wolfsgeheul.eu vom 27.11.2016

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Kein vernünftiger Mensch würde sich bei trockenen drei Grad Außentemperatur in eine überdimensionale, plexiverglaste, künstlich erwärmte fliegende Holzhütte auf dem Markt in Aachen setzen und sich eine Flasche Weiß- oder Schaumwein im eisgefüllten Sektkühler am Stehtisch servieren lassen.

Aber mit gesundem Menschenverstand kommt man dem Schickimickiphänomen wohl nicht bei. Denn die oben beschriebene groteske Szene ist seit Jahren Alltag auf dem Aachener Weihnachtsmarkt. Die Idioten, die auf Sylt den Gosch bevölkern und glauben, es geschafft zu haben, weil sie überteuerte Fischbrötchen essen und billige Pino Grigio-Plörre mit Gosch-Branding trinken, brauchen ja überall eine Heimat. Hier ist es der Stand vom Feinkostgeschäft Dorn aus Paderborn, das unter das fahrende Volk gegangen ist und die schlichten Öcher Gourmetgemüter anzieht wie die Motten das Licht. Inmitten von überteuertem fernöstlichen Tand und dem einfachen Volk eine Sehen-und-Gesehenwerden-Oase für die Mittelklasse-High-Society!

Wenn ein Weihnachtsmarkt überhaupt Sinn ergibt, dann doch nur bei knackiger Kälte unter sternenklarem Himmel, was im übrigen auch die einzige Entschuldigung für heiße gepanschte Kopfschmerzmittel à la Glühwein darstellt. Sich dort in den Massen eine lauschige Ecke zu suchen und in vertrauter Runde bibbernd und plaudernd zusammenzustehen und Väterchen Frost eine blaue Stunde abzutrotzen, mag sogar ab und an amüsant sein. Aber Feinkost in der stickigen Bude am am besten noch telephonich vorreservierten Tischchen!?

Solche Lokalitäten haben, wenn überhaupt, nur deshalb eine Daseinsberechtigung, weil sie einem messerscharf anzeigen, wo die Menschen sind, mit denen man definitiv nichts gemein hat und mit denen man nicht unbedingt zusammentreffen möchte.

Insofern, danke Dorn! Einen solchen Neureichen- und Emporkömmlingsmagneten sollte es überall geben. Wie wäre es mit einem besonders stark anziehenden, ganzjährig aktiven Exemplar auf dem Mond?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 24.03.2015

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Ein Artikel in der heutigen FAZ im Wirtschaftsteil bringt mich auf das Thema „Fitneßstudio“.

Erschreckende – in meinen Augen – Zahlen! Neun Millionen Menschen sollen in Deutschland Kunden solcher Bewegungseinrichtungen sein, insbesondere in den skandinavischen Ländern, aber auch in den Niederlanden, vorgeblich in Relation zur Zielgruppe noch mehr!

Was bedeutet das für die Grundeinstellung in unseren westlichen Gesellschaften?

Es gibt so schöne Sportarten, die im übrigen mit den Jahreszeiten wechseln können und sollen. Keiner wird im Winter dem Wandern oder Segeln fröhnen, dafür viele dem Skifahren oder Eislaufen. Auch Tennis lebt vom Draußenspielen, aber selbst in Hallen ist es zur Erhaltung der Fertigkeiten möglich und spaßbringend. Golf fällt in den dunklen Monaten überwiegend flach, allein weil man, ähnlich wie beim Tennis, Büchsenlicht benötigt und der Untergrund eine Bespielbarkeit hergeben muß. Joggen – wenn man diesen Sport denn mag – und Mountainbiking geht fast immer, alles eine Frage der Ausrüstung und Kleidung! Selbst das unsägliche Nordic Walking – so sinnvoll und gesund es auch sein möge – funktioniert auch nahezu rund ums Jahr. Und dann sind da noch die Tage, an denen es die Verhältnisse nicht zulassen, überhaupt irgendetwas zu unternehmen, herrliche Momente der Entspannung und Demut. Der Mensch kann eben nicht alles beeinflussen, und selbst das schlechte Gewissen braucht so manches Mal ein Sondermahl, damit es Ruhe gibt und erträglich wird. Stattdessen fettes Essen und ein Glas des guten Roten ist in gleichem Maße ein sinnliches Erlebnis und dient der Ertüchtigung der Seele.

Also, was braucht es mehr?

Wie früher Obst und Gemüse in ihrer Verfügbarkeit den jahreszeitlich wechselden klimatischen Verhältnissen folgten und nur zu ihrer Zeit verfügbar waren, so gab und gibt es auch den jeweiligen Sport für jede Jahreszeit. Es braucht also eigentlich keine Ergänzung, um fit und gestählt durchs Jahr zu kommen. Stattdessen boomen die Fitneßstudios als eine reine Indoorbetätigung und im übrigen gaukeln sie – von dem reinen Gewichtheben einmal abgesehen – den eigentlichen Sport nur vor, man läuft auf dem Laufband, man radelt im Stehen und tanzt nicht mit Partnern, sondern synchron in der Herde, ohne daß es auf das Miteinander ansonsten ankäme. Im schlimmsten Fall anonym nebeneinanderher! Wenn man dann noch mit einbezieht, daß mutmaßlich überwiegend Leistungsträger Kunden dieser Isolationsselbstfolterbetätigungen sind, muß einen das meines Erachtens beunruhigen. Unsere Gesellschaft wird also maßgeblich betrieben und gelenkt von Menschen, die in synthetischen und vom realen Leben abgekoppelten Welten sich bewegen und die die Erhaltung ihrer Gesundheit nicht mit einem sinnlichen, kompetetiven und interaktiven Erlebnis verbinden wollen, sondern sich mit der Ergebniserzielung eines meßbaren Erfolges zufriedengeben.

Toll, da sind wir nicht weit vom Roboter entfernt! Kein Wunder, daß unsere Welt kälter wird!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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