Kein vernünftiger Mensch würde sich bei trockenen drei Grad Außentemperatur in eine überdimensionale, plexiverglaste, künstlich erwärmte fliegende Holzhütte auf dem Markt in Aachen setzen und sich eine Flasche Weiß- oder Schaumwein im eisgefüllten Sektkühler am Stehtisch servieren lassen.
Aber mit gesundem Menschenverstand kommt man dem Schickimickiphänomen wohl nicht bei. Denn die oben beschriebene groteske Szene ist seit Jahren Alltag auf dem Aachener Weihnachtsmarkt. Die Idioten, die auf Sylt den Gosch bevölkern und glauben, es geschafft zu haben, weil sie überteuerte Fischbrötchen essen und billige Pino Grigio-Plörre mit Gosch-Branding trinken, brauchen ja überall eine Heimat. Hier ist es der Stand vom Feinkostgeschäft Dorn aus Paderborn, das unter das fahrende Volk gegangen ist und die schlichten Öcher Gourmetgemüter anzieht wie die Motten das Licht. Inmitten von überteuertem fernöstlichen Tand und dem einfachen Volk eine Sehen-und-Gesehenwerden-Oase für die Mittelklasse-High-Society!
Wenn ein Weihnachtsmarkt überhaupt Sinn ergibt, dann doch nur bei knackiger Kälte unter sternenklarem Himmel, was im übrigen auch die einzige Entschuldigung für heiße gepanschte Kopfschmerzmittel à la Glühwein darstellt. Sich dort in den Massen eine lauschige Ecke zu suchen und in vertrauter Runde bibbernd und plaudernd zusammenzustehen und Väterchen Frost eine blaue Stunde abzutrotzen, mag sogar ab und an amüsant sein. Aber Feinkost in der stickigen Bude am am besten noch telephonich vorreservierten Tischchen!?
Solche Lokalitäten haben, wenn überhaupt, nur deshalb eine Daseinsberechtigung, weil sie einem messerscharf anzeigen, wo die Menschen sind, mit denen man definitiv nichts gemein hat und mit denen man nicht unbedingt zusammentreffen möchte.
Insofern, danke Dorn! Einen solchen Neureichen- und Emporkömmlingsmagneten sollte es überall geben. Wie wäre es mit einem besonders stark anziehenden, ganzjährig aktiven Exemplar auf dem Mond?
Gute Nacht!
Ihr/Euer Wolf