„Lieber Gott, schenke mir bitte einen humoristisch-satirischen Einfall!“.
Dieses Stoßgebet sende ich seit Tagen gen Himmel, weil leider die trüben Themen nicht ausgehen und Lachen doch immer noch die beste Medizin ist. Allein, mein Herrgott erhört mich nicht.
Einzig die Kanzlerin sorgte bei mir für ein eher bitteres Grinsen mit ein bißchen grotesker Realsatire. Habe ich sie gestern noch gelobt für ihren Heidenau-Besuch, mußte ich heute erfahren, daß sie auf ihrer Sommertour ohnehin in Sachsen einen Termin hatte. Und man glaubt es nicht: Sie und der sächsische Ministerpräsident haben heute am Nachmittag in Glashütte planmäßig den Manufakturneubau der Firma A. Lange & Söhne eingeweiht. Damit kein Zweifel aufkommt: Ich liebe diese Firma und ihre Produkte, sie ist ein Fanal für den Sieg über den DDR-Kommunismus und seine jede Eigeninitiative abgetötet habende Verstaatlichung und hat es absolut zu Recht wieder zu Weltruhm gebracht. Solange aber die Erben, Scheichs, Russen und Chinesen auf unserem Globus noch über ausreichend Geld verfügen, brauchen wir uns um dieses Unternehmen keine Sorgen zu machen. Die preiswerteste Uhr kostet heute 20.000 Euro. Sie ist übrigens fast baugleich mit einer Uhr, die vor rund zwanzig Jahren vorgestellt wurde und damals knapp 12.000 DM gekostet hat. Mehr muß man nicht sagen. Als die Kanzlerin die Deutschlandreise plante bzw. jedenfalls lange vor dem heutigen Termin war aber bereits bekannt, daß Sachsen ganz andere Probleme hat, sie also Sinnvolleres hätte planen müssen, als Luxuswecker für die Connaisseure dieser Welt zu würdigen. Schade allerdings, daß sie den Heidenau-Termin in den Vormittag quetschte, hätte sie doch sonst jedem Flüchtling als Gastgeschenk und dem Bürgermeister in Würdigung seiner Verdienste eine Lange-Uhr mitbringen können. Instinklosigkeit ist, wenn es stinkt, und man trotzdem lacht!
In Ansehung meiner Humorkrise wollte ich aber eigentlich ein gleichwertiges Rezept vorschlagen. „Siesta“! Vom Spanier lernen, heißt Siegen lernen! Das könnte doch sein. Unbestreitbar scheint mir nämlich die Tatsache, daß die hektische Betriebsamkeit unserer globalen Welt in wesentlichen Bereichen nicht zum Guten führt und damit keine signifikanten Vorteile, ja vielleicht sogar Nachteile zur leichteren Lebensart beinhaltet und zur Folge hat. Was spricht also dagegen, der Rastlosigkeit einfach einmal das Mittagsschläfchen entgegenzusetzen!? Einen Versuch wäre es wert, ob der Mensch, wenn er sich kollektiv täglich Momente der Besinnung gönnt, nicht mit seinem Handeln bessere Ergebnisse erzielen kann.
Da platzt dann aber ein kleiner Artikel in „Natur und Wissenschaft“ der heutigen FAZ dazwischen, der relativ kritiklos, so die Überschrift, „Eine „sichere“ Arznei fürs Hirndoping“ und Studien, die belegen sollen, daß die Anführungszeichen eigentlich sogar weggelassen werden könnten, beschreibt. Es handelt sich um Modafilin, das übrigens schon seit 1998 auf dem amerikanischen Markt gegen Narkolepsie eingesetzt wird und nicht neu ist. Auch nicht neu ist, daß es nebenbei bei gesunden Menschen die Leistungsfähigkeit erhöht, was auch der amerikanische Journalist David Plotz im Jahre 2003 durch einen dokumentierten Selbstversuch nachgewiesen und gleichzeitig aber erklärt hat, in Zukunft lieber darauf verzichten zu wollen. Der deutsche Journalist Jörg auf dem Hövel resümiert einen gleichen Versuch mit „Merkfähiger oder gar kreativer macht sie nicht, eher breitet sich Fließbandatmosphäre im geistigen Raum aus.“. Von den grundsätzlichen Bedenken gegen chemisches Doping für den Leistungsträger unserer Zeit einmal abgesehen, scheint also auch die Wirksamkeit umstritten und im Verdacht, so eine Art Roboterwesen zu erzeugen. Das wiederum könnte die soziale Kälte und Emotionslosigkeit vieler dieser Personen erklären.
Was aber bringt die FAZ dazu, gewollt oder ungewollt dieses altbekannte Mittel jetzt quasi zu bewerben und Menschen, die diese Möglichkeit noch nicht kannten, damit erst auf den Geschmack zu bringen. Wir kennen ja vom Feuilleton die teilweise „geheimen“ Botschaften in den Überschriften. Das ist subtil. Die kleine „Hilfe“ für den Pharmakonzern aber, läßt die eventuell tief blicken?
Finger weg von Modafilin! Dann doch lieber Siesta!
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf