wolfsgeheul.eu vom 11.11.2015

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Helau und Alaaf!

Die Kanervalssession 2015/2016 ist eröffnet! Wer heute um 11:11 Uhr nicht live auf dem Heumarkt oder im WDR-Fernsehen den Countdown in Köln verfolgt hat, dürfte eher kein Rheinländer im Herzen sein oder in einer wichtigen Sitzung gesessen haben, die er nicht geleitet hat und deshalb nicht unterbrechen konnte. Und die Zeit bis zum Aschermittwoch am 10. Februar 2016 ist dieses Mal so kurz, daß ich leider meine Kolumne bis dahin einstellen muß. Mein nichtkarnevalistisches Alter ego hat sich aber erfreulicherweise bereit erklärt, den karnevalistischen Wolf zu vertreten.

Karneval ist eine Zeit, in der nicht nur einfach gefeiert und das Leben gelebt wird, sondern durchaus auch und gerade die Möglichkeit besteht, einmal Klartext zu sprechen und den Mächtigen friedlich aber unverhohlen ans Bein zu pinkeln und sie zu entlarven.

Einen Tag nach dem seligen Tod des Altkanzlers, Helmut Schmidt, wird um so deutlicher, was für ein Vakuum seine politische Generation hinterlassen hat. Wo sind die Menschen dieses Formats hin? Stirbt hier gar eine ganze Klasse aus? Gibt es sie wirklich nicht mehr? Ich glaube das nicht! Sie gehen nur nicht mehr in die Politik, hauptsächlich, weil es dort – und das ist a priori noch keine Gier – nichts zu verdienen gibt bzw. die Bezahlung in keinem Verhältnis zur Arbeit und Verantwortung steht. Das war aber vergleichsweise immer so, nur waren die Unterschiede zur Arbeit im außerpolitischen Bereich damals noch nicht so eklatant, so daß es leichter fiel, Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn das mit Einbußen verbunden war. Ein auskömmliches Leben war – wie heute unbestritten immer noch – gesichert und wurde durch das Ansehen und den Reiz der Aufgabe mehr als aufgewogen. Auch das Bohren dicker Bretter im demokratischen Prozeß gestaltete sich einfacher. Charismatischen Führungsfiguren gestattete man und sie gestatteten sich nämlich, die Richtung vorzugeben und zu bestimmen. So konnte etwas vorangebracht werden, wobei das Gemessenwerden am Erfolg schon immer ein erhöhtes Risiko barg, gestürzt oder abgewählt zu werden. Heute dagegen wird alles bis zur Ohnmacht zerredet, dann kaum noch ein Risiko eingegangen, und mangels echter Alternativen bleibt man selbst bei Erfolgslosigkeit im Amt. Eine genauso hilflose und feige, wie verlogene Veranstaltung! Reaktion statt Aktion und affektives Handeln, ohne erkennbare, geschweige denn durchgehaltene Linie, immer kurzfristig auf den nächsten kleinen Erfolg getrimmt. Kein großer Wurf, keine unpopulären Entscheidungen. Und wer es anders, besser machen will und könnte, wird durch dieses paralysierte, auf sich selbst bezogene System abgeschreckt, selbst wenn er bereit wäre und Spaß daran hätte, Verantwortung für sein Land zu übernehmen, eine Eigenschaft, die allerdings auch allgemein mehr und mehr verloren zu gehen scheint, weil man in unserer Gesellschaft leider ebenfalls zurecht kommt, wenn man die anderen, die es aber nicht vermögen, machen läßt und sich lediglich um den eigenen Mikrokosmos bemüht. Und warum sollte man sich ohne Not in ein Umfeld begeben, daß sein Ansehen verspielt hat und es objektiv nicht mehr verdient hat, ein solches zu genießen!? „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, das färbt sonst ab!

So weit, so nachvollziehbar! Aber diese Verweigerungshaltung, der fehlende Altruismus, die mangelnde Disziplin, das verkrüppelte Pflichtbewußtsein sind es, die unserer Nation massiv schaden, und damit sägt jeder, der nur zuschaut, wie sich Nichtskönner abmühen und blamieren, an dem Ast, auf wir alle inklusive seiner sitzen. So enden wahrscheinlich Hochkulturen.

Ein tagesaktuelles Beispiel! Unser amtierender Bundesinnenminister kann ganz offensichtlich nicht viel und obendrein hat er keine Fortüne. Aber unabhängig von seinen Fähigkeiten! Wer hätte schon Lust, sich als ausgewachsener Minister wie ein Schuljunge fortan zum wöchentlichen Rapport vor die Regierungskoalition zitieren zu lassen, wie dies heute wohl die Spitzen von CDU, CSU und SPD beschlossen haben!?

Helmut Schmidt hätte das nur ein müdes Lächeln abgerungen und die Forderung ignoriert. Aber das genau ist der Unterschied, die Eigenschaft, die wir heute so schmerzlich vermissen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf(Karnevalsvertretung)

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wolfsgeheul.eu vom 10.11.2015

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„Ich wär‘ so gerne Millionär….“ singen die Ex-Thomaner der Gruppe „Die Prinzen“!

Nun müßte ich lügen, wenn ich behauptete, Geld sei mir vollkommen schnuppe. Es geht leider nicht ohne, und manchmal kommt mir schon der Gedanke, wie es wohl wäre, hätte man mehr als ausreichend davon. Aber irgendwie ist es mir auch zu profan, und dem Irrglauben, ich sei dann aller Sorgen ledig, unterliege ich nicht. Glück und Geld müssen nicht zwangsläufig einhergehen. Außerdem fehlt mir augenscheinlich nahezu gänzlich ein angeblich natürlicher Reflex, den der gerade verstorbene Philosoph René Girard wohl in seiner Theorie der Mimesis beschrieben hat. Die FAZ zitiert ihn in ihrem Nachruf am vergangenen Freitag wie folgt: „Sieht nämlich ein Mensch, wie einer seiner Gleichartigen die Hand nach einem Gegenstand ausstreckt, ist er sogleich versucht, dessen Gestus nachzuahmen.“ Nein, da schlage ich aus der Art! Man muß doch auch „jönne könne“, wie der Rheinländer sagt. Betrifft dieses Defizit nur mich? Oder sind vielleicht alle Rheinländer anders, im Sinne Girards also gar nicht „gleichartig“, sondern eher im Primatenstatus steckengeblieben? Liegt da eventuell sogar die Erklärung für den rheinischen Karneval, der übrigens morgen wieder beginnt? Das wäre eine tiefergehende Untersuchung wert.

Auch für mich gibt es aber Momente – es besteht also noch Hoffnung, daß ich doch relativ normal bin -, in denen es mich durchzuckt. Heute zum Beispiel! Da schreckt mich eine Meldung auf, daß bei Christie’s in New York ein Akt von Modigliani, Titel „Nu couché“, für rund 160 Millionen Euro an einen anonymen Bieter versteigert worden ist. Was für ein Bild! Zum niederknien! Da möchte man schon auch die Hand danach ausstrecken, wenngleich ich ehrlicherweise eingestehen muß, daß ich ohnehin nicht bis zum Schluß hätte mitbieten können. Girard hat also doch recht! Und ein Platz an meiner Wand hätte sich sicherlich finden lassen. Jetzt bleibt mir nur, darauf zu hoffen, daß der Erwerber, wenn er es erwartungsgemäß nicht als Dauerleihgabe an ein Museum geben wird, mich einmal zu sich nach Hause einlädt. Das würde mir schon reichen. Und die Hoffnung stirbt zuletzt. Ansonsten gönne ich es ihm.

„Ich wär‘ so gerne Milliardär….“! Dann setzte ich nämlich alles daran, dem neuen Besitzer den Akt abzukaufen. Aber erst im höheren Alter! Bis dahin jedoch würde ich meine Hand austrecken und es mit schönen Nackten aus Fleisch und Blut, die auch von anderen, aber erfolglos begehrt werden, so richtig krachen lassen.

Ach, Quatsch! „Ich bin recht gerne, wie ich bin….“!

Gute Nacht! Und: Helau und Alaaf!

Ihr/Euer Wolf

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