facebook die Einhaltung guter alter Regeln nicht gerade befördert. Es läßt die Grenzen zwischen öffentlich und privat für die Nutzer offenbar verschwimmen. Schade! Der Welt geht ein Stück Würde verloren. Auch das ist leider ein Mosaikstein in der Beantwortung der Frage, warum wir zunehmend verrohen.

Nur, weil er grenzenlosen Humor, ein unerschütterliches Selbstvertrauen besaß und deshalb hart im Nehmen war, hat Achim Mentzel das nicht verdient. Ruhe in Frieden!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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