wolfsgeheul.eu vom 17.01.2016

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Wie war noch einmal die Nachricht am letzten Freitag aus dem nahen Vorgebirge? In Bornheim gehen Flüchtlinge nicht mehr baden? Nein! In Bornheim dürfen zur Vermeidung sexueller Belästigungen weiblicher Badegäste männliche Flüchtlinge solange nicht mehr ins Hallenbad, bis sie verstanden haben, daß die dortigen Nixen kein Freiwild sind? Ja, so in etwa war es.

Die sogenannte Flüchtlingskrise treibt immer neue Blüten und macht es einem schwer, sofort mit einem klaren Judiz darauf zu reagieren. Im ersten Moment dachte ich nämlich, daß diese Entscheidung doch ganz vernünftig klingt, weil sie den pädagogischen Ansatz verfolgt, über temporäre Verbote zu einer übergeordneten Einsicht zu gelangen. Auf der anderen Seite waren öffentliche Bäder wegen ihrer naturgemäß leichtbekleideten Besucher für junge Menschen immer schon Horte vorsexuellen Amüsements und Anbahnungsstätten für Interaktion zwischen den Geschlechtern, bei denen die Grenze zwischen hormongesteuerter, erlaubter Neckerei und sexueller Belästigung fließend ist. Warum sollten junge Flüchtlinge diesbezüglich anders sein!? Individuelle Hausverbote statt Sippenhaft sind deshalb wohl die angemessenere und richtigere Lösung. Später stellte sich mir aber die Frage, warum Flüchtlinge überhaupt ins Hallenbad gehen respektive gehen können. Ein Tagesticket im hochmodernen „HallenFreizeitbad“ mit Warmbecken außen, Sauna-und Fitnesslandschaft und Gastronomie in Bornheim kostet 6,00 Euro, für zwei Stunden sind 4,50 Euro fällig. Sodann weiß man, daß bei solchen Freizeitvergnügen es für die meisten selten beim Eintrittsgeld allein bleibt, weil die Zeit außerhalb des Schwimmens gefüllt gehört und deshalb, weil man nichts mit hineinnehmen darf, zum Beispiel noch Snacks und Getränke erworben werden (müssen). So ein Schwimmbadbesuch – sieht man einmal von den rein sportlich oder therapeutisch motivierten Nutzern ab – ist also, auch wenn die Grundtaxe noch so subventioniert sein mag, immer eine Form von Luxus, den man sich leistet und/oder leisten können will und muß. Und junge Familien, die nicht auf Rosen gebettet sind, dürften ähnlich wie bei der städtischen Kirmes es sich dreimal überlegen, ob und wann sie sich ein solches Vergnügen gönnen. Ein Spaziergang im Wald oder im Park mit Abstecher zum Spielplatz ist genauso spaßig, gesund und -entscheidender Vorteil – gratis. Aber vorliegend reden wir im übrigen gar nicht über Familien, bei denen aus Sicht des übergeordneten Kindeswohles manche Beurteilung eventuell sogar anders ausfallen kann und mag, sondern mutmaßlich mehrheitlich über alleinstehende junge Männer, die hier auf Anerkennung als Asylanten und Kriegsflüchtlinge warten. Denen gewähren wir bis zur Entscheidung gerne einen trockenen und warmen Schlafplatz und Verpflegung. Aber sind wir auch für deren Luxusbedürfnisse zuständig?

Hierüber kann man nun trefflich streiten, und es gibt sicherlich für jede Meinung gute Argumente. Wenn man aber die Nachricht hinter der Nachricht nicht wahrnimmt, kommt man zu den weitergehenden und -führenden Fragen erst gar nicht. Heute kann man übrigens schon online lesen, daß die Verantwortlichen in Bornheim bereits zurückrudern. Entweder gibt es keine fundierten Entscheidungen mehr oder es mangelt zunehmend an Durchhaltevermögen, wohlabgewogenene Entscheidungen auch gegen alle Widerstände zu verteidigen. Das Verbot in Bornheim war nun eher eine Furzidee. Sie öffnete auch weiterer, nicht gewollter, idiotischer oder gar rassistischer Differenzierung Tür und Tor. Oder will jemand ernsthaft erwägen, zum Beispiel auch den „Arier-Nacktbadetag“ oder einen „Burka-Badetag“ einzurichten!?

Sehen wir es positiv! Man hat einmal darüber nachgedacht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Jetzt freue ich mich erst einmal auf Dienstag. Erneut lockt mich die Stadt Mönchengladbach, ihr einen journalistischen Kulturbesuch – Restkarten gibt es meines Wissens noch – abzustatten. Beeindruckenderweise spielt dort nämlich die glamouröse Jungpianistin, Khatia Buniatishvili, mit dem späten Klavierkonzert KV 466 auf. Ich bin sehr gespannt auf die Qualität ihres Spiels und freue mich so oder so auf den optischen Genuß. Bericht folgt!

 

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wolfsgeheul.eu vom 20.09.2015

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Der Niederrhein, zur Zeit Tal der Tränen im Fußball, hat letzten Donnerstag auf anderem Gebiet wieder einmal im wahrsten Sinne des Wortes geglänzt. In der Reihe „Pioniere der Welt in Mönchengladbach“ war der 84-jährige Lichtkünstler und ZERO-Mitbegründer Heinz Mack auf Einladung des umtriebigen Initiativkreises, der es immer wieder schafft, weltbekannte Persönlichkeiten zu gewinnen, zu Gast. Es ist schon ein Phänomen, daß jedesmal fast 1000 Menschen sich bereitfinden, ein Ticket zu erwerben, um mehr als zwei Stunden einer Person gebannt zu lauschen.

Jeder, nicht nur der Kunstinteressierte, kennt ihn im Zweifel wegen seiner oft monströsen Skulpturen im öffentlichen Raum, die sehr stark von ihren Lichteffekten, insbesondere unter ausgeklügelter Beleuchtung während der Dunkelheit, leben und ihre Faszination verströmen, spektakulär zur Zeit mit neun rechteckigen goldenen – so Mack – „Säulen, die“ tempelruinengleich statt eines Daches „den Himmel tragen“, anläßlich der Biennale in Venedig und demnächst in Istanbul zu sehen. Und der Insider weiß, daß Mack, wie sein zeitweiliger Mitsteiter Uecker und andere seiner Generation, zu den Künstlern gehört, die von Beginn an auch den wirtschaftlichen Erfolg gesucht und – er fuhr schon in den Sechzigern den, nach eigenen Angaben, ersten schwarz/schwarzen Jaguar durch Düsseldorf – gefunden haben. Und jetzt in Macks letztem Lebensdrittel rückt er noch einmal verstärkt in den Fokus und erntet in einträglicher Weise vermehrt die Früchte seines Ruhmes.

Was für ein Mensch ist dieser Heinz Mack!

Klein aber mächtig von Statur mit einem großen Kopf zeigt er sich trotz des fortgeschrittenen Alters körperlich und geistig voll auf der Höhe. Während er in der Pressekonferenz noch grantelte – warum man ihn so kurz vor einem Vortrag, auf den er sich vorbereiten müsse, mit schwierigen Fragen traktiere, wurden wir anbeblafft -, war er auf der Bühne, wo er über eine Stunde lang seine Werke vorstellte und Anekdoten erzählte, souverän und überwiegend amüsant und charmant. Nur manchmal blitzten seine Streitlust, seine Ungeduld und sein Ärger über Imperfektion durch und ließen erkennen, daß Mack durchaus ein schwieriger und widersprüchlicher Zeitgenosse war und ist. Seine Aneinanderreihungen von Superlativen – der Erste, der Schwerste, der Höchste, der Längste etc. – verloren zudem zunehmend ihre beeindruckende Wirkung; im Saal wich das Staunen mehr und mehr einem Schmunzeln und später fast einem gelangweilten Seufzen. Erst die genauso kundige wie attraktive Tina Mendelsohn ließ den harten und forschen Mack dahinschmelzen, so daß es ihr in einem fast 60-minütigen Gespräch gelang, den immer noch angriffslustigen und gockeligen Tiger zu zähmen und ihm stille und nachdenkliche Statements zu entlocken. Da war er hin, der Drang zu „höher, schneller, weiter“, und es öffnete sich ein Blick auf den vielschichtigen, philosophierenden und durchaus auch zu Selbstzweifeln neigenden Feingeist.

Was waren die besonderen Momente dieses über alles spannenden und gelungenen Abends?

In Rage über die Graffitischmierereien auf seinen überwiegend ausreichend Fläche hergebenden Werken ließ er sich hinreißen, sie als eine „abartige Form der Kunst“ zu bezeichnen, wobei er allerdings gönnerhaft zugestand, es könnten sich „eventuell einige verlorene Talente“ unter den Tätern befinden. Später brüstete er sich vor Frau Mendelsohn dann damit, daß er im Bundestagswahlkampf 1957 mit Pinsel und schwarzer Farbe bewaffnet die CDU-Plakate von Adenauer – „Keine Experimente“ – bei Nacht und Nebel in Düsseldorf reihenweise durch Übermalen des „Keine“ in seinem Sinne verändert und der Polizei, die ihn dabei erwischte, entgegengehalten hat, er sei ein freier Mann in einem freien Land. Späte Einsicht war das nicht, und Nachsicht mit der heutigen Jugend scheint für ihn deshalb ebenfalls nicht angebracht.

Mack freute sich aber auch, genauso genüßlich wie demütig sein und das Künstlerleben an sich zu preisen, indem er postulierte „Kunst ist die höchste Form der persönlichen Freiheit“. Die nahm er sich auch, als er unter dem ungläubigen Lachen des Publikums erklärte, eine über vierzig Meter hohe Stele, die er im Auftrag der Daimler AG schuf, habe nur zufälligerweise „in der Draufsicht exakt den Querschnitt wie der Mercedes-Stern“.

Und auf die Frage, inwieweit für ihn als einem Angehörigen eines weißen Jahrgangs die zivilen Kriegserlebnisse prägend waren, wurde er sehr nachdenklich und offenbarte Jüngersche Züge, indem er seine Vorliebe für Licht sowohl auf dessen Abwesenheit in den Zeiten der Verdunklung und im Luftschutzkeller zurückführte, als auch auf die faszinierenden Lichtschauspiele durch die sogenannten Tannenbäume am Himmel und explodierende Granaten und Bomben, deren trauriges Ende aber leider und paradoxerweise immer die Zerstörung waren.

Daraus läßt sich viel über sein späteres Schaffen ableiten, insbesondere seinen ästhetisierenden Kern fern jedweder Provokation, geschweige denn politischer Aussage. Und die Sahara-Experimente mit auf großer Fläche filigran in den Sand geharkten Bildern, die schon Stunden später Opfer des Windes wurden, erscheinen in ihrer Vergänglichkeit auch durchaus sinnbildhaft.

Jedenfalls steckt hinter dem niemals verstörenden und meist das Auge fesselnden Werk erwartbar – normale und umgängliche Typen schaffen eher selten Außerordentliches – ein besonderer und interessanter Mensch. Das gezeigt zu haben, dafür gilt den Machern in Mönchengladbach und Tina Mendelsohn herzlicher Dank.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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