wolfsgeheul.eu vom 12.01.2018

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Sehr geehrter Herr Lindner,

#Es ist besser zu regieren, als nicht zu regieren.

Den Hashtag, der mir ansonsten ein Graus ist, habe ich mir voranzusetzen erlaubt, damit Sie meinen einleitenden Satz, den ich in Ihr Poesiealbum schreiben möchte, sofort und überhaupt als wichtige Kernaussage wahrzunehmen in der Lage sind.

Das dürfte für Sie ein Doppelkreuz sein, daß Ihre Partei nicht nur nicht regiert, sondern auch Frau Dr. Merkel im Amt bleiben wird. Jetzt haben Sie für den Rest der Legislatur Zeit, Ihren dramatischen Fehler zu büßen. Danach werden die Liberalen, wenn es gut läuft, mutmaßlich wieder auf ihre frühere Größe geschrumpft, was aber, sollten Sie bis dahin noch Spitzenkandidat sein, Ihre Präsenz im Parlament und Ihre Existenz wahrscheinlich nicht in Gefahr bringen wird. Vielleicht gelingt es in der Zwischenzeit, den Windbeutel FDP zurück zum gehaltvollen Kern einzuschmelzen, damit man sie wie früher ernst nehmen kann.

Ehrlich gesagt, habe ich mir Sorgen um Sie gemacht. Es hätte mich nämlich nicht gewundert, wenn Sie nach dieser unglaublichen persönlichen Niederlage die tragische Möllemannsche Tradition fortgesetzt hätten. Denn ein derartig gravierender Fehler – praktisch Ihre zweite Insolvenzerfahrung – unterläuft einem nicht alle Tage. Zu glauben, man könne als von den Toten auferstandene Partei – das war einzig Ihre Leistung und verdient gleichwohl Respekt – die Personalentscheidung der Mehrheitspartei beeinflussen, war eine unglaubliche Hybris. Wenn Sie so wollen kommt jetzt in umgekehrter Reihenfolge für Sie die Plicht nach der bravourösen Kür. Es könnte Ihnen einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern, wenn es, wofür ich eine glückliche Hand wünsche, Ihnen gelingt, die liberale Kraft im Spiel zu behalten. Dabei wäre es sicherlich hilfreich, wieder seriöser zu werden. Es braucht eine permanente Kommentierung des Tagesgeschehens vom Rücksitz Ihrer Dienstlimousine und ein FDP-gelbes Innenfutter in Ihren Maßanzügen genausowenig wie Ihren geliebten Hashtag. Diese oder ähnliche Kinkerlitzchen haben schon Ihrem Vorgänger nicht zum Wohle gereicht. Und trennen sie sich von Ihrem Hasardeur aus Kiel. Dessen teuflische Spielchen sind selbst im Haifischbecken „Politik“ nicht beliebt und von Erfolg gekrönt. Gönnen Sie ihm einen gleitenden Übergang in den präsidialen Ruhestand und versichern sich verantwortungsvollerer Begleiter und Berater.

Für heute abend rate ich zu einem kräftigen Besäufnis, um den Ärger und die Trauer nachhaltig hinunterzuspülen. Ist der morgige Kater dann überstanden, gilt es in die Hände zu spucken und diszipliniert zu arbeiten. Auch wenn ich in meinem Leben nicht mehr vorhabe, eine Parteimitgliedschaft aufzunehmen, könnte es durchaus sein, daß meine Stimme dann erneut an die Liberalen geht.

In diesem Sinne verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Wolf M. Meyer

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: #FreeDeniz – 333 Tage in Unfreiheit -!

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wolfsgeheul.eu vom 11.01.2018

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Good old days!

Fällt heute das Wort „Performance“ denken junge Leute und Anglizismus-Fetischisten aus der Wirtschaft zumeist nur an den Auftritt eines Menschen oder Unternehmens bzw. an deren Leistung bzw. Effizienz.

In meiner Jugend gab es nur eine wesentliche Bedeutung für dieses Wort. Kunstaktion! Gerne auch nackt provozierte man das zum Teil noch prüde und biedere Publikum auf jede erdenkliche Art, man schrie, schlachtete Hühner, wälzte sich in Blut, beleidigte und attackierte wahllos etc.. Irritation und gar Flurschaden waren dabei Programm. Man konnte es mögen oder verachten, eines jedoch war nicht zu bestreiten, daß etwas Bemerkbares und Aufrüttelndes geschah. Es war unkontrollierte Bewegung in der Welt. Die Überraschung lauerte hier und da. Neues lag in der Luft. Aufbruchsstimmung halt!

Die Zeiten sind leider ruhiger, stiller geworden, obwohl Unrecht und Gefahr eher zu- denn abgenommen haben und oftmals immer himmelschreiender werden.

Umsomehr freut es mich, heute in Köln bei der Performance meines Freundes Dr. Johannes S. Sistermanns gewesen zu sein. Er hat sich zwar nicht ausgezogen – sollte man in unserem Alter vielleicht auch nicht mehr öffentlich tun – aber ansonsten auf der Klaviatur seines vielfältigen Könnens gespielt. In von ihm mit allerlei Papiernem, Hölzernem, Leuchtendem, Flackerndem, Künstlichem und vor allem Tönendem ausgestalteten, spannenden Räumen des Tenri Japanisch-Deutsche-Kulturwerkstatt e. V. feierte er den selbsterzeugten Oberton, das eigene aerophone Blasgeräusch, wickelte Klarsichtfolie aus und sich darin ein, traktierte den Flügel von sanft bis hart, entlockte dem Resonanzboden des ehrwürdigen Instruments mit moderner Technik neue Klänge fern von Cage, spielte die Tasten durch ein sie teilweise verdeckendes rotes Filztuch und durchmaß andächtig seine beeindruckende Vernissage namens „ma meta – meta ma“. Alles mit hoher Präsenz und meditativer Konzentration und Kraft! Er machte es nicht, um dem Publikum und vielleicht auch noch nicht einmal sich selbst zu gefallen. Er machte es einfach. Es war ein Angebot, eine Aufforderung zum Denken.

Das Publikum war ausgesucht und überschaubar. Dazu überwiegend alt und älter sowie mit Kennerschaft ausgestattet! Das ist zuwenig.

Wir brauchen wieder mehr Aktionskunst, und wir brauchen dringend mehr junge Leute als Künstler und Schaulustige, die sich für diese Kunstform interessieren und vielleicht sogar begeistern. In einer Zeit, in der die Philosophen nicht mehr so viel gehört und gelesen werden, sind es wie so oft die Artisten, die der Welt neue Impulse, die dringlicher denn je benötigt werden, zu verleihen vermögen.

Schön war’s! Danke, Johannes!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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