wolfsgeheul.eu vom 22.11.2015

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Der Drang nach Besonderheit treibt zuweilen skurrile Blüten!

Im Stellenmarkt der Samstags-FAZ findet sich die auffällige, mittelgroße Annonce einer mir bis dato und mutmaßlich allgemein recht unbekannten Firma namens JDC GmbH aus Pforzheim, offenbar einer SAP-Beratungsgesellschaft. Die Firmenbeschreibung in der Anzeige gibt kaum Aufschluß über Details des Unternehmens, auch die karge Homepage macht einen diesbezüglich nicht wesentlich schlauer. Sei es drum! Jeder, wie er mag!

Sie sucht jedenfalls einen SAP-Nachwuchsberater(m/w), der sich für „Wirtschaftslehre und Informatik begeistern“ kann! So weit, so langweilig! Über der Annonce finden sich aber namentlich unterzeichnet die Porträts von Giacomo Casanova und Sir Isaac Newton. Den Bezug bildet die Haupt-Personenbeschreibung „WENN SIE ETWAS VON BEIDEN HABEN, SIND SIE BEI UNS GENAU RICHTIG.“.

Was will man uns damit sagen!?

Zunächst einmal dürften sich weibliche AGG-Hopper die Hände reiben, denn eine Mischung aus zwei Männern ergibt wohl seltenst eine Frau. Oder gilt nach aktueller Lesart etwa bereits „Mann mal Mann gleich Frau“!? Auch die Tatsache, daß Casanova auf dem Porträt wie eine herbe Frau mit Doppelkinn wirkt, wird der Inserentin nicht maßgeblich gegen den Diskriminierungsvorwurf helfen.

Was soll aber nun der Kandidat mitbringen?

Casanova studierte beide Rechte in Padua und wurde zum „Dr. iur. utr.“ promoviert. Als SAP-Berater ist er meines Wissens eher nicht aufgefallen. Das kann aber nur bedeuten, daß die Pforzheimer Firma konkret einen Weiberhelden sucht. Das nenne ich einmal innovativ, denn die biederen Unternehmen von Gestern waren eher an Menschen in gesicherten Beziehungen interessiert.

Und Newton? Mutmaßlich homosexuell, ein Neurotiker mit schweren psychischen Problemen, ein oft zerstreuter Mann, ein streitbarer Kritiker, der jedoch immerhin seine Meriten auch in der Mathematik verdient hat! Trotzdem erscheint es höchst zweifelhaft, daß er in heutiger Zeit SAP-Berater geworden wäre!

Auf die Sexualgewohnheiten reduziert, was einzig einleuchtend erscheint, sucht man also wohl einen bisexuellen, promiskuitiven jungen Mann mit Hang zu Wirtschaftslehre und Informatik. Endlich einmal eine Personenbeschreibung, bei der sich der Kandidat so geben kann, wie er ist! Allein, es bleiben Zweifel, daß überhaupt potentielle Bewerber existieren, die diese doch recht speziellen Anforderungen sämtlich zu erfüllen vermögen. Und welcher Kunde sucht eigentlich genau dieses Profil bei seinen Beratern!?

Kurz springen ist schon peinlich, aber kurz denken ist zutiefst blamabel! Wenn ich ein SAP-Beratungsunternehmen bräuchte, wüßte ich, welches ich nicht näher in Betracht zöge.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 19.11.2015

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So wie es in den letzten Tagen durch den Blätterwald rauscht, kommen ernsthafte Zweifel daran auf, ob tatsächlich allen am Erhalt der Freiheit aufrichtig gelegen ist oder Kakophonie und sensationslüsterne Panikmache im Vordergrund stehen.

Die, die unisono „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ gebrüllt haben, übertreffen sich jetzt gegenseitig mit unkonstruktivem und verunsicherndem Thesenwirrwarr. Da wird nicht nur in unverantwortlicher Weise der „Weltkrieg“(s. Kolumne vom 15.11.2015) beschworen und erklärt, von „Ausnahmezustand“, „Notstand“, „Verteidigungsfall“ etc. gefaselt, in widerlicherweise nach Fehlern der Behörden gesucht, sondern auch die Einschränkung von Freiheiten prognostiziert und herbeigeredet.

Einen traurigen Höhepunkt bietet Christian Geyer – mein Jahrgang übrigens – mit seinem gestrigen Artikel „Notstand? Warum eigentlich nicht?“ im Feuilleton der FAZ. In der Subüberschrift fragt er „Champagner schlürfend dem Terror trotzen – sieht so westliche Freiheit aus?“ und stellt fest „Es gibt kein Menschenrecht auf Unbeschwertheit.“. Sein kryptischer und durchweg hinsichtlich der Stoßrichtung und Argumentation unverständlicher Artikel schließt mit seiner Antwort auf die in der Überschrift selbst gestellte Frage in Form der komprimierten Unsinnigheit folgender Feststellung: „Der Staat muss die Freiheit verteidigen, indem er sie seinen Bürgern beschneidet.“.

Inspiriert haben Geyer offenbar die Cover-Karikatur der aktuellen Charlie Hebdo-Ausgabe, die einen tanzenden Mann zeigt, der Champagner in sich hineinschüttet, der ihm im Strahl aus den diversen Einschußlöchern in seinem Körper wieder herausschießt, Text: „ILS ONT LES ARMES“ – „ON LES EMMERDE; ON A LE CHAMPAGNE!“, sowie die Aufforderung der Satiriker im Editoral, man solle auf diese Weise dem Terror begegnen und den Terroristen damit zeigen, daß sie nichts mit ihren Taten erreichen.

Charlie zeigt uns zunächst bildhaft, daß wir selbstverständlich frei sind, weiterhin ungebremst unseren Champus zu saufen. Ferner fordert er uns auf, offensiv öffentlich so Präsenz zu zeigen, um dem IS die Untauglichkeit seines Tuns vor Augen zu führen.

Letzteres obliegt natürlich unserer freien Entscheidung, denn das ist ja das Großartige an der Freiheit, daß sie uns nicht nur gestattet, alles Erlaubte zu tun, sondern es auch genausogut zu lassen. Und das ändert sich nach den Anschlägen in keinster Weise. Jeder Schritt vor das Haus und natürlich erst recht jeder Besuch einer Massenveranstaltung waren seit jeher mit nicht ausschließbaren Risiken verbunden. Das wird auch weiterhin so sein, eventuell aber mit erhöhtem Risiko. Da können die Sicherheitsbehörden noch so gewissenhaft arbeiten, gegen Irre und/oder klug agierende Terroristen gibt es keine endgültigen Mittel zu ihrer Entschärfung. Einzig da, wo Veranstaltungen von einer behördlichen Genehmigung – auch und gerade wegen der Plicht des Staates, deren Sicherheit zu gewährleisten – abhängen, sind Veränderung derart zu erwarten, daß manche von ihnen in nächster Zeit nicht durchgeführt werden können. Angesichts der absolut überzogenen Vielzahl solcher Verlustigungen unserer Freizeitgesellschaft müßte das verkraftbar sein. Und daß bei denen, die gleichwohl stattfinden werden können, verschärfte Kontrollen zu erwarten sind, hat rein garnichts mit Beschneidung von Freiheiten zu tun., da nur der sich ihnen unterwerfen muß, der sich die Freiheit nimmt, die jeweilige Veranstaltung besuchen zu wollen.

Geyers Gedanken springen gleichsam zu kurz wie zu weit. Erstens scheint er in überraschender Einfältigkeit wegen Sicherheitsbedenken ausfallende Veranstaltungen als Freiheitsbeschränkung anzusehen, und zweitens scheint ihm jedes freiheitsbeschränkende Mittel recht zu sein, damit er weiterhin seine mißverständlicherweise offenbar als Freiheit empfundene Vielfalt von Events vorfinden und aus ihnen auswählen kann.

Selbstredend hat der Staat die Pflicht, die Sicherheit seiner Bevölkerung zu gewährleisten, aber niemand kann von ihm erwarten, geschweige denn verlangen, daß er uns eine Garantie für Unversehrtheit gibt.

Und ein freiheitlicher Staat hat alles dafür zu tun, daß die allgemeine und die individuelle Freiheit erhalten bleiben. Ernsthafte Beschneidungen der Freiheit verbieten sich, will der freiheitliche Staat nicht in seiner Wesensart sich grundsätzlich verändern und damit seinen Namen nicht mehr verdienen. Das zu beachten, ist seine vornehmste Aufgabe.

Prost, Herr Geyer! Heben wir unsere Champagnerkelche und trinken auf die Freiheit und deren Erhalt! Vielleicht gehen sie nicht mehr zum Fußball oder zum Weihnachtsmarkt, vielleicht sogar weil die von ihnen avisierten Ereignisse abgesagt werden!? Aber glauben sie mir, daran liegt keine Beschneidung ihrer Freiheit, und der Verlust an Freizeitvergnügen, auf das tatsächlich kein Recht, geschweige denn ein Menschenrecht besteht, sei es aus Selbstbeschränkung oder Nichtverfügbarkeit, wird sich in Grenzen halten und verschmerzen lassen. Die Wahrscheinlichkeit im Straßenverkehr oder durch Krankheit sein Leben zu verlieren wird unverändert signifikant höher bleiben, als die, zum Beispiel von IS-Kugeln durchsiebt zu werden. Der Champagner bleibt also bis auf weiteres drin. Und die gewonnene freie Zeit könnten sie nutzen, demnächst etwas länger nachzudenken, bevor sie einen Artikel veröffentlichen.

Und, liebe Journalisten, hört endlich auf mit eurer Panikmache und euren sonstigen unausgegorenen Äußerungen, die übrigens wenig erstaunlicherweise heute so und morgen ganz anders ausfallen. Tageszeitung heißt doch nicht, jeden Tag eine neue Meinung feilzubieten. Fundierte Meinungen stehen länger, müssen allenfalls verfeinert und ergänzt werden. Bevor man sie aber über den Haufen wirft, muß der Sturm der Richtigkeit der Gegenargumente schon sehr stark wehen, ansonsten die Meinung nie werthaltig war.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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