wolfsgeheul.eu vom 25.08.2015

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Papst Franziskus gibt die Richtung vor. Viel mehr als manche glauben.Wann zieht sich also der erste Spitzenpolitiker oder Wirtschaftsboß in einer Burger King-Filiale um und verzichtet auf seinen gepanzerten Wagen – der, wie wir seit Bekurts und Herrhausen wissen, ohnehin keine hundertprozentige Sicherheit bietet – mit einer Komplettabschirmung durch Bodygards? Wenn die Mächtigen dieser Welt wirklich etwas verändern und zum Guten wenden wollen, müssen sie sich wieder unter das Volk mischen. Dabei müssen sie bereit sein, auch Risiken in Kauf zu nehmen. Es wird ja niemand gezwungen, ein hohes Amt zu übernehmen.

In diesem Zusammenhange wird häufig sofort von Symbolpolitik gesprochen und der Akt damit entwertet.

Das ist dann auch richtig, wenn der Prominente seine ihn permanent umgebende Hochsicherheitszone lediglich für kurze Zeit an einen heiklen oder gar gefährlichen Ort verlegt, ohne wirklich mit ihm hautnah in Berührung zu kommen. Solcherlei kann man sich sparen!

Das ist jedoch falsch, wenn tatsächlich einfach in die örtlichen Belegenheiten wie sie sind eingetaucht wird, denn dann – und nur dann – werden eindeutige Signale ausgesandt, die den Bürger auch unmittelbar erreichen; und zwar erstens „Ich habe keine Angst!“ und zweitens „Ich will mir ein authentisches Bild verschaffen!“.

Da ist es natürlich kontraproduktiv, wenn zum Beispiel vorher handverlesene Personen alleinig zugeführt oder Fragen im Vorfeld abgesprochen werden. Ebenfalls nutzlos ist es, wenn einige Duzend Spitzenpoliker und ein paar Statisten in einer abgesicherten Seitenstraße so tuen, als liefen sie in einem Demonstrationszug mit, ja führten ihn sogar an, wie es im Januar diesen Jahres in Paris nach den Attentaten auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt geschehen ist. Was soll da der demonstrierende Bürger denken, der sich selbst in Gefahr bringt und trotzdem davon nicht abschrecken läßt!? Falls – wofür es ebenfalls gute Gründe gibt – das Risiko einer Eingliederung in die offene Demonstration zu hoch gewesen sein sollte, hätte man die Botschaft von der Treppe des Élisée-Palastes besser und ehrlicher verkünden können.

Warum sind den Politikern hierfür das Gespür, der Mut, das Selbstvertrauen und die Lockerheit abhanden gekommen?

In meinen Augen liegt in der Bürgernähe tatsächlich der Schlüssel, um der wachsenden Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Diese darf nicht allein dem kleinen Bürgermeister, Wahlkreisabgeordneten oder Landrat überlassen werden, Menschen, die zum Teil einen einsamen und aussichtslosen Kampf vor Ort führen und sich genauso allein gelassen fühlen wie die ihnen anvertrauten Bürger. Umsomehr muß man Hochachtung haben vor Bürgermeistern oder Ortsvorstehern wie in Heidenau oder Tröglitz. Deshalb war der Besuch von Vizekanzler Gabriel vom Grundsatz her richtig. Auch die Visiten der Kanzlerin heute in Duisburg-Marxloh und morgen in Heidenau verfolgen diesen guten Ansatz. Es dürfen aber keine Eintagsfliegen bleiben, sondern solch ein Kontakt muß in Regelmäßigkeit, am besten auch einmal spontan – plakativ gesagt muß die Wahrscheinlichkeit steigen, zufällig neben einem der Mächtigen am Tresen oder im Pissoir zu stehen – und wie oben gefordert mehr oder minder ohne Visier gepflegt werden. Ohne Visier muß dabei ungeschützt in jeder Hinsicht heißen. Insofern ist auch eine Sprache vonnöten, die der Bürger versteht. Damit verbieten sich nichtssagende, sterile Politikerfloskeln. Es müssen eindeutige Statements im Klartext her. Darum habe ich, dessen Hochachtung für Herrn Gabriel sich in durchaus überschaubaren Grenzen hält, Respekt und Sympathie für den Ausdruck „Pack“ – den er im übrigen, wenn man den Gesamtwortlaut nimmt, sehr differenziert und vorsichtig eingebracht hat -, den er für richtig hielt, in seiner Erklärung zum Mob in Heidenau zu verwenden. Er hat nicht die Contenance verloren, aber in korrekter Wahrnehmung seiner Verantwortung gleichzeitig aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Weiter so!

Das erwarte ich von einem menschlichen Wesen, auch und gerade wenn es an der Spitze steht. Technokraten brauchen wir im Glied für das Detail und Menschen, die die Bodenhaftung nicht verloren haben und das Herz am richtigen Fleck und manchmal durchaus auch auf der Zunge tragen, in den Topetagen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.05.2015

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Der Wahlkampf im Stadtstaat Bremen findet weitestgehend unter Ausschluß der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit statt. Gleichwohl läßt er, ob zweier skurriler Blüten, die er treibt, aufhorchen.

Die Spitzenkanditatin der CDU für die Bremer Bürgerschaft heißt Elisabeth Motschmann. Sie ist Bundestagsabgeordnete, Jahrgang 52 – also eigentlich auch zu alt -, eine geborene Baronesse von Düsterlohe mit Kindern und Enkelkindern zusammen mit ihrem Ehemann, einem evangelischen Theologen. In einem heutigen Artikel der FAZ wird sie übrigens auch als Theologin bezeichnet, obwohl sie selbst in allen verfügbaren Lebensläufen nur drei Jahre Studium  und keinen konkreten Abschluß – nach sechs Semestern auch eher unwahrscheinlich – angibt, was beiläufig zeigt, wie schnell man, auch ohne zu plagiieren, Akademiker werden kann, was aber ein anderes Thema ist. Bisher war sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild – wie meine Tochter sagen würde – eine klassische „Perlen-Paula“ altersgerecht mit Tüchlein, Janker und Kostümchen. Im Wahlkampf nun tritt diese CDU-Omi auf wie eine Autonome mit Kapuzen-Sweatshirt, jeansartiger enger Hose und grellfarbenen Turnschuhen(s. Bild auf Seite 4 der heutigen FAZ). Als wäre das noch nicht verstörend genug, ziert das Shirt vorne ihr altes, etwas stilisiertes Janker-Brustbild mutmaßlich in schwarzweiß und hinten die Aufschrift „#motschimachts“. Ja, was heißt das denn!? Kündigt Frau Motschmann damit einen baldigen Anschlag auf die neue EZB-Zentrale in Frankfurt an? Oder verkörpert der Schriftzug lediglich die Einlösung einer Spaßwette mit ihren Kindern, die gewettet hatten „Diese Peinlichkeit traust Du dich niemals, Mutti!“? Und was soll der ältere Wähler davon halten? Der könnte die mysteriöse Aufschrift mit dem krytischen Zeichen vielleicht sogar für einen Aufruf halten, Frau Motschmann zu Brei – man muß es nur bayerisch lesen – zu schlagen oder sie sogar an der nächsten Laterne aufzuknüpfen. Und die Jungen fühlen sich wahrscheinlich von solch verlogenem Mummenschanz nur verhöhnt. Kompetenz für die Berechtigung zum Einzug in das hanseatische Parlament jedenfalls wird aber wohl hinter dieser lächerlichen Maskerade niemand vermuten. Wenn Authentizität noch etwas zählt in unserer Gesellschaft, liegt man sicher nicht falsch, wenn man der CDU – die es in der SPD-Hochburg doch ohnehin schwer hat, wenn man es nicht als aussichtslos ansieht – eine krachende Niederlage voraussagt. Vielleicht will Frau Motschmann uns aber auch nur zeigen, daß das ganze eh sinnlos ist, weshalb man es auch nicht ernst zu nehmen braucht, was schlicht eine Respektlosigkeit und Unverschämtheit wäre. Und ganz nebenbei: Vor Jahren hat Frau Motschmann – die geborene Feministin, so wie es bei CDU-Damen Tradition ist – gefordert, endlich weibliche Teilnehmer zur altehrwürdigen jährlichen Schaffermahlzeit zuzulassen. Da rufe ich ihr zu: „So kommste da nie rein, Mädchen!“ Aber das weiß sie auch und würde im Falle des Falles sofort ihr altes, eingemottetes Outfit aus dem Schrank holen. Was für ein verlogener Dreck!

Die FDP macht es kaum besser. Grundsätzlich ist die Kandidatin Lencke Steiner nicht zu beanstanden. In Bremen in einer Kaufmannsfamilie zur Welt gekommen, jung, studiert, propper und auf dem Weg in die Übernahme des mittelständischen elterlichen Unternehmens. Das paßt doch! Und da kommt ihre Partei auf das idiotische, vollkommen inhaltsleere und zu allem Überfluß nicht hochsprachliche Motto „Bremen rocken“ respektive mit dem unvermeidbaren Hashtag „#dasdingrocken“. Diese mutmaßlich sehr konservativ großgewordene junge Dame mit nämlichem Äußeren jedenfalls vermutet man dahinter genausowenig wie Wirtschaftskompetenz und intellektuelle Liberalität. Hat denn Frau Steiner keinen eigenen Willen und nicht die Kraft, dem Wahlkampf mit ihr als Spitzenkandidatin einen eigenen, bodenständigen, traditionsbewußten, glaubwürdigen und inhaltlichen Stempel aufzudrücken!? Und, lieber Herr Lindner, so schafft man ein solides, seriöses und wünschenswertes Wiedererstarken der alten FDP – die Betonung liegt auf „alten“ – nicht, selbst wenn, wie man in Hamburg an Frau Suding gesehen hat, es für ein kurzfristiges Zwischenhoch reichen sollte. Eine vertane Chance!

Die Frage, die sich letztlich stellt, ist die, ob die Parteien sich nur ihren geistig schwachen Wählern anpassen oder selbst inzwischen auf diesem Niveau angelangt sind?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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