Aufgrund eines kleinen Golfurlaubes, bei dem es mir hoffentlich endlich gelingen wird, mein Handicap zu verbessern, wäre mir danach, auch meine Kolumne zu beurlauben. Nach so langer Zeit ohne Pause nicht einmal ungewöhnlich bzw. unverständlich, oder!? Das möchte ich aber nicht, und so erlaube ich mir, es mir lediglich ein bißchen leichter zu machen. Heute, Sonntag und auch am Montag werde ich auf meine drei Lieblingsgedichte des großen und unerreichten Rainer Maria Rilke zurückgreifen, allerdings nicht ohne sie in einen aktuellen Kontext einzubeziehen. Möge es ebenfalls oder ohne mein Geschreibsel erst recht und ganz besonders Freude machen.
Monat: Juli 2016
wolfsgeheul.eu vom 14.07.2016
Wenn ich Gelegenheit habe, mit jungen Menschen zu sprechen, versuche ich immer wieder, sie davon zu überzeugen, daß es von elementarer Bedeutung ist, zumindest einmal im Leben eine wie auch immer geartete Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Danach muß man nicht notwendig auch in dem Berufsfeld tätig werden, das sich konsequent aus der Art der Ausbildung ergibt. Es mag nämlich sein, daß andere, gar nicht fördernotwendige Talente in einem schlummern, die es durchaus genauso erlauben, damit zu reüssieren. Egal aber, womit man dann seine Brötchen verdient, es bleibt einem immer eine berufliche Qualifikation und das gute und wichtige Gefühl, etwas in Theorie und/oder Praxis wirklich zu können, weil man es von der Pieke auf erlernt hat. Ein Schulabschluß – und sei es der des Abitures, welcher leider im übrigen massiv an Wertigkeit verloren hat – ist einem abgeschlossenen Studium oder einer Berufsausbildung niemals vergleichbar. Er bestätigt im besten Falle eine allgemeine Reife, jedoch keine spezielle. Außerdem fehlt wegen der Schulpflicht bis zum neunten oder zehnten Schuljahr die Freiwilligkeit, so daß es eigentlich keine selbstauferlegte Leistung darstellt, hier irgendetwas zu erreichen. Erst danach beweisen sich Ernsthaftigkeit, Disziplin und Durchhaltevermögen. Wie oft man sich auch vergreift und abbricht, irgendwann sollte es gelingen, die Ziellinie zu überqueren.
Es wird sicherlich nur Wenige geben, die obiges nicht sofort unterschreiben würden. Insofern braucht es kaum eines Beweises für die Richtigkeit der These. Eine aktuelle Nachricht aber läßt aufhorchen. Tobias Schlegel, Jahrgang 77, den Jüngeren vielleicht noch von VIVA und den Älteren als exzellenter extra 3- und aspekte-Moderator bekannt, beendet im wesentlichen seine Fernsehtätigkeit und beginnt eine dreijährige Ausbildung zum Rettungssanitäter. Auf die Begründung, er wolle sich nach 21 Jahren Fernsehschaffen Wichtigerem zuwenden, kommt es hier nicht an, wenngleich diese Aussage eines Insiders durchaus Gewicht hat und tief blicken läßt. Viel interessanter erscheint mir, daß das Ausnahmetalent, das ansonsten nur auf ein Abitur verweisen kann, offensichtlich den Drang verspürt, etwas richtig zu erlernen. Damit unterscheidet er sich wohltuend von den vielen televisionären Studienabbrechern à la Kerner und Co., die doch offensichtlich nicht im Traum darauf kämen, noch einmal etwas Anständiges zu lernen und sich und der Welt zu beweisen, daß sie was draufhaben. Dabei könnten sie es sich, anders als andere, leisten, haben sie doch mit ihrer Arbeit überproportional gut verdient. Stattdessen klammern sie sich an ihren Status und merken obendrein nicht, daß sie ihren Zenit schon lange überschritten haben. Solchen Menschen Respekt entgegenzubringen, fällt mir bei aller möglicherweise anerkennenswerten Lebensleistung zumeist sehr schwer.
Während ich also Herrn Kerner nicht einmal im Dunkeln begegnen möchte, wäre es mir eine Freude, hätte ich, was Gott verhüten möge, einen Unfall, wenn ich in die Hände von Rettungssanitäter Schlegel geriete. Bei Bewußtsein hätte man obendrein vielleicht sogar noch etwas zu Schmunzeln.
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf