wolfsgeheul.eu vom 09.01.2018

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Was haben Kirchen mit Kegel- und Bowlingvereinen gemein?

Beide verlieren Mitglieder. Bei den Kugelschiebern vollzieht sich die Entwicklung aber weitaus drastischer. Zum Glück! Laut eines Artikels auf Spiegel-Online vom 02.01.2018 hat sich die Zahl in den letzten vier Jahrzehnten von rund 200.000 auf nunmehr 80.000, also um mehr als die Hälfte reduziert. Ein Verbandsfunktionär erklärt, daß Kegeln „total überaltert“ und ein Sport in geschlossenen Kellerräumen „nicht mehr zeitgemäß“ sei.

Das klingt nachvollziehbar. Ende November habe ich jedoch anläßlich einer Fortbildung etwas erlebt, das diesbezüglich zum Nachdenken Anlaß gibt. Die Steuerrechtsveranstaltung fand in einem Messe- und Konferenzzentrum, dem A2 Forum, in Rheda-Wiedenbrück, einem großen Multifunktionszweckbau statt. Parallel zu den circa 150 Rechtsanwälten gab es eine riesige Badausstellung und – jetzt kommt es – ein temporäres Dauerevent namens „EisSpielZeiten.de“. In einer Pause machte ich mich auf die Suche nach der Bedeutung von letzterem. In einem riesigen fensterlosen Raum im ersten Stock löste sich das Rätsel. Dort befanden sich acht Curlingbahnen, eine monströse Bar und ein großer Loungebereich. Mit echtem Eisboden? Natürlich nicht! Ein schwarzer Gummibelag ersetzte das gefrorene Wasser, welches dem Eisstockschießen sonst als Sportgrund dient und das Spiel so besonders und – speziell wenn es in den Alpenländern oder im hohen Norden auf Natureis draußen praktiziert wird – durchaus attraktiv macht. Einige mir vor offizieller Öffnung genehmigte Testwürfe zeigten, daß der Gleiteffekt nicht einmal im Ansatz mit dem Original vergleichbar ist. Es war vollkommen witzlos! Das konnte sich demnach nur um eine Totgeburt, eine der vielen erfolglosen Geschäftsideen handeln, war mein einziger Gedanke. Weit gefehlt! An zwei aufeinanderfolgenden Tagen strömtem ab sechszehn Uhr junge bis mittelalte Personen ein, die meist in Gruppen auftraten sowie guter Laune und mit Sportschuhen gewappnet waren. Wie kann ein solch‘ schwacher Abklatsch an einem derart profanen Ort die Massen anziehen!? Übrigens nicht nur in Rheda, sondern noch in drei weiteren Städten Ostwestfalens!? Und das bei immerhin fast zwanzig Euro pro Person für zwei Stunden.

Verstehe einer die neuzeitlichen Menschen!

Der Keglertod erscheint trotzdem unaufhaltsam. Vielleicht sollten sich die Kirchen aber einmal überlegen, ob sie nicht Curling anbieten, um ihre Mitglieder stärker zu binden. Die meisten Gotteshäuser wären sogar kalt genug, um Eisbahnen nahezu ganzjährig kostengünstig vorzuhalten.

Stock Heil und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: #FreeDeniz – 330 Tage in Unfreiheit -!

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wolfsgeheul.eu vom 12.07.2017

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„Wir möchten Sie bitten, weder zwischen den Musikstücken noch am Ende des Konzertes zu applaudieren. Danke!“

Diese Worte richtete der Organist der Universitätskirche zu Münster vor fast vierzig Jahren von der Empore an das Auditorium, bevor die Musiker zu spielen begannen. Genauso habe ich es noch sehr lange in Erinnerung, daß es sich nämlich früher nicht gehörte, in einem Gotteshaus für was auch immer anerkennend in Hände zu klatschen. Und da die Künstler um diese Zurückhaltung wußten, empfanden sie, deren Brot der Applaus eigentlich ist, es selbstverständlich nicht als Mißachtung ihrer Kunstfertigkeit, sondern akzeptierten gleichermaßen, daß es der Würde einer Kirche zuwiderläuft, sich derart ausgelassen zu geben.

Was ist seither geschehen, daß ein solch‘ guter Brauch nichts mehr gilt? Die Applausgesellschaft hält es offenbar nicht mehr aus, sich zu zügeln. Wie in den Konzertsälen leider ebenfalls fällt sie meist sogar noch in den letzten verklingenden Ton, als gäbe es nichts Wichtigeres, als sich lautvernehmlich zu freuen und zu bedanken. Ergriffenheit und stille Begeisterung scheinen hoffnungslos aus der Mode gekommen zu sein. Der Aktivbürger muß sich äußern, wenn er, was ihm zunehmend schwerer fällt, über längere Zeit zu stummem Zuhören gezwungen war. Da bricht sich dann sein Bewegungsdrang fast explosiv Bahn. Am besten klatscht man in jede Pause rein. Die häufig musikunkundigen Opernliebhaber haben es vorgemacht und mit ihrer Unart selbst den letzten Klassikwinkel infiziert.

Als wäre das nicht genug, tritt dieses äffische Benehmen jetzt auch noch seinen zweifelhaften Siegeszug bei den letzten Bastionen Hochzeit und – man will es kaum glauben – sogar Totenfeiern an. Wie gerade wieder bei dem Kohlgedenken erlebt, können selbst die Großen und Mächtigen dieser Welt nicht anders, als reflexartig den Musikern per lautem Klatschen ihre Anerkennung zu zollen, und verlieren dabei ganz offensichtlich den Anlaß der Zusammenkunft und den Grund für die obendrein meist traurige musikalische Untermalung aus den Augen.

Man wünscht sich in vielen Lebensbereichen die frühere Ruhe zurück, weiß aber, daß sich überwiegend die Entwicklung nicht zurückschrauben läßt. In nichtprofanierten Kirchen jedoch gibt es fürderhin einen Hausherren, der das Benehmen in seinen Gebäuden bestimmen kann. Die jeweiligen Priester könnten ihren Besuchern keine größere Freude machen oder bessere Lektion erteilen, als wieder für eine beruhigende, andachtsvolle Stille zu sorgen. Sicher bin ich mir, daß nicht nur Gottesgläubige dieses Erlebnis von feierlicher Ruhe sofort bzw. über kurz oder lang zu schätzen wüßten.

Gott braucht keine Claqueure! Und gute Musiker brauchen sie ebenfalls nicht, da sie genauso auf das Urteil von tumben Krachmachern verzichten können.

Gute, stille Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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