„Lange Nacht der Hausarbeit“!
Meine hochgeschätzte RWTH Aachen University ruft obige für den Dienstag nächster Woche unter anderem via Facebook aus. Damit sollen die von ihr sogenannten Studis angehalten werden, einmal ihre Buden aufzuräumen und zu putzen. Ja, eine gute Uni muß heute eben eine Vollumsorgung für seine jungen Kunden bieten, will sie im internationalen Konzert mitspielen und sich auf die vorderen Ränge der Beliebtheit katapultieren bzw. dort oben halten.
Korrektur: Es wird die „Lange Nacht der Hausarbeiten“ zelebriert werden. Da habe ich mich wohl zunächst verlesen. Pardon! Der um einige Emojis gekürzte Text lautet im Original wie folgt:
„Am Dienstag, 19. Februar, können Studis aller Fakultäten die Lange Nacht der Hausarbeiten dazu nutzen, ihre Schreibprojekte vorantreiben – egal, ob noch in Vorbereitung oder schon im Endspurt. Von 19 Uhr bis tief in die Nacht unterstützen euch Teams vom Schreibzentrum der RWTH Aachen University und von der RWTH Aachen Universitätsbibliothek und geben Tipps zu allen Arbeitsschritten: Von der ersten Recherche bis zur finalen Überarbeitung. Und auch für Pausensport und Nervennahrung (Kekse, Obst, Kaffee) ist gesorgt.“
Wenn man sieht, welche Hilfen der studentischen Klasse inzwischen angeboten werden (müssen!?), fragt man sich ernsthaft, wie die Altvorderen jemals ihre universitäre Laufbahn erfolgreich abschließen konnten. Nahezu vollkommen alleingelassen wurden sie ins kalte Wasser geworfen und konnten einzig auf ihr bis zur Reifeprüfung Erworbenes an Wissen und Kompetenzen sowie hoffentlich auf Gottesgaben, nämlich ausreichende Intelligenz und Talent, zurückgreifen. Und genau so trennte sich die Spreu vom Weizen und die, die alle Herausforderungen bestanden und allen Widrigkeiten trotzten, kamen durch. Das heißt nicht, daß sich die Masse der Absolventen nur aus wirklich guten Köpfen zusammensetzte. Die Qualitäten waren – und das dürfte sich niemals ändern – naturgemäß normalverteilt, aber alle einte der unbestreitbare Umstand, daß sie die notwendigen Prüfungen bestanden und gewisse Fertigkeiten erworben hatten, die sie mehr oder weniger für gehobenere Tätigkeiten qualifizierten. Dabei spielte gerade die Tatsache, daß man es ohne die schulisch-elterlich enge Betreuung und Überwachung in universitärer Freiheit vermocht hatte, sich nicht nur alleine zurechtzufinden, sondern sich obendrein zu disziplinieren und zur Leistungserbringung anzuspornen, eine nicht unentscheidende Rolle. Damit war die Zeit an der Universität insgesamt eine oftmals harte Prüfung und ein wichtiger Schritt in Richtung Abnabelung und Selbständigkeit, also eine recht ordentliche Vorbereitung auf die danach wartenden Aufgaben.
Nun habe ich zu akzeptieren, daß die Dinge ständig im Fluß sind und sich damit zwangsläufig Veränderungen ergeben, die sich der älteren Generation auch nicht immer erschließen müssen. Ebenso mag man konstatieren, daß gewisse Hilfestellungen dazu beitragen, im internationalen Vergleich durchaus erwünschte Studienzeitverkürzungen zu erreichen. Aber ich erlaube mir die Frage, ob man nicht des Guten auch zuviel tun kann. Wann soll denn unser Nachwuchs lernen, auf eigenen Beinen zu stehen!?
Gute (lange) Nacht!
Ihr/Euer Wolf