wolfsgeheul.eu vom 19.05.2016

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„Freier kommen in Fahrt!“

Manche Meldungen können selbst dem größten Elend ein Schmunzeln abtrotzen, etwas das nicht nur nicht verboten, sondern ab und zu eine Notwendigkeit ist, um die Vielzahl der Brandherde, die man mehr oder weniger nur zur Kenntnis nehmen und leider nicht wegreden kann, überhaupt auszuhalten.

Gestern berichtete T-Online zunächst davon, daß in dem erbärmlichen Flüchtlingslager in Idomeni Drogenhandel und Prostitution blühen. Es macht einen schon staunen, zu sehen, wie schnell kriminelle Geschäftemacher offenbar jeden Punkt der Erde zu erreichen vermögen, wobei natürlich auch nicht ausgeschlossen ist, daß sich damit nur beweist, daß viele derer, die dort auf Einlaß warten, die Kriminellen selbst sind, die aus der Not eine Tugend machen und ihre für später gedachten Waren gleich dort an den Mann bringen. Teil der Meldung war es, daß man einen Eisenbahnwaggon zum Bordell umfunktioniert habe. Nicht dumm, in einem Umfeld von Notzelten den Puff hinsichtlich seiner Behausung vergleichsweise luxuriös zu gestalten! Während man nun noch über die Frage sinnierte, wie Flüchtlinge, die angeblich nicht einmal das Notwendigste besitzen, sich Drogen und Nutten leisten können, wartete T-Online schon mit der nächsten Meldung auf. Aufständische Flüchtlinge hätten versucht, mittels eines Waggons die Absperrungen zu durchbrechen.

Das war der Punkt des Lächelns. Eine nette Vorstellung, daß ein Bordell im laufenden Betrieb in Fahrt kommt und, wäre der Durchbruch gelungen, die gerade dem Laster fröhnenden Flüchtlinge zuerst in die Freiheit bugsiert hätte. Eine einseitige Bevorzugung der besonderen Art! Das nennt man dann wohl im doppelten Sinne eine „Fahrkarte ins Glück“!

Merke: Wenn man im Freudenhaus aus dem Fenster schaut und die Landschaft an einem vorbeiziehen sieht, muß das keine haschisch- und/oder orgasmusbedingte Sinnestäuschung sein. Und: Vorsicht an der Bahnsteigkante!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: T-Online kann es noch irritierender, indem sie nämlich heute sinngemäß  „Bauhaus-Gründer gestorben“ titeln. Walter Gropius ist doch – so denkt man spontan – schon lange tot. Tatsächlich wäre er heute sagenhafte 133 Jahre alt. Nun gut! Es geht halt nur um den Unternehmensgründer der Baumarktkette „Bauhaus“, Heinz Georg Baus, und macht einmal mehr deutlich, wie unverschämt und hochstaplerisch die Firmenbezeichnung eigentlich ist. Wirklich schade, daß Gropius bereits 1969 gestorben ist und nicht statt Herrn Baus bis heute gelebt hat. Er hätte die Welt baulich mehr und vor allem positiver verändert, als es ein Baumarkt jemals vermag.

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wolfsgeheul.eu vom 08.03.2016

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„Billy“, Bauhaus für Arme, also Bauhaus im eigentlichen Sinne!

Gillis Lundgren, der schwedische Designer, der 1979 das Billy-Regal für Ikea schuf, ist mit 86 Jahren verstorben. Ihm gebührt durchaus Anerkennung für dieses geniale Bücher-Staumöbel, das bis heute unübertroffen in seinem Preis-Leistungs-Verhältnis und in seiner Schlichtheit sowie einfachen aber stabilen Konstruktion ist. Durch die massenhafte und preiswerte Herstellung ist es zu einem Produkt geworden, das die Tradition des Bauhauses und seine Grundgedanken, einfache, erschwingliche, formschöne und gleichzeitig genauso praktische wie geniale Möbelstücke für das Volk zu entwerfen und zu fertigen, nahezu vorbildhaft fortgeführt hat. Während also die Entwürfe der Bauhäusler heute überwiegend als Luxusmöbel in Wertigkeit und Preis daherkommen, findet „Billy“ Eingang in die Wohnungen von Alt und Jung und von Arm und Reich. Daß hätten sich die Dessauer bestimmt nicht träumen lassen, selbst einmal der Zulieferer für die vermögende Oberschicht zu werden und ihre Ideale später von einem schwedischen Möbelgiganten vertreten zu sehen.

Wenn Lundgren aber, zum Beispiel in einem kleinen Nachruf auf Spiegel-Online, auch mit der Tatsache würdigend hervorgehoben wird, er habe die geniale Idee gehabt, bei einem Sofa-Tisch die Beine abzuschrauben, um ihn leichter verschicken zu können, wird ihm zuviel der Ehre angetan, wenngleich es zugegebenermaßen immer wieder herausfordernd und die hohe Schule ist, bei einem Entwurf gleichzeitig an den platzsparenden Versand zu denken. Hier gebührt wohl eher den Brüdern Thonet die Krone, die ab den 1850er Jahren ihren Kaffeehausstuhl Nr. 14(heute Nr. 214) so konstruiert hatten, daß er zum einen arbeitsteilig in Serie gefertigt und zum anderen, weil er aus nur sechs Holz-Einzelteilen und zehn Schrauben sowie zwei Muttern bestand, zerlegt äußerst raumökonomisch – so passen 36 Stühle in eine Kiste von einem Kubikmeter Rauminhalt, die von Stühlen im zusammengebauten Zustand wohl kaum mehr als 8 Exemplare zu fassen vermag – expediert werden konnte. Auch der Däne Poul M. Volther zum Beispiel hat bereits in den 40er Jahren Holzstühle entworfen, die alle diegleichen Schraubbeine hatten.

Der Thonet-Stuhl aber, der im übrigen ansonsten das Schicksal der Bauhausmöbel teilt und heute fast 700 Euro kostet, macht deutlich, was industrielle Fertigung, kluge Verpackung und weltweite Vermarktung vermag und damals schon vermochte. Steht man eventuell staunend vor der Zahl von über 40 Millionen Billy-Regalen, so haut es einen geradezu um, wenn man zur Kenntnis nehmen muß, daß vom Kaffeehaus-Stuhl mit der Nummer 14 bis heute über 50 Millionen Exemplare verkauft worden sind. Vom Massenprodukt zu Luxusgegenstand in gut 150 Jahren!

So preisen wir denn gerne im Namen unserer Bücher Herrn Lundgren, aber seine Leistung benötigt es nicht, mit fremden Federn geschmückt zu werden. Das „Billy“ wird ihn (hoffentlich) noch lange überleben und ihm ein würdiges Andenken bewahren.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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