wolfsgeheul.eu vom 20.09.2016

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Fernsehen schauen und über das Fernsehen lesen sind zwei verschiedene Paar Schuh‘!

Als TV-Muffel ohne konventionelles Empfangsgerät und erst recht als erklärter Talkshowverweigerer reichen mir meist die journalistischen Berichte und Kommentare. Die Medienresonanz auf die Anne Will-Sendung, in der es um die Vorgänge in Bautzen ging, vom vergangenen Sonntag hat mich jedoch aufhorchen lassen, und da mir Sachsen genauso am Herzen liegt wie ich es gezwungenermaßen leider auf dem Kieker habe, wollte ich um eines abgewogenen Bildes willen mir dann doch den Polittalk einmal im Original ansehen.

Sollte es inzwischen zur Regel geworden sein, müßte und würde ich umgehend Abbitte leisten, denn was ich da gestern nacherleben durfte, war ein gesittetes und sachliches Gespräch und nahezu vorbildlich für eine demokratisch freiheitliche Diskussionskultur. Nicht vergleichbar mit den mir erinnerlichen Auftritten dauerpräsenter abgewichster Politabziehbilder  und vermeintlicher Spezialisten für das jeweilige Thema!

Dabei waren sogar die Voraussetzungen für Randale mit dem guten, allerdings manchmal etwas überdrehten Jakob Augstein gegeben, aber er war konstruktiv und erstaunlicherweise fast handzahm. Auch der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer, den ich aus meiner sächsischen Zeit fast noch in (politischen) Windeln kenne und nicht als sehr besonders in Erinnerung hatte, hat – selbstredend auf verlorenem Posten kämpfend, wenn er versuchte, Sachsen pflichtgemäß aber wahrheitswidrig als das Vorzeigeland in der Bekämpfung des Rechtsextremismus darzustellen – nicht die schlechteste Figur gemacht, obwohl er von der Presse eher niedergeschrieben wurde. Und der  Bautzener OB Ahrens – dem ich durchaus Vorbehalte entgegenbringe, weil mir ein Volljurist und ehemaliger Kollege, der vor seinem Eintritt ins Bürgermeisteramt laut Wikipedia fünf Jahre lang als „selbstständiger Finanzplaner“ für eine immer wieder auch unter Strukturvertriebsverdacht stehende Makler-Drückerbude gearbeitet hat, durchaus spanisch vorkommt – war erstaunlich abgewogen und gut und mußte einem in keinster Weise leidtun, wie man das zum Teil lesen konnte. Natürlich war er um seinen Auftritt als höchster Repräsentant seiner derart angeschlagenen Stadt nicht zu beneiden und redete, was die unbestreitbar leider etablierte und machtvolle Präsenz der Neonazis in Bautzen anbelangt, ein bißchen um den heißen Brei herum, was aber verständlich ist, wenn man bedenkt, daß es ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört, seine Kommune vor weiterem Schaden zu bewahren. Man glaubt aber an eine Lösungskompetenz in seiner Person, auch und gerade als Parteiloser. Sodann war sogar Frau Ministerin Schwesig nicht nur hübsch wie immer, sondern durchaus mit Kompetenz und Ausgewogenheit überzeugend, wenngleich sie natürlich und verständlicherweise den sächsischen SPD-Vize-Ministerpräsidenten Ulbig wahltaktisch mit seiner Andeutung von rechten Tendenzen in der Polizei Sachsens medienwirksam in Stellung brachte, ein Thema übrigens, das Augstein zwar ins Gespräch einführte aber überraschend wenig – mir fast zu wenig – penetrierte. Letztlich konnte man auch einem Polizeischullehrer gut zuhören, der selbstredend – eventuell auch wider besseres Wissen – seine Schüler von der Straße, mit denen auch Augstein nicht tauschen wollte, gegen Rechtstendenzvorwürfe in Schutz nahm und die Verantwortung ins Ministerium nach oben abgab. Recht hat er(s, auch Kolumne vom 16.09.2016), der Fisch stinkt vom Kopf! Das ganze stand unter einer freundlichen und gnädigen aber keineswegs laschen Regie von Frau Will!

Es war keine Glanzleistung, aber wider alle Erwartung mehr als respektabel. So will man unsere Republik öffentlich in etwa diskutieren sehen. „Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn!“. Und nur in dieser kultivierten Weise gräbt man der AfD das Wasser ab, welches ansonsten ihre Mühlen am Laufen hält.

Weiter so!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Am heutigen Abend haben über 500 Bautzener mit einer Lichterkette gegen Fremdenfeindlichkeit Feuer und Flamme gezeigt. Der Anfang ist gemacht!

 

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wolfsgeheul.eu vom 16.09.2016

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Das freistaatliche Ost-Drama mit scheinbar unendlich vielen Akten! „UMA’s unterliegen Deutschen mit 2 : 8.“.

Sachsen kommt nicht zur Ruhe und lernt absolut nichts dazu! In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist es in Bautzen zu Auseinandersetzungen zwischen Rechten und einer kleinen Gruppe junger Asylbewerber gekommen. Den Rest können wir uns in etwa denken!

Wer aber einen starken Magen hat, radebrechende Deutsche versteht und es vermeintlich genauer wissen möchte, wie die Vorfälle sich zugetragen haben, kann sich die Sicht des Bautzener Revierleiters, Polizeidirektor Uwe Kilz, auf Youtube unter “  https://www.youtube.com/watch?v=z_dEHRcE_ss “ bei der Pressekonferenz vom gestrigen Tage antun. Von den 15 bis 20 jugendlichen Flüchtlingen spricht er nur als „UMA’s“, was nicht etwa für „unidentified mystirious animal“ steht, sondern für „unbegleiteter minderjähriger Ausländer“, wobei er das „A“ mit „Asylbewerber“ übersetzt. Und wie beschreibt er die rechte Horde? Als Gruppe von circa 80 Personen, „die im wesentlichen, äh,  ja, deutscher Herkunft“ und „relativ eventbetont in der Stadt vorab unterwegs waren“ sowie schon „dieses oder jenes Maß Bier getrunken hatten“. Mehr muß man nicht wissen und will man auch nicht hören.

Denn diese Einlassungen sind wohl an Einfältig- und Dreistigkeit  kaum zu überbieten, stehen aber bedauerlicherweise  in bester sächsischer Tradition(s. z. B. Kolumne vom 03.06.2016). Glauben denn diese eingebildeten Sachsen immer noch, daß es dort dann keine offen gegen Ausländer aggressive Neonazis gibt, wenn man sie nicht als solche bezeichnet!? Die nichtachtende Abkürzung „UMA’s“ verwendet der „BAB“ – das steht übrigens nicht für „brauner, armseliger Bulle“, sondern für „Bautzener Abrißbirne“ – obendrein so gestelzt, daß man denken könnte, „Fidschis“ käme ihm eigentlich viel leichter über die Lippen. Und, lieber Herr Polizeidirektor, ganz nebenbei gerade im Vorfeld des morgen beginnenden Oktoberfestes: Es heißt „die Mass“ mit Doppel-S, und man spricht es auch so aus!

Es kann einem wirklich zum Heulen zumute werden. Ein Land, daß jemanden wie Kilz auf diesen Posten befördert, will sich nicht verändern! Und seine Vorgesetzten müssen doch mit seiner Denkart voll und ganz übereinstimmen oder sie gar vorgeben. Wer derart furchtbar daherredet, denkt leider auch in dieser Weise! Und ein Volk, das von solchen Polizisten bewacht wird, kann sich relativ unbeschränkt die Freiheit nehmen, ähnlich braun zu denken und zu handeln.

Da möchte man bald klagend singen: „Where have all the Mauers gone?“!

Also Sachsen: Wie hieß es so schön bei Opel!? „Umdenken im Kopf!“! Und zwar schnell! Denn der Ton macht die Musik!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Auch wenn ich körperliche Auseinandersetzungen grundsätzlich ablehne: Eine klammheimliche Freude, ähnlich wie damals beim AfD-Lucke(s. Kolumne vom 19.04.2015), überkäme mich schon, könnte ich demnächst einmal „Flüchtlinge versus Neonazis 8 : 2“ lesen. Mutig genug scheinen die jungen Migranten ja sogar schon in Unterzahl zu sein.

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