wolfsgeheul.eu vom 25.11.2016

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Wenn man sein Auto liebt, hat man es schwer.

Man teilt das Leben mit ihm, verehrt und vergöttert es, möchte seine wunderbaren Kurven und das Leder rund um die Uhr streicheln, seine schöne Gestalt bewundern, aber des Abends muß der Schatz in die Garage und das gegenseitige Begehren liegt bis zum nächsten Morgen auf Eis. Keinen Hund würde man so behandeln. Ja, sind denn Automobile nicht auch gefühlvolle Wesen mit dem Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit!? Wie kann man die in eine nüchterne, meist noch von anderen Gegenständen mehr oder weniger ordentlich und lieblos gefüllte Box stellen!? Eine herz- und rücksichtslose Welt!

Glücklich ist – wie ich früher – da wenigstens der, der seine Garage vom Haus aus betreten und, ohne sich ausgehfein anziehen zu müssen, jederzeit dort seinem lieben, blechernen Freund Besuche abstatten kann. Besser ergeht es natürlich denen, die – wie inzwischen in vielen Metropolen der Welt – eine Wohnung in einem jener modernen Tower besitzen, in denen man das Gefährt in einem gläsernen Aufzug mit nach oben nehmen kann, wo es dann aus dem Appartement heraus sichtbar vor der Tür schwebt. Aber bisher können sich nur wenige Privilegierte diesen Luxus leisten.

Das ist in einer Zeit, in der wir glücklicherweise erkannt haben, daß die meisten Dinge klassenfrei zu sein haben und jedermann unabhängig von seiner finanziellen Potenz in deren Genuß kommen sollte, ein unhaltbarer Zustand, der schnellstmöglich beseitigt gehört. Da wartet noch eine Menge Angleichungsarbeit auf die Gesellschaft.

Aber was macht der Individualreisende im Urlaub? In die Hotel(tief)garage? Um Gottes Willen!

Doch auch hier kommt erfreulicherweise Bewegung in den Markt. Wie ich dem aktuellen Heft 4-2016 des Mercedes-Benz Magazin entnehmen durfte geht das Mohr Life Resort im wünderschönen Lermoos – kenne ich vom Mountainbiken – in der Zugspitzarena mit gutem Beispiel voran und bietet mit der Suite „007“ ein Zimmer mit integrierter Garage an. Sicherlich werden bald viele folgen, aber es ist doch immer wieder erstaunlich, wie lange in unserer Wohlstandsgesellschaft solch‘ eigentlich selbstverständliche Entwicklungen brauchen.

Bis auf weiteres heißt es jedoch für die meisten Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Auto warten und sich fürderhin auf lange, kalte Nächte des ungestillten Verlangens und Nacheinanderverzehrens einzustellen. Ihre Liebe wird an dieser harten Prüfung nur noch wachsen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 05.09.2016

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„Wir verschieben die Grenzen des guten Geschmacks.“.

Wer wirbt denn so? Charlie Hebdo, die Satirezeitschrift „Titanic“, die Protzweckerschmiede Hublot, Jan Böhmermann, Erika Steinbach, Markus Söder oder die AfD!? Nein! Und was sollen überhaupt „die Grenzen“ sein!? Gibt es da nicht nur eine!?

Der Wunsch nach immer neuen und außergewöhnlichen Formulierungen im Vereine mit der abnehmenden Beherrschung der deutschen Sprache treiben immer unsinnigere Blüten. Das Eingangsstatement wurde abgeleitet vom Titelblatt der zweiten Ausgabe diesen Jahres der Kundenpostille „Mercedes-Benz magazin“, das dort auf ein Interview mit dem „Aromenzauberer“ Dabiz Muñoz, dem man genau diese Grenzverschiebung zuschreibt, verweist. Für die, die wie ich, in der internationalen Oberliga der Kochkunst nicht ganz sattelfest sind, sei gesagt, daß es sich bei Muñoz um einen von aktuell acht spanischen Dreisterneköchen handelt.

Na, der würde sich für diese Ankündigung aber sicherlich bedanken, wäre er des Deutschen mächtig! Die Grenze des guten Geschmack bezeichnet doch zunächst unstreitig den Übergang zum schlechten. Und auf dem Weg dahin nimmt die Geschmacksqualität permanent ab, bis sie schließlich ins Negative, nicht mehr Goutierbare kippt. Das bedeutet aber, daß der, der genau diese Grenze verschiebt, sich noch weiter ins Land des Ekels hineinbewegt und es ihm dabei – wie auch immer – lediglich gelingt, trotzdem noch nicht auf der anderen, falschen Seite zu landen. Was also bisher fast schon ungenießbar war, steigert er noch, ohne seine Kunden endgültig zu vergrätzen. Da es in der modernen Highendküche verstärkt um die Herausarbeitung und Verwendung von Aromen geht, kann es sich bei dieser artistischen Grenzzaunverschiebung eigentlich nur um einen Vorgang handeln, bei dem zum Beispiel Stinkmorcheln der Duft von Lavendel eingehaucht wird, damit sie überhaupt zum Verzehr geeignet sind.

Ist es das, was wir von einem Spitzenkoch erwarten? Natürlich nicht! Der Feinschmecker möchte doch genau auf der anderen Seite des Spektrums durch Optimierung überrascht, erfreut, bezaubert und beseelt werden! Und das scheint Herr Muñoz offensichtlich zu beherrschen, denn sonst kämen die strengen Michelin-Tester niemals auf die Idee, ihn maximal zu dekorieren.

Die Überschrift im Mercedes-Blättchen ist also entweder nur dumm oder läßt tief blicken. Lotet man etwa auch beim Daimler die Grenze des guten Geschmacks aus und treibt sie vor sich her, wenn es um Schadstoffausstöße oder das Entwickeln immer größerer, überflüssigerer und vor allem häßlicherer Autos geht!?

Wie wunderbar wäre es doch, lebten wir in einer Welt, in der es nur Virtuosen gestattet wäre, sich als Grenzgänger ihres Faches zu betätigen! So wie Dabiz Muñoz, dessen edle Speisen mir möglicherweise in diesem Leben leider nicht mehr zuteil werden.

Bon appétit und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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