wolfsgeheul.eu vom 24.08.2015

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Deutschland kommt mit seinen Flüchtlingen und dem braunen Mob nicht zur Ruhe. Auch wenn in Baden-Würtemberg wieder ein Asylbewerberheim gebrannt hat – Brandstiftung nicht ausgeschlossen – und – Gipfel des Hasses und Ausdruck eines Totalverlustes an Grundeigenschaften eines zivilisierten Menschen und einer Verrohung, die nicht einmal im Tierreich eine Entsprechung fände, also nur unmenschlich ist – zwei polizeibekannte, besoffene Rechtsradikale in Berlin auf die Kinder einer Migrantin uriniert haben, kommt der Freistaat Sachsen nicht nur nicht aus den Schlagzeilen, sondern macht weiter in extrem unrühmlicher Weise mit den Vorfällen in Heidenau auf sich aufmerksam. Was auch immer die Politik jetzt anfallartig tut, sie hat viel zu lange geschwiegen und wenig bis nichts dagegen unternommen und hinkt somit meilenweit hinterher. So hat gerade der in den Ruhestand gegangene, seit der Wende amtiert habende Oberbürgermeister – ein Lionsfreund von mir, dem ich unterstellen kann, diesbezüglich immer das Beste gewollt zu haben – der Großen Kreisstadt Limbach-Oberfrohna, wo ich fünfzehn Jahre lang gelebt und gearbeitet habe, zugegeben, daß er es im nachhinein als Fehler ansieht, gegen den Rechtsradikalismus nicht früher härter vorgegangen zu sein. Ein Eingeständnis, das zwar eine verpaßte Chance bedeutet, mir aber gleichwohl Respekt abringt und ein richtiges Signal setzt! Die mit Heidenau vergleichbaren Vorfälle in Rostock-Lichtenhagen jähren sich nämlich gerade zum dreiundzwanzigsten Male. Und was wurde seither getan?

Wegen der auffälligen sächsischen Häufung findet man immer mehr Artikel, die sich an der Antwort auf die Frage „Warum gerade Sachsen?“ versuchen. Bei allem, was ich diesbezüglich bisher gelesen habe, kann ich mich des Eindruckes – genauer habe ich bis jetzt nicht eruiert – nicht erwehren, daß der jeweilige Autor zwar zum Teil gute Beobachtungen wiedergibt und richtige Schlüsse daraus zieht, es aber an einer fundierten Insider-Kenntnis  des Landes und seiner Bürger fehlt, so daß sie entweder zu kurz springen oder sogar am Thema vorbeigehen. Schon vielfach(s. Kolumnen v. 07.04., 13.04., 08.07., 12.08. 2015) habe ich diesbezüglich meine Analysen und Ansichten geäußert.

Jetzt bekomme ich mit, daß am Gymnasium obig benannter Stadt, für die Lehrerschaft zu Schulbeginn erstmalig ein Projekttag zum Thema „Rechtsextremistische Erscheinungen im Schulalltag“ abgehalten wurde. Recht so! In der Schule liegt der Schlüssel. Gegen rechtsradikale bzw. linke oder rechte nationalkonservative Haltungen im Elternhaus kann der Staat wenig bis gar nichts unternehmen. Aber an den Schulen kann und muß den Kindern das Rüstzeug vermittelt werden, daß Immunität gegen Hass und Extremismus verschafft. Natürlich gilt das gleichermaßen für alle anderen Institutionen, die mit Kindern umgehen.

Meine 22-jährige Tochter, die selbst Grundschullehramt studiert, habe ich gefragt, was sie diesbezüglich lernt und an was sie sich im Vergleich dazu diesen Themenbereich betreffend aus ihrer eigenen sächsischen Schulzeit – auf das sächsische Schulsystem lasse ich ansonsten nichts kommen – erinnern kann. Da klaffen nahezu Welten! An den Universitäten in Bayern – nur da habe ich Einblick – lernen zukünftige Lehrer für Sachkunde, wie sie ab der ersten Klasse zu Werten und Demokratie erziehen und den Komplex „Die Welt bei uns und wir in der Welt“  und Europa vermitteln. Am Gymnasium wird das Themenfeld dann in Gemeinschaftskunde vertieft. Bei meiner Tochter wurde hier und da auch darüber gesprochen, selbst aber im Gymnasium sind ihr dazu keine ganzen Stunden erinnerlich. Da liegt der Hase im Pfeffer. Als meine Tochter eingeschult wurde, lag Rostock schon sieben Jahre zurück. Solange darf es nicht dauern, bis die Kultusminister und die Schulen reagieren. Die Kinder brauchen das entsprechende Wissen als Verteidigungswaffen gegen die Anfeindungen und Verlockungen aus der Gesellschaft.  Ansonsten läuft man Gefahr, die Labilen und Gefährdeten einer Generation ungeschützt an die Radikalen zu  verlieren. Nun kann ich nicht beurteilen, ob  in Bezug auf diesen Bereich gravierende Unterschiede in den Ausbildungen der einzelnen Bundesländer bestanden. Faktum ist aber, daß kein Bundesland existiert, das mit diesem Problem bei jungen Menschen nicht zu kämpfen hat, so daß der Schluß erlaubt sein dürfte, daß es überall Versäumnisse gab.

Nun hilft es nicht, die Vergangenheit zu beklagen, aber lernen sollte man aus ihr. Wer jetzt nichts ändert und – schlimmer noch – an der Bildung spart oder sogar kürzt, versündigt sich nicht nur an den Kindern, sondern gefährdet massiv den positiven Grundkonsens in unserer Gesellschaft. Spätestens nach Heidenau heißt es also, sofort zu reagieren. Glück auf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 08.07.2015

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Man fragt sich immer wieder und zunehmend, was in den Ostdeutschen politisch vorgeht und wo die Ursachen für ihr genauso berechenbares wie unberechenbares Verhalten liegen. Da wählt die traurigerweise zur Pegida-Hochburg verkommene Stadt Dresden einen FDP-Oberbürgermeister. Zur gleichen Zeit bringt der braune und engstirnige Mob mit Freital eine weitere sächsische Gemeinde in Verruf. Die Beteiligung ist bei allen Wahlen rekordverdächtig niedrig und jede noch so blöde Protestbewegung oder -partei bekommt sofort regen Zulauf. Die Altkommunisten erreichen bis heute hohe Ergebnisse. Die Politiker der bürgerlichen Parteien sind durch die Bank auffallend farblos und geradezu einfältig und kommen jetzt zumeist aus der Region. Das Volk ist überproportional apolitisch und regelrecht unwissend. Die freiheitliche Demokratie und der Rechtsstaat sind auch nach über 25 Jahren nicht als Wert und verteidigenswert in den Köpfen angekommen. Eine katastrophale Bilanz!

Wie schon in meinen Kolumnen vom 07. und 13. 04. 2015 zum Thema „Sachsen“ angesprochen, ist das „Tal der Ahnungslosen“ nur im regional begrenzten Raum als Erklärung heranzuziehen. Neben der allgemeinen Sattheit muß es noch andere Gründe für Ignoranz und Intoleranz geben.

Einen wesentlichen Einfluß hat meines Erachtens der öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehbereich. Man sehe sich die größte Sendeanstalt, den MDR, den ich von 1995 bis 2010 als Wahlsachse beobachten konnte bzw. „genießen“ durfte und mußte, einmal genauer an. Bis heute hat man den Eindruck, daß hier die DDR weiterlebt und am Leben gehalten wird. Als Autofahrer ist der Test leicht. Wenn man keine Lust auf nur Hochtrabendes hat und deshalb DLF, DR und die reinen Infokanäle verschmäht, ist es mehrheitlich doch ein natürlicher Reflex, auf WDR 2, Bayern oder HR oder SWR 3 etc. zu schalten, weiß man sich dort doch genauso gut informiert wie bedudelt. Beim MDR steht für diese Kategorie „MDR JUMP“ und das in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Hier wird man geduzt, bekommt im Deutschland der Frühaufsteher ab 14 Uhr einen schönen Feierabend gewünscht, und der Informationswert hält sich gelinde gesagt in Grenzen. Und im Fernsehen? Ostalgie und Provinz pur! Bis heute werden da uralte „Polizeirufe“ und sonstige DEFA-Filme, DDR-Unterhaltung wie „Ein Kessel Buntes“ und Spielfilme aus dem damaligen befreundeten kommunistischen Ausland gezeigt. Garniert wird es mit Sendungen wie „Unter uns“ – da ist der Name Programm – oder wunderbaren Reportagen wie „Der Osten – Entdecke wo du lebst / Hammer, Zirkel, Gartenglück – Der Schrebergarten in der DDR“ sowie ostalgischen „Stars“ wie Steimle und alten Staatskünstlergrößen wie Emmerlich. Ernstzunehmende Satire und gutes politisches Kabarett fehlen im Programm, obwohl mit dem 1. Chemnitzer Kabarett, den Academixern etc. solches existiert. DDR-Kritisches vermißt man nahezu vollständig. Offenbar wäre es undenkbar, so einen phantastischen Film wie „Barabara“ mit Nina Hoss und Ronald Zehrfeld in den großartig besetzten Hauptrollen oder Dokumentationen über die Stasi oder die Mauertoten zur Hauptsendezeit über den Äther zu schicken. Der Sender würde wohl mit Lügenpressevorwürfen bombadiert.

Unerträglich ist es, daß es nicht gleichwohl respektive gerade deshalb gemacht wird. Wenn man unterstellt, daß Printmedien nur einen geringen Anteil an der Volksbildung haben, weiß man doch jetzt, warum der Osten nur rückständig (geblieben) sein kann. Selbst wenn die Volksseele es aber verlangt, bleibt es doch Hauptauftrag der dritten Programme zu bilden und zu informieren. Wenn einem Volk nicht die Chance gegeben wird, schlauer und weltoffener zu werden, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es in großen Teilen rückständig und rückwärtsgewandt bleibt. Der Staat ist der Hauptbrunnenvergifter und nicht die bösen kommerziellen Privaten.

Hierüber gilt es nachzudenken und dessen eingedenk muß man sogar hier und da Nachsicht üben, wenn man Ostdeutschland nicht versteht oder gar verteufelt. Sieht man dann noch, daß auch der Westen zunehmend verblödet, weiß man, daß es fünf vor zwölf ist. Darauf sollten die Verantwortlichen ein Auge haben und wir sie mit der Nase stupsen. Mir tut es weh, das jetzige Drama mit anschauen zu müssen, habe ich doch gerne und sehr lange das zum Glück wiedervereinigte Deutschland und in Sachsen, in dem zum Beispiel auch meine Kinder eine sehr gute schulische Ausbildung erfahren haben, gelebt.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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