„dünne, gebratene Scheibe Fleisch von der Keule od. Schulter“! Genauso definiert die oberste Instanz, der Wahrig, in einer älteren Auflage ein „Schnitzel“. Ein „Rippenstück“ sagt knapp ein etwa gleichalter Duden aus dem Jahre 1973, den ich in von mir als Zweifelsfragen erachteten respektive erkannten Fällen auch für diese Kolumne zu Rate ziehe. Der aktuelle Duden ergänzt wie folgt: „dünne Scheibe Kalb-, Schweine-, Puten- oder Hähnchenfleisch, die (oft paniert) in der Pfanne gebraten wird“, hinsichtlich der unterschiedlichen Fleischsorten demnach nur eine Anpassung an den Zeitgeschmack. Fest steht aber, daß ohne Wenn und Aber dem Schnitzel immanent und es für ein solches konstitutiv ist, daß es aus Fleisch besteht. Eine dünne Auberginenscheibe, die ich, ob mit oder ohne Panade, brate, kann also niemals ein Schnitzel sein.
Daß die „Rügenwalder Mühle“ kein Mehl und/oder Brot produziert, wissen all‘ diejenigen – und das sind nicht nur die aus Pommern Vertriebenen -, die mit ihrer berühmten Teewurst aufgewachsen sind. Wir haben uns von dem Logo auch schon deshalb nicht täuschen lassen, weil wir die Windmühlenflügel immer schon als gekreuzte Würste erkannt haben. Und so wurden Generation von der Streichwurst geprägt, so eindeutig, daß man von dieser inzwischen zum großen Industrieunternehmen angewachsenen Fleischerei, die im letzten Jahr sogar mit einer massiven Kartellstrafe wegen illegaler Preisabsprachen als ehrenwertes Mitglied der Fleischmafia geadelt wurde, nichts anderes als tierische Produkte erwartet.
Nun wissen wir alle, daß Fleisch – gerade das der Großhersteller -, ob berechtigt oder nicht, mehr und mehr in die Defensive gerät und zum Teil – insbesondere von humorlosen, hohlwangigen Puritanern – geradezu verteufelt wird. Aber anstatt sich in Demut zu beugen, sich auf einen langsamen Tod einzustellen und das verbleibende Feld den redlichen Kleinerzeugern zu überlassen, die für gutes Geld auch verläßlich gute Ware liefern, kämpft man den Kampf um die Pfründen und zugestandenermaßen auch um die Arbeitsplätze mit allen Mitteln. Besonders kreativ ist hierbei die „Rügenwalder Mühle“, die auf die genial idiotische Idee verfallen ist, vegetarische Produkte mit „fleischlichem“ Aussehen und – noch wagemutiger – „fleischlichen“ Namen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Da ist es also, das „Vegetarische Mühlenschnitzel“! Eine contradictio in adiecto! Und als reiche diese Lüge noch nicht, gibt es sie nicht nur in der Ausführung „klassisch“, sondern auch gleich doppelt falsch als „Cordon Bleu“. Und das ganze wird in einer aufwendigen Plastikverpackung vertrieben, auf der groß die bekannten Kreuzwürste, statt zum Beispiel zweier Zuccini Wind machen. Realsatire!
Jetzt könnte man sagen, daß sich das Thema ohnehin in Kürze erledigt haben wird, weil der vegetarische Kunde von solchen Produkten aus solchen Häusern sowieso nichts wissen will. Vom Gegenteil wird aber eher auszugehen sein. Der verlogene, genußfeindliche und faule Luxusvegetarier dürfte mutmaßlich begeistert zugreifen. Aber warum? Weil der vegetarische Anfänger wohl auf den gewohnten Auftritt von Fleisch nicht verzichten will. Wie bigott! Als nächstes sehe ich den fleischlosen Schweinshaxenbausatz als Rügenwalder-Mühlen-Revolution vor mir, bestehend aus einem in Knochenform gedrehten, ausgehöhlten, unbehandelten Buchenholz und der Hühnereiweiß-Rapsöl-Soja-Pampe – daraus bestehen nach Angabe des Herstellers auch die „Schnitzel“ -, die man beliebig dick und geformt um den Knochen drapieren, in den Ofen schieben und braun brutzeln kann. Dazu empfiehlt der Hersteller eine Soße mit Mäusespeckwürfeln. Und der Familienanarchist kann eventuell den Knochenhohlraum mit feiner Teewurst füllen und als vegetarisches Mark verkaufen!?
Man sollte nach Frankreich auswandern, damit man Leute, die vegetarische „Schnitzel“ kaufen und essen, nicht sehen muß. Oder gibt es dort auch schon so einen abartigen Blödsinn?
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf