wolfsgeheul.eu vom 15.07.2015

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Kürzlich stellte der in Berlin lebende, aus der Schweiz kommende Architekt, Etienne Descloux, an der RWTH Aachen in der Reihe „Werkberichte“ seine Arbeiten vor. Unter anderem zeigte er Bilder der Kunsthalle Osnabrück, deren Innenräume er im Sommer letzten Jahres mit einem befreundeten Künstler sehr kreativ und eigenwillig umgestaltet hat. Wo es überall Platz für die Kunst gibt! Die Austellungsräume befinden sich in einem ehemaligen Dominikaner-Kloster mit anrainendem gotischen Kirchenbau. Letzteres will ich thematisieren.

Heute mehren sich die Fälle der Profanierung – ein Vorgang der in evangelischen Kirchen übrigens nicht notwendig ist, weil diese auch nicht geweiht sind und sein müssen – von Kirchen, um sie einer anderen Nutzung zuzuführen. Sinkende Mitgliederzahlen und steigende Kosten bei nur geringfügiger Besuchsquote sind sicherlich gute, wenn nicht gar zwingende Gründe für die kirchlichen Eigentümer, so zu verfahren. Aber: „Eine Kirche ist eine Kirche ist eine Kirche ist eine Kirche.“. Das kann zwar sowohl bedeuten, daß eine Kirche unabhängig von ihrer Nutzung immer das bleibt, was sie ist, nämlich eine Kirche, oder aber, daß eine Kirche, die keine mehr ist, auch keine mehr ist, selbst wenn die äußere und innere Form einen solchen Sakralbau insinuieren. So oder so ist es aber kein Gebäude wie jedes andere, so daß gewisse Rücksichtnahmen in meinen Augen angezeigt sind. Wie weit sollte man also gehen? Die Umnutzung zu Kolumbarien, zum Beispiel die Grabeskirche St. Josef in Aachen, bietet sich an, trifft offenbar den Zeitgeist und begegnet sicherlich allseits keinerlei Bedenken hinsichtlich einer eventuell anstößigen zusätzlichen Entweihung. Auch die Kunsthalle, in der Vorträge, Konzerte, Perfomances stattfinden oder Installationen, Bilder untergebracht und zur Schau gestellt werden, ehrt den ehemals sakralen Raum wohl in ausreichender und würdiger Weise. Ein Architekturbureau mag ebenfalls noch angehen, vertritt es doch eine Berufsgruppe, die Bauten und Räume kreiert und ehrt. Was man jedoch zum Teil hört und z. B. in den Niederlanden vorfindet, geht mir persönlich zu weit. Im nahen Maastricht gibt es in ehemaligen Kirchen ein Buchkaufhaus, ein Fitness-Studio, und in einem dem Komplex in Osnabrück ähnelnden Klosteranwesen ein Hotel, in dessen Kirche die Rezeption, das Restaurant und die Bar – in der Apsis obendrein – betrieben werden. In Aachen wurde ein Kloster zu Wohnungen umfunktioniert, die Ex-Kirche eingeschlossen. Fehlen nur noch die Disco-Kirche und die Bordell-Kapelle!

Von diesen Beispielen ist der Buchgrossist vielleicht noch gerade goutierbar, wenn man ihn als eine Art Bibliothek betrachtet; der Rest allerdings grenzt für mich trotz der vorangegangenen Profanation an Gotteslästerung und dürfte vielleicht sogar für Nichtgläubige eine Grenzüberschreitung darstellen, die sich eigentlich verbietet. Gegen Zeitgeist und vor nichts zurückschreckendem Schickeriageschmack läßt sich wenig unternehmen. Die Verantwortung liegt also bei den kirchlichen Eigentümern, von denen man fordern sollte, daß sie jede Veräußerung an eine begrenzte Zahl von Neunutzungsmöglichkeiten binden und bestimmte Nutzungen konkret ausschließen müßten. Ansonsten tragen die Kirchen selbst die Schuld an einer zunehmenden Entgeistlichung unserer Gesellschaft, ein Phänomen, das in niemandes Interesse sein kann.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 14.07.2015

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Kulturgutschutzgesetz! Was wird denn da für eine Sau durch das Sommerloch getrieben!? Eine Staatsministerin der CDU, Frau Monika Grütters, zuständig für Kultur und Medien, von der ich bis gestern noch nichts gehört hatte, legt einen Referentenentwurf für ein neues Gesetz vor, das Kulturgut mit einem Wert über 150.000 Euro und älter als 50 Jahre demnächst Beschränkungen beim Verkauf ins Ausland unterwerfen und unter Genehmigungsvorbehalt stellen will. Es ist schon erstaunlich, welch‘ überflüssige Arbeit sich unsere Staatsbediensteten so tagtäglich zu machen scheinen; daß wir im übrigen ganz andere Sorgen haben, will ich dabei nur am Rande erwähnen.

So gibt es seit 1955 ein zweiundzwanzig Paragraphen umfassendes Gesetz und daraus resultierend ein „Gesamtverzeichnis national wertvollen Kulturgutes“; alle dort verzeichneten Güter können nicht ohne Erlaubnis ausgeführt werden. Im wesentlich betrifft dies meines Wissens Kunstgüter aus staatlichen Museen und Archiven. Das ist nicht zu beanstanden. Der Staat sollte ihm Gehörendes, welches von allgemeinem, geschichtlichem Wert und Interesse ist, natürlich nicht versilbern, sondern bewahren und bestenfalls der Öffentlichkeit zugänglich machen. Insofern fragt man sich weiterhin, wie es vor kurzem in Nordrhein-Westfalen trotzdem möglich war, die beiden Warhols zu Geld zu machen, welches, wie man die Politik kennt, trotz der horrenden Höhe des Erlöses mutmaßlich ganz schnell in unsinnigen Kanälen versickert sein wird und damit tatsächlich ein schlechtes Geschäft war. Sei es, wie es sei!

Was aber hat der Staat in privatem Besitz mitzureden!? Nach meiner festen Überzeugung absolut nichts! Ein Werk, das, auf welche Art auch immer, legal in private Hände gelangt ist, kann und darf in der Handelbarkeit keinen Beschränkungen oder Behinderungen, die sich auch negativ auf den Marktwert auswirken können, unterliegen. Wenn unsere freiheitliche Grundordnung das nicht mehr gewährleistete und durch solche Gesetzentwürfe ausgehöhlt würde, verdiente sie ihren Namen nicht mehr. Einzig könnte ich mir eine gesetzliche Regelung vorstellen, die dem Staat ein Vorkaufsrecht dergestalt einräumt, daß sichergestellt ist, daß dem Verkäufer ohne jede Einbuße der gleiche Erlös zukommt, wie er ihn auf dem freien Markt erzielen könnte. Dann hätte der Staat die Wahlmöglichkeit und wäre in der Lage, vom ihm für national wertvoll erachtetes Kulturgut nicht nur im Lande zu halten, sondern dann auch noch dem Auge des Volkes zugänglich zu machen. Eine solche Regelung würde niemandem schaden und hätte in Zeiten klammer Klassen auch den charmanten Vorteil, daß staatliche Eingriffe faktisch auf ein Minimum beschränkt würden.

Wenn solch‘ elementaren Dinge, die unsere freie Welt ausmachen, zur Disposition stehen, dann ist es schon sehr schlecht um unser Wertegerüst in Deutschland bestellt. Und daß nominell konservative Politiker hierfür verantwortlich zeichnen, gibt noch größeren Anlaß zur Besorgnis.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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