wolfsgeheul.eu vom 08.03.2015

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Den kommenden Montag möchte ich mit einem kurzen Plädoyer für mehr Freundlichkeit im täglichen Umgang der Menschen miteinander einläuten. Zuvörderst ziehe ich den Straßenverkehr, mit dem für viele der Tag beginnt, heran, weil hier nach meiner Erfahrung die unfreundlichste Atmosphäre herrscht. Hauptgrund ist meines Erachtens der Umstand, daß die meisten Autos geschlossen sind und die Fahrer sich wie in Ihren eigenen häuslichen vier Wänden fühlen. Nach den herrlichen Szenen in dem Tati-Film – übrigens von 1971, wie die Zeit vergeht! – „Trafic“ im Stau bedarf es eigentlich keines Beweises mehr, daß Autoinsassen dadurch offensichtlich vergessen, daß sie durch die Rundumverglasung doch auf dem Präsentierteller sitzen, es läßt sich zusätzlich tagtäglich beispielsweise an den genüßlich in der Nase bohrenden Vertreten verifizieren. In der kurz darauffolgenden Sitzung oder im Großraumbureau würden sie das niemals genauso praktizieren. Und gerade weil man sich wie zu Hause wähnt, kann man sich auch benehmen wie dort; man braucht auf niemand fremden Rücksicht zu nehmen und kann in dem akustisch abgeschlossenen Auto auch fluchen, ohne sofort Wort für Wort gehört und verstanden zu werden. Warum sich also zurücknehmen!? Wenn mein „mobilhome“ durch die Straßen pflügt, zähle nur noch ich. Deshalb brauche ich auch keinen in die Schlange hereinzulassen und bitte die Mutter mit Kinderwagen selbst dann nicht über die Straße, wenn wenige Meter weiter der Verkehr stockt oder gar zum Erliegen kommt. Fahrt doch bitte mindestens einmal in eurem Leben ein Cabriolet, und ihr werdet merken, daß sich das eigene Verhalten in Bezug auf die Mitmenschen sofort positiv verändert,  weil man sich nicht mehr von der Außenwelt isoliert fühlen kann, sondern mit ihr spürbar ohne Trennung verbunden ist. Das macht gelassener, glücklicher und kommunikativer. Auch das Fluchen wird weniger oder wenigstens leiser, und wenn es nur wegen der größeren Gefahr ist, gehört zu werden und damit unliebsame Reaktionen hervorzurufen. Ferner tut mir – und euch – bitte den Gefallen, daß ihr euch für einen Fehler sichtbar entschuldigt. Damit beruhigen sich nämlich die Gemüter am schnellsten und aus einem Mißgeschick wird für beide Beteiligte ein positiver Moment, der einen durch den Tag zu tragen vermag. Und wenn ihr eure fahrenden Häuschen verlaßt, geht weiter nett miteinander um. Grüßt, sagt „danke“ und „bitte“ und redet in ganzen Sätzen, und nicht wie viele an Tankstellen, deren einzige zwei Worte beim ‚Bezahlen ihrer Rechnung vom Eintreten in den Benzin-Supermarkt, über den Bezahlvorgang bis zum Verlassen des Raumes „die Drei“ sind. Gleiches gilt auch  für das Bureau, den Briefträger, den Nachbarn, die Arzthelferin etc. Und, reden sie ruhig ein bißchen mehr über dies und das. Man wird es ihnen danken. Und sie werden merken, daß ein Tag, mit einer Ansammlung kleiner, freundlicher Begebenheiten mit ein paar Lachern und persönlichen Worten ein besserer Tag ist!

In diesem Sinne!

Gute Nacht

Ihr/Euer Wolf

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 06.03.2015

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Heute stehe ich unter dem Eindruck des Besuches eines Fußballspieles. In einer Vierergruppe standen wir auf dem,  das Publikum betreffend, gemäßigten rechten Teil einer Südtribüne, die, komplett als Stehtribüne ausgelegt, insgesamt fast voll besetzt war und traditionell mittig die harten Fans beheimatet, die die Stimmung oft ganz allein unter Anleitung eines megaphonbewehrten Anheizers, man könnte auch sagen virtousen Dirigenten produzieren. An dieser Stelle will ich ausdrücklich festhalten, daß das, was ich nachfolgend thematisiere, in jedem anderen großen oder kleinen Stadion dieser Republik und weltweit sich so oder ähnlich abgespielt haben könnte, also pars pro toto steht.

Das Spiel wurde gewonnen, auch weil die Heimmannschaft sich von anfänglichen Nickligkeiten, die leider nicht rechtzeitig vom in der ersten Halbzeit schlecht agierenden Schiedsrichterteam unterbunden wurden, nicht provozieren ließ und trotz Rückstandes ihre Chancen suchte und fand. An dieser Stelle nicht kommentieren will ich, welch immens wichtige Rolle die Referees bekleiden, weil sie mit der Qualität ihrer Leistung einen maßgeblichen Einfluß auf das Verhalten der Zuschauer während des Spiels und danach haben, und welche Konsequenzen man daraus ziehen sollte.

Nicht überraschend ist aber, daß aufgrund der beschriebenen Ereignisse gerade die Hardcore-Fans, aber auch der Rest – exklusive vielleicht des überwiegenden Teiles der VIP-Gäste, für die das Spiel oft nur Beiwerk ist – ausgesprochen und zunehmend aufgebracht waren. Und jetzt beginnt die noch frisch erinnerliche Sozialstudie interessant zu werden. Als eher seltener Stadionbesucher lebe ich wohl noch in der Welt der „Schiedsrichter, Telephon!“-Rufe. Dabei weiß ich, daß das inzwischen im mindesten von „Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht!“ abgelöst worden ist, die Androhung einer Sachbeschädigung also die einer reinen Belästigung ersetzt hat. Auch habe ich schon vor über dreißig Jahren erlebt, wie Dortmunder Fans gegen die des VFB Stuttgart „Schwabenschweine“ skandierten, was in die heutige Zeit übertragen am Beispiel von Gegner Rot-Weiss Essen aber bereits die Dimension von „Rot-Weiss Essen, ficken und vergessen!“ erreicht hat und gesteigert wird, wenn der gegnerische Torwart heute im Rücken mehrfach den vielkehligen Chor „Arschloch, Wichser Hurensohn, deine Mutter ham wir schon!“ über sich ergehen lassen mußte. Jetzt könnte man sich auf den Standpunkt stellen, daß jede Zeit ihre speziellen sprachlichen Enthemmtheiten hat, die eben – und auch das scheint in einer zunehmend verrohenden Gesellschaft nur konseqent – immer drastischer werden, aber in ihrer Funktion und ihrem Agressionsgehalt relativ gleich geblieben sind. Auch gehört es zum Fußball gefühlt schon immer dazu und wird über kurz oder lang vielleicht auch die Tennisplätze, auf denen heute schon Spieler ungestraft bunte Sportkleidung tragen und ausspucken dürfen, und letztlich die Golf- und Poloplätze erreichen. Übrigens eine lustige Vorstellung! Außerdem räume ich ein, teilweise sogar miteingestimmt zu haben, weil es mir um die Verstärkung des berechtigten kollektiven Unmutes und die gleichzeitige Äußerung des meinen ging. Die Gesellschaft verändert sich halt, und wenn immer mehr Menschen unabhängig vom Bildungsgrad – aber was zählt das noch, wenn die Bildung, von angeeignetem Fachwissen einmal abgesehen, insgesamt eher abnimmt – ein proletiges Benehmen an den Tag legen, dann verschafft sich das eben auch so Ausdruck. Früher war sicherlich nicht alles besser, aber da hatten wir noch ein ausreichend gebildetes Proletariat, daß zu Recht stolz auf sich war, und Proletentum in den eigenen Reihen nicht duldete; das blieb den Asozialen und in allen Schichten vorkommenden Emporkömmlingen vorbehalten, die aber isoliert und allgemein nicht wirkmächtig waren. Damit aber die Steigerung in der Ausdrucksweise als reine, unbeachtliche Zeiterscheinung abzutun und als immer schon existierende, eher spielerisch zu wertende ritualisierte Feindschaft gleich dem überall gebrauchten „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“ zu bewerten, springt meines Erachtens zu kurz.

Außerdem muß etwas  ergänzt werden, was man am reinen Wortlaut der Fansprüche nicht erkennen kann. Das ist nämlich die Art, wie der Extrem-Fan seinen Unmut ansonsten kundtut. Man schaut dabei nämlich in entrückte, haßerfüllte Gesichter und sieht Menschen, die unablässig den Stinkefinger zeigend, enthemmt, extrem fanatisiert, irgenwie also auf ihre animalistischen Grundstrukturen zurückgeworfen, von und in der Masse angeheizt und getragen agieren. Da hat man leider nicht mehr den Eindruck, daß das ein spaßbereitendes Spiel ist, sondern das erscheint vielmehr bitterernst, und man würde sich fast nicht wundern, stürmten sie auf den Platz und richteten, am besten nur ihre Gebisse gebrauchend ein Blutbad unter den Gegnern und verhaßten Schiedsrichtern an. Das ist zwar zum Glück so noch nicht vorgekommen, aber schlimme Ansätze dazu gab es schon zu beobachten. Und genau das macht den Unterschied zwischen dem ansonsten friedlichen und nichtfanatisierten Fan aus, der nämlich keine blutunterlaufenden Augen hat oder bekommt, wenn er sich unflätigen Spruchkaskaden anschließt oder individuelle absetzt, und schon währenddessen oder spätestens danach lachend sein Bierglas hebt und weiterschaut, als wäre nichts gewesen. Zugestanden mag sein, daß auch größere Teile der Extremen zumindest vorübergehend früher oder später wieder von ihrem überbordenden Erregungszustand wieder herunterkommen, was jedoch nichts daran ändert, daß sie überhaupt ersteinmal so weit aus sich herausgegangen sind.

In der heutigen Zeit scheint mir die Auffassung vorzuherrschen, daß gerade die Extremisten  von IS und Boko Haram eine einzigartige Erscheinung seien, die obendrein nur der fehlgeleitete Teil des Islam hervorbringen kann. Das genau aber muß ich  bezweifeln. Ich neige dazu, zu behaupten, daß die von mir beschriebenen Fans – und  in letzter Ausprägung auch Du und ich trotz besserer Bildung und ausgeprägterer und verinnerlichter Kulti- bzw. Zivilisiertheit, die höhere Hemmschwellen aufbauen, irgendwann –  unter „richtiger“ Anleitung zur rechten Zeit gleichermaßen eingesetzt werden können und zu ähnlichen Greueltaten fähig wären. Die Geschichte nahezu aller Völker der Welt und, vor der eigenen Haustür kehrend, gerade die unsere legt dafür beredtes Zeugnis ab. Auch traue ich nicht ausreichend den Beschwichtigungsthesen, die in Sportereignissen wie dem Fußball nur eine gesunde Abregungsmöglichtkeit für angestaute Triebe und Aggressionen sehen und ihnen insoweit sogar heilende respektive Schlimmeres verhindernde Wirkungen zuschreiben.

Daher pläderiere – unterstellend, daß ich Recht, habe, daß dort qualitative Veränderungen im Sinne einer objektiven Steigerung vorsichgehen – ich dafür, diesem Phänomen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Wehret den Anfängen!

Nicht vergessen zu erwähnen darf und will ich, daß wir trotzdem einen schönen Fußballabend hatten. Aber das ist ja gerade das Ambivalente daran, was leider auch einen schalen Beigeschmack hinterläßt.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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