wolfsgeheul.eu vom 15.04.2015

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Heute berichtet die FAZ über die neue Ausstellung in der Fondation d’entreprise Louis Vuitton in Paris, die unter dem Titel „Les Clefs d’une passion“ offenbar ohne Rücksicht auf die Kosten – der Stifter Arnault ist Multimilliadär – die besten und bekanntesten Originale der klassischen Moderne zusammengetragen hat. Damit rennt man bei jedem Kunstliebhaber wohl offene Türen ein. Hinzu kommt, daß Paris immer eine Reise wert ist und Architekturinteressierte allein durch das spektakuläre Gebäude von Frank Gehry angelockt werden. Eine Win-Win-Win-Situation also!

Gleichwohl zerreißt die Frankfurter die Exposition praktisch in der Luft, weil sie nach der hier grob wiedergegebenen Meinung der Autorin Annabelle Hirsch nichts Neues bzw. Überraschendes – bis auf ein paar Bilder von Helene Schjerfbeck – biete. Zwar sei es schön, die Originale einmal zu sehen, aber ansonsten fehle der Kontext.

Zwei Dinge fallen mir dazu ein.

Ohne die Austellung bisher selbst gesehen zu haben, meine ich nachvollziehen zu können, was die Kunstkritikerin meint. Mir geht es schon seit Jahren so, daß ich sehr häufig bei Museen die Architektur – z. B. Langen Foundation, Museum Gunzenhauser, Museum Frieder Burda, Fondation Beyeler etc. – spannender finde als die gezeigten Werke. Gerade wenn es um Sammelsuriumsausstellungen der klassischen Moderne geht, befällt mich immer mehr der Eindruck, das alles schon so, exakter „ähnlich“ gesehen zu haben. Mit den immergleichen Monets, Kirchners, Kleins, Rothkos, Kiefers, Lichtensteins usw. kommt irgendwann fast soetwas wie Langeweile auf. Viel spannender sind da Einzelausstellungen wie pars pro toto 2010 Courbet im Schirn, bei denen man neben  bekannten Bildern auch Werke sieht, die einen Blick auf das künstlerische Werk insgesamt und die Entwicklung des Künstlers ermöglichen. Auch in guter Erinnerung habe ich die MOMA-Austellung in Berlin, u. a. und insbesondere wegen der frühen Picassos, die den Blick auf die ebenfalls vorhandenen späteren Exemplare modifiziert haben.

Trotzdem reizt mich Paris. Dabei habe ich jedoch die zweite Geschichte entdeckt, nachdem ich erstmalig auf die Homepage des Vuitton-Museums gegangen bin. Bei den Sprachen hat man die Wahl zwischen Französisch – natürlich -, Englisch, Japanisch, Russisch und Chinesisch. So weit ist es also mit der deutsch-französischen Freundschaft! Außerdem zeigt es, für wie wichtig wir in der Welt gehalten werden und wie unwichtig wir vielleicht sogar tatsächlich nur noch sind. Jedenfalls liegt der Fokus offenbar auf dem „nahen“ und fernen Osten. Die kaufen ja auch die Produkte von Louis Vuitton. Wenn es nur das ist, könnte ich damit leben, wenn das Weglassen einer deutschen Fassung aber auch ansonsten Absicht sein sollte, neigte ich, wäre ich wie Elton John, dazu, zum Boykott der Luxustaschen aufzurufen. Oder, liebe Frau Dr. Merkel, vielleicht könnten Sie beim nächsten Besuch Ihres Freundes Francois bzw. vielleicht demnächst wieder Nicolas einmal ein gutes Wort einlegen!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 14.04.2015

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„Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier 60-Watt-Glühbirnen.“Mehr fällt mir mit Verlaub zum Verstorbenen nicht ein. Der Satz aber ist sehr gut und meines ewigen Angedenkens sicher. Dank dafür!

Mehr beeindruckt hat mich einmal mehr Papst Franziskus, indem er in einer Messe über den Genozid an den Armeniern gesagt hat, daß er „weithin als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts gilt“, nicht ohne im Nachgang auf die weiteren zwei furchtbaren Genozide des „Nazismus und Stalinismus“ sowie nachfolgende Massenmorde bis in die heutige Zeit hinzuweisen und zu beklagen, daß die Menschheit offenbar nicht in der Lage sei, „dem Vergießen von unschuldigem Blut ein Ende zu setzen“. Es zeugt von Mut und Entschlossenheit, die Wahrheit beim Namen zu nennen, und man hat meines Erachtens gerade beim außergewöhnlichen, aktuellen Oberhaupt der katholischen Kirche nicht den Verdacht, er tue es von oben herab mit ausgestecktem Zeigefinger oder schlimmer, um von eigenem kirchlichen Unrecht abzulenken. Franziskus zeigt damit, daß er nicht gewillt ist, in unserer heutigen, aufgeklärten Zeit, in der eigentlich nichts mehr verbergbar sein sollte und zu sein scheint, aus diplomatischer Rücksichtnahme ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Man nimmt ihm ab, daß er den Menschen nur deshalb den Spiegel der Wahrheit vorhält, um deutlich zu machen, was in den letzten einhundert Jahren geschehen ist, und um den Versuch zu unternehmen, solchen Greueln zukünftig Einhalt zu gebieten, indem man endlich aus der grausamen Vergangenheit lernt und sie nicht fortdauernd wiederholt.

Was mich in diesem Zusammenhang, obwohl man die verleugnende Haltung der türkischen Regierung grundsätzlich kennt und es hätte besser wissen können, ja müssen, aber verblüfft hat, ist die Tatsache, wie sehr bis heute die schulische Bildung in der Türkei die eigentlichen Geschehnisse unter Verschluß hält, verbrämt und verfälscht. Es macht einem klar, daß selbst im Zeitalter des Internets in einem halbeuropäischen Land noch massiv Geschichtsklitterung betrieben wird und betrieben werden kann, und das mutmaßlich auch noch mit nicht geringem verblendenden Erfolg bei der Jugend. Da weiß man doch, warum es richtig ist, die Türkei noch nicht reif für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu halten. Nun weiß man, daß es keinem Volk leicht fällt, sich zur eigenen dunklen Geschichte zu bekennen, und wer will schon sagen, ob dies Deutschland ohne Druck von außen so vorbildlich gelungen wäre; selbst unsere europäischen Nachbarn und Verbündeten haben bis heute z. B. Probleme mit dem schonungslosen Bekenntnis zur und der Aufarbeitung der Kollaboration mit Nazideutschland. Auf solche Hemmschwellen gilt es durchaus, Rücksicht zu nehmen, so daß – erst recht nicht von unserer Seite – übertriebener Antrieb zur Eile unangemessen ist, sanfter Druck von außen jedoch nicht schaden kann. Aber der Wille muß deutlich erkennbar sein. Deshalb ist eine komplette Leugnung bei einem Partnerland in spe nicht hinnehmbar.

Vieleicht hat der Papst ja wieder einmal etwas angestoßen. Hoffen wir, daß es Früchte trägt, und seien wir froh, daß es diese mächtige Institution neben Politik, wirtschaftlichen und militärischen Interessen noch gibt. Die Welt wäre nicht besser ohne die katholische Kirche.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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