wolfsgeheul.eu vom 30.08.2016

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„Mein Gott, jetzt hab ich’s!“ – „Heureka!“!

Stand ich beim Schreiben meiner letzten Kolumne ob der kollektiven Stille unseres gesellschaftlichen Mittelbaus noch etwas ratlos da, bin ich nach dem gestrigen Abend ein gutes Stück schlauer!

Der Besuch von Rockkonzerten mit Altachtundsechziger-Bands ist eine moderne Form des Ablaßhandels für unser schweigendes Bürgertum! Es kauft sich durch das Anhören und Mitträllern dröhnender Musik mit kritischen Texten vom eigenen lautstarken Aufbegehren frei, entrichtet seinen Obolus für ansonsten fehlende Zivilcourage und hat obendrein einen geselligen Abend. Im Käfig

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mit Gleichgesinnten singt man unter volksmusikartigem – eigentlich, so dachte ich, vom Bildungsbürger verhaßt, aber hier geht es offenbar um die gute Sache, so daß Ausnahmen gerechtfertigt zu sein scheinen – Klatschen die alten Protestsongs ab und geht befriedigt nach Hause. Das reicht dann wieder für eine gewisse Zeit, um den Rest seiner ungeliebten Berufstätigkeit auszuüben, die nörgelnde Alte bzw. den verfetteten und/oder spießigen Alten zu ertragen, die mißratenen Kinder zu goutieren und dem Ruhestand entgegenzudämmern. Bappt man dann noch einen „Tihange abschalten“-Aufkleber ans Auto und neben die Klingel am kleinen Häuschen mit dem Keramikschild „Hier wohnen Karin, Klaus, Kevin, Kira und Bello“, braucht man sich um die restlichen Probleme im Lande nicht mehr so nachdrücklich zu kümmern. Man hat sich einmal wieder öffentlich unter und mit Brüdern und Schwestern im Geiste bekannt und damit schon mehr als manch anderer getan.

Wie komme ich darauf? Gestern bin ich trotz – wie zumeist – versäumter rechtzeitiger Akkreditierung als Pressevertreter  ins „Da Capo“- Montagskonzert, dem Anhängsel zum kompletten Wochenende „Kurpark Classix“ in Aachen – sehr erfolgreich(s. auch Kolumne v. 18.06.2015) und dieses Jahr erstaunlicherweise ohne den traditionellen Öcher Reen – mit der alten Kölschrockformation „BAP“ als immer schon eher ungeübter Besucher solcher Veranstaltungen reingerutscht. Zugegebenermaßen eine Gruppe, mit der ich in deren Anfängen großgeworden bin! Die erste – und vielleicht beste – ernstzunehmende Platte „affjetaut“ von 1980 steht heute noch in meinem Schrank und wird ab und zu abgespielt. Die Sitzplatzkarte, die ich benutzen durfte, auf der mittig vor der Bühne aufgebauten Tribüne – eigentlich ein Nogo bei Popkonzerten – hätte 54,70 Euro gekostet, und die seitlichen Rasenstehplätze, auf denen, je weiter man nach außen ging, die Musik zunehmend wie aus dem Kofferradio klang, schlugen immerhin noch mit 43,00 Euro zu Buche. Ablaß war eben noch nie zu Discounttarifen zu haben. Im Zentrum des Klangorkanes – breiig, übersteuert und fast zu laut – holte man sich die Absolution auf Klappstühlen ab und zahlte zusätzlich mit einer temporären Taubheit. Da war es außen nicht nur günstiger, sondern auch gesünder, weil fast angenehm leiser.

Es ist schon ein merkwürdiges Bild, ein Heer – es sollen 4500 Besucher gewesen sein – von Graukappen in kontrollierter Ekstase zu erleben, während vorne ein kleiner kauderwelschender Rentner aus Kölle – Wolfgang Niedecken ist bereits 65 Jahre alt –

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in etwas gebückter Haltung auf dem Niveau einer besseren Schülerband unterschiedlichste, von Bütteln gereichte Gitarren traktierte. Auch die sonstige musikalische Leistung – aber bei einer so „hochpolitisch“ mundartlichen Musikgruppe kommt es ja ohnehin mehr auf die Texte an, die allerdings kaum einer versteht, geschweige denn beherzigt – hielt sich in etwa auf diesem Level. Ein verhindeter Rick Wakeman an den Keyboards und ein Perkussionist, der mehrere Angebote, eine veritable Schlagzeugsession abzuliefern, wie es auf Rockkonzerten Usus ist und zu den Highlights gehört, zwar annahm, aber eher kläglich scheiterte! Der Gitarrist war nicht signifikant besser. Die Beste – ein echter Lichtblick – war noch das musikalische Multitalent aus Dresden, Anne de Wolff, mit virtuoser Geige, Posaune, toller Stimme etc.. Ein Hoch auf die Wiedervereinigung und die phantastische kölsche Integrationskraft!

Was bleibt? Ein paar politische Statements des Bandleaders wie das lapidare „Wenn die amerikanische Wahl schiefgeht, müssen wir uns aber ganz warm anziehen.“! Ob er Trump oder Clinton meinte, blieb offen. Trotzdem: Applaus! Ein Bericht über seinen letzten Marokko-Urlaub – wo und wie edel oder einfach er dort abstieg, hat er nicht erzählt – und das vor Ort gesehene Elend mit Hinführung zu einem von der Band beförderten Projekt für die Reintegration von Kindersoldaten und Zwangsprostituierten! Egal, Respekt! Sympathische Momente bei der Mitsinganleitung „Der Kölsche kennt kein „g“.“ für das bekannte Lied „Jraduss“. Und durchaus Gänsehautmomente bei „Kristallnaach“ von 1982(!) oder „Arsch huh, Zäng ussenander“ aus dem Jahre 1992! Solange gibt es schon den kulturellen Kampf gegen Rechts! War aber eben auch wieder nur eine Art Rockkonzert! Und was hat es bewirkt!? Leider viel zu wenig!

Nichts für ungut, BAP! Ich mag euch, und mehr könnt ihr mit eurer Begabung auch nicht leisten! Aber, liebe Besucher des Konzerts: Ein bißchen Schunkeln und die alten Parolen intonieren ändert an der heutigen mißlichen Lage wenig bis nichts. Bürger, der Kampf um die Freiheit geht (immer) weiter!

BAP hat recht!

„Wenn mir dä Arsch nit huh krieje,
ess et eines Daachs zu spät.“

In diesem Sinne

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 21.08.2016

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Burka die Dritte!

Es erscheint mir notwendig, dem Thema auch noch einmal etwas seriöser nachzuspüren. Klar dürfte geworden sein, daß ich das gesellschaftspolitische Geklingel der letzten Tage für vollkommen überflüssig halte. Wir haben erstens andere Sorgen und zweitens wäre es eine Schande, opferten wir unsere Freiheit auf dem Altar des Populismus.

Wer sich verhüllen will und/oder muß, soll und muß das tun dürfen. Basta!

Selbstredend können und sollten wir verlangen, daß man im Auto, in der Schule und vor Gericht verpflichtet ist, Gesicht zu zeigen. Das ist unverhandelbar. Darüberhinaus aber ist erlaubt, was gefällt. Der Staat ist auch nicht für das Glück oder Unglück seiner Bürger verantwortlich. Ob ein Mann nun seine Frau zwingt, ohne Schlüpfer – pardon – unterm Rock sich in der Öffentlichkeit zu bewegen oder mit Burka, betrifft deren ureigensten Bereich, und es gehören immer Zwei dazu, der, der es will und fordert, und der, der diesem Wunsche, dieser Forderung in freier Willensentscheidung nachkommt.

Insofern hat der Imam von Italien vollkommen recht, wenn er auf seiner Facebook-Seite kommentarlos das Bild( http://diepresse.com/home/panorama/welt/5072036/Imam-entfacht-mit-Foto-planschender-Nonnen-BurkiniDebatte ) von Nonnen in Ordenstracht, die sich am Meer ihre baren Füße und Beine netzen, zeigt. Da hat der Burkini sogar den Vorteil, daß man sich mit ihm den Freuden des Badens hingeben kann, was eine Kutte wohl eher nicht erlaubt. Ebenfalls ist dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei(GdP), Jörg Radek, beizupflichten, der sagt, die Polizei interessiere die Burka einzig bei der Identitätsfeststellung und Verbote seien dementsprechend „Symbolpolitik“.

Was unsere Innenminister zur Zeit veranstalten, ist nichts als primitives Säbelrasseln, um das Mütchen der verunsicherten und aufgebrachten Bürger zu kühlen. Und damit ist es billiges Wahlkampfkalkül, was sich im übrigen allerdings trotzdem in den aktuellen Umfragen sogar positiv auswirkt, wenn man sieht, daß die AfD dadurch von dem/ihrem Thema nicht nur nicht mehr profitiert, sondern im Gegenteil eher an Zustimmung verliert. Darin könnte man sogar eine Rechtfertigung für das Vorgehen sehen, es bleibt aber plump und ist Ausdruck der Politikerfeigheit, die eine ersnthafte und sachliche Auseinandersetzung mit dem Wähler scheut.

Und was tut die Presse? „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“! Ja, liebe FAZ, bei deinen Lesern mag das vielleicht stimmen, aber ihr habt auf Herausgeberseite leider bis heute den dummen Scharfmacher vom grünen Tisch im Elfenbeinturm, Berthold Kohler, dessen teilweise Beliebtheit bei der Leserschaft beweist, daß es auch dort mit der Klugheit nicht zwingend sehr weit her sein muß. Die Burka in der Samstagsausgabe als „Symbol für einen schon an seinen Grenzen allzu offenen und machtlos erscheinenden Staat“ zu bezeichnen, offenbart den aufwiegelnd konfliktlüsternen Schreibtischtäter, der er einzig ist. Sein erbärmliches Niveau steht der renommierten FAZ wirklich schlecht zu Gesicht. Nicht besser ist ein Michael Handfeld, der im Feuilleton derselben Zeitung die natürlich unbelegte Behauptung der Verbotskritiker, es gebe in Deutschland höchstens einhundert Burkaträgerinnen, mit dem Hinweis zu widerlegen versucht, allein ein Gang durch München, Garmisch-Patenkirchen und Bad Godesberg bewiese das Gegenteil. Richtig, Herr Handfeld, daß sind genau die Damen, die die dortige Wirtschaft kräftig ankurbeln, mit ihren Männern in den Fünf-Sterne-Hotels absteigen, die teuren Privatkliniken aufsuchen und Rolexuhren, Prada-Taschen und – sicherlich – die teuersten Dessous erwerben, damit hinter verschlossenen Türen ordentlich die Post abgehen kann. Zur Ehrenrettung der FAZ sei ergänzt, daß auf der ersten Innenseite in einem kurzen Randartikel unter dem Kürzel „ahan“ ganz nüchtern darauf hingewiesen wird, daß mit der deutschen Verfassungsjurisprudenz ein generelles Burkaverbot niemals vereinbar sei, weil dem der „hohe Stellenwert der Religionsfreiheit  im Grundgesetz“ entgegenstehe. So ist es! Umso schlimmer, daß in derselben Ausgabe zwei Eiferer dies ignorierend ihre unhaltbaren Ansichten mit Billigung der Redaktionskonferenz trotzdem veröffentlichen dürfen!

Ende der Debatte!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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