wolfsgeheul.eu vom 12.01.2017

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Der heutige Umweltschutz ist nicht so neu, wie man uns glauben machen will, und auch nicht à priori ein großer Fortschritt.

Das möchte ich an zwei Beispielen verdeutlichen.

Heute habe ich Hemden aus der Reinigung geholt, von denen die meisten schon Jahre, vielleicht teilweise sogar mehr als ein Jahrzehnt auf dem Buckel haben respektive den meinen bekleideten. Gerade bei meinen Lieblingshemden bleiben so Gebrauchsspuren nicht aus, die sich insbesondere in angeschlissenen Doppelmanschetten und Kragen(-Ecken) bemerk- und sichtbar machen. Nicht wenige hätten diese Schätzchen schon längst entsorgt, denn die Weiterverwertung als Putzlappen ist leider auch aus der Mode gekommen. Ich dagegen bringe das nicht nur nicht übers Herz, sondern schätze diese leichte Schludrigkeit à l’anglaise sogar sehr. Sauber und korrekt gebügelt werden sie mich noch einige Zeit begleiten. Irgendwann aber wird der Tag kommen, an dem ich werde aussortieren müssen. Warum eigentlich? Der Großteil dessen, was ein Hemd ausmacht, ist noch vollends intakt. Früher ging man zum Schneider seiner Wahl und ließ für kleines Geld die Manschetten und Kragen erneuern, sprich austauschen. Aber erstens macht das heute wohl nur noch der teure Maßschneider, und zweitens kostet ein komplett neues Teil weitaus weniger als die Reparatur. Fortschritt?

Der andere Fall! In den letzten Jahren als Alleinlebender – egal ob beweibt oder unbeweibt – bin ich gezwungen mehr und häufiger selbst einzukaufen als in meinem ganzen Leben zuvor. Dabei begleitete mich treu ein stabiler Weidenkorb mit flachem Bügel, der sogar im Roadsterheck Platz fand. Vor längerer Zeit rieß die Tragetraverse ab. Aus Sicht der beabsichtigten Funktion eines Einkaufkorbes ein Totalschaden! Seither suche ich nach Ersatz oder gar nach einem Handwerker, der – der Korpus war ja noch unbeschädigt – eine Reparatur hätte bewerkstelligen können. Aber die fahrenden Korbmacher, die früher regelmäßig am Ortseingang ihren Verkaufsstand und ihre Werkstatt aufbauten, gibt es nicht mehr. Und auch ansonsten bekam ich entweder ungläubiges Kopfschütteln oder die Tipps waren keine, weil sie mit „Früher gab es da ‚mal einen ……“ anfingen. Also den Korb weiter benutzt, indem ich ihn unterfaßte, statt am Henkel zu tragen! Ein Bild für die Götter! Seit Weihnachten bin ich nun glücklicher Besitzer eines nagelneuen, kunstvoll geflochtenen Exemplares eines österreichischen Flechtmeisters, der sogar eine Garantie auf sein Werk gibt, den meine Kinder mir geschenkt haben. Meine Tochter ist irgendwo in Bayern darauf gestoßen und hat, begleitet von großer Skepsis ihres Bruders, ob das denn ein tolles Geschenk sei, spontan zugeschlagen. Meine riesige Freude hat dann den einen bestätigt und des anderen Zweifel beseitigt. Ein Korb in Zeiten der Plastiktüte ist fortschrittlich. Hätte ich einen Kamin, könnte der alte sogar noch mit seinem Heizwert oder besser als Anmachholz final dienen.

Der überwiegende Rest der Welt aber lebt die Wegwerfgesellschaft mit Produkten, die fern der Heimat oft unter unsäglichen Bedingungen und nicht selten sogar in Kinderarbeit entstehen. Umweltschutz und Ressourcenschonung fangen aber nicht selten genau da an, wo die alte Welt aufgehört hat zu sein.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 26.01.2016

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Wenn man ein Kolumnenthema sucht, ist auf allenthalben in Erscheinung tretende Realsatire fast immer Verlaß.

Heute war es meine T-online-Startseite, die das Futter stellte. Dort wurde ein Live-Expertenchat zu Kreuzfahrten angeboten. Wenn diese Urlaubsform auf einer Allerwelts-Homepage diskutiert wird, muß auch dem letzten klar sein, daß die Kreuzfahrt ihren alten Glanz endgültig eingebüßt hat und inzwischen Hinz und Kunz offen steht. Was für ein Verlust an Noblesse! Aber diese schwimmenden Proletenclubhotelanlagen haben ohnehin nichts mehr mit der alten edlen Personenschifffahrt gemein. Es ist in meinen Augen auch und gerade aus Umweltschutzgesichtspunkten eine verheerende Entwicklung, Luxus zunehmend zu sozialisieren. Und wo bleiben da noch die lebenserhaltenden Träume!?

Richtig lustig war aber die Überschrift, der Aufmacher für diesen Gesprächskreis: „Dauernd seekrank: Was kann ich tun?“. Was für eine Frage! Wenn ich nicht schwimmen kann, sollte ich nicht in tiefes Wasser springen, und wenn ich das Bötchenfahren nicht vertrage, macht es keinen Spaß und ich sollte es lassen bzw. auf die Schiffspassagen beschränken, die nicht anders zu bewältigen, fürs unbedingt notwendige Fortkommen jedoch unerläßlich sind.  Aber Schiffsurlaub!? Macht denn jemand mit Höhenangst Wanderurlaub im Hochgebirge!?

Hier zeigt sich eine grassierende unheilvolle Tendenz in unserer Freizeit- und Mißgunstsgesellschaft, nämlich die, persönliche  körperliche oder psychische Beschränktheiten nicht mehr einfach hinzunehmen und sein Leben daran auszurichten. Jeder muß und will alles mitmachen können, mithalten und am besten den anderen übertreffen. Warum eigentlich? Ein Rollstuhlfahrer käme sicherlich niemals auf die Idee, Beachvolleyball spielen zu wollen. Er wäre darob bestimmt aber nicht unglücklich. Warum auch!? Es gibt genügend andere Sportarten, die sich auf Rädern praktizieren lassen, so daß man die unter den gegebenen Einschränkungen unsinnigen Betätigungen getrost außer Acht lassen kann. Aber der moderne Mensch ohne Grenzen läßt sich natürlich von nichts aufhalten. Da gibt es doch was von Ratiopharm. Die dicke Mutti mit ihren folgerichtigen Kniebeschwerden wird Dank der neuen Schmerzsalbe auch wieder zum jungen Hüpfer, statt einmal über das Abspecken nachzudenken.

Mir wird diese Welt immer fremder. Wollen wir uns nicht mehr unterscheiden und den anderen ob seiner Fähigkeiten, die man selbst nicht besitzt, in aller Gelassenheit und in ehrlicher Gönnerpose beglückwünschen und bewundern? Damit verlieren Vielfalt und Andersartigkeit ihren ureigenen Wert. Die meisten werden gleicher und streben sogar danach. Die Zufriedenheit steigt dadurch allerdings in keinster Weise, denn die nächste vom bösen Nachbarn bereits bestandene Herausforderung wartet schon. Dafür werden Schulden gemacht und Unannehmlichkeiten in Kauf genommen. Dabei sein ist alles. Und wer fragt wegen der Risiken und Nebenwirkungen schon seinen Arzt oder Apotheker!? Die sind doch ohnehin bestimmt wieder auf einer Kreuzfahrt. Ahoi!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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