wolfsgeheul.eu vom 12.06.2015

0
0

Vor einiger Zeit wurde mir auf einer Vernissage ein Künstler vorgestellt, der für eine ganz pfiffige, ausladende multimediale Installation verantwortlich zeichnete, aber ansonsten eher für seine Lyrik bekannt sein sollte. Ein altes Versprechen einlösend dedizierte er in meinem Beisein einer Freundin von mir ein kleines Gedichtbändchen aus dem Selbstverlag, in das ich hineinblättern durfte, während der Autor mich auf meine Reaktion hin beobachte. Nicht hellauf begeistert gab ich es der Beschenkten zurück mit dem höflichen, leicht geheuchelten Bekunden, es mir später noch einmal in Ruhe ansehen zu wollen. Der Kommentar kam dann aber vom Lyriker selbst, der etwas herausfordernd und linkisch zugleich zu mir sagte „Das ist Romantik.“, was mir nicht entgangen war. Monate später las besagter Herr auf einem Hauskonzert in extenso aus seinen Werken, die angeblich irgendwie zum Thema des Abends passen sollten. Die Gedichte waren als mit der Brechstange zusammengestocherter Romantikvokabelsalat grausam, der Vortrag war schlecht, so daß auch er nichts retten konnte. Alles in allem eine Belästigung und unschöne Unterbrechung,  die wir natürlich trotzdem brav beklatscht haben, der ansonsten herzerfrischenden und guten anderen Darbietungen. Gegenüber der Freundin, die auf der Ausstellung das Büchlein bekommen hatte, äußerte ich später meine Einschätzung, die im übrigen von allen Anwesenden, mit denen ich entre nous gesprochen habe, geteilt wurde, unverblümt, was diese sehr höfliche Frau als zu hart beurteilte und den Hobbydichter u. a. mit dem Argument verteidigte, man müsse es trotzdem erst einmal zustande bringen. Da war der Leu in mir geweckt und ich bot an, zu beweisen, daß man von so einem Mist in einer Viertelstunde locker zwei Gedichte produzieren könne, was sie als völlig unmöglich ansah. Den Beweis habe ich, den von mir selbst vorgegebenen Zeitrahmen nicht überschritten habend, wie folgt versucht anzutreten:

Zwei lyrische Schnellgerichte

von

Wolf M. Meyer

Flutasche

Der Regen schwemmt, sauer und schwer

Die vollgesogene Traurigkeit der Korkeiche hinfort

Und die Ebbe im Salztopf der Sanftmut

Ächzt in ihrem reduzierten Leib, so

Als hätten ihre Flügel einen Kater.

Nur langsam wächst das Sternenmeer

Wieder in alte Weiten, schwarz von der Asche

Der purpurspeienden Berge, als gäbe

Der Nebel dem Licht seinen Namen.

Der Tod grüßt von der Empore,

Während im Schiff die Seelen heillos flirren,

Ohne mit der Flut zu rechnen,

Die sie bald in die salzige Unendlichkeit

Wegreißen wird, erbarmungslos und kalt.

Friede ihrer Asche!

Zinnober im Oktober

Rot, voll des schwarzen Blutes

Ausgebrochen aus dem bedeutungsschwangeren Nichts

Der Weite bis zum gekurvten Horizont des Oktogons.

Alles schwelgt im müden Frevel

Der tollen Tage, die der Sommer gebar;

Die Mäuse huschen durch die Gänge,

Der Aal ist glatt wie ein Fanal.

Da rächt sich Leidenschaft und Lab

Und läßt die giftgefüllten Bäuche schwellen

Bis ein Knall die hohen Zinnen trifft ins Mark.

Gib den müden Augen ihren Schlaf –

Bald ist November, meine Herren Ober!

Die Freundin fand dann, das Spiel bis zum Schluß nicht verstehen wollend oder könnend, meine Werke auch nicht unbedingt besser als die des vermeintlichen Profis. Sollte sie auch nicht! Mein Sieg war es doch, daß sie trotz aller Versuche, ihren hilflosen Wortzauberer gut dastehen zu lassen, diesen nicht weit überlegen, sondern durchaus gleichwertig zu empfinden schien, obwohl der sich wichtig nimmt und bestimmt stundenlang gebiert und feilt, bis eine kleine Maus den Kreißsaal verlassen kann, während ich die Dinger tatsächlich in 15 Minuten ohne Anspruch runtergerotzt habe.

Zum Glück weiß ich jetzt aber auch, daß der Romantikkomiker im Hauptberuf gutverdiender Akademiker ist. Die Künstlersozialkasse muß also für ihn keine Rückstellungen bilden. Und irgendwie ist es doch immer gut, wenn Menschen mit ihrer Freizeit etwas anzufangen wissen, und sei es auch nur mit der Hilfe des alternativen Kurses „Dichten nach Zahlen“ „Folge XX“ „Romantik“.

Und, liebe Firma Maggi(s. Kolumne vom 05.06.2015), wenn ihr, um euren Ruf zu retten,  den armen Indern vielleicht zukünftig lieber deutsche Instantgedichte aller Gattungen statt Schnellgerichte aller Geschmacksrichtungen servieren wollt, ich stehe Gewehr bei Fuß!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0

wolfsgeheul.eu vom 05.06.2015

0
0

Gerade titelt die T-Online-Homepage in einem Subartikel im oberen Seitensegment „Indien verbietet Nudeln von Maggi“!

Prima, denkt man sofort, denn warum sollte eine Nation, mit sehr interessanten, schmackhaften, angestammten Nahrungsgewohnheiten auch noch diesem westlichen Tütenmist – laut Focus-Online geht es wohl tatsächlich um ein Fertiggericht und nicht um schiere Nudeln – frönen, statt bei Bewährtem, Landestypischem zu bleiben. Und wer braucht wirklich diesen ernährungsphysiologischen Unsinn und obendrein überteuerten Fertigquatsch!? Keiner, und erst recht nicht ein Land, das nicht für flächendeckenden Reichtum bekannt ist! Und dann liest man weiter und erfährt entsetzlicherweise, daß Maggi mit 70% Marktführer in Indien ist und die dortige Bevölkerung dem besonders für Menschenfreundlich- und Redlichkeit bekannten Lebensmittelkonzern Nestlé, zu dem Maggi gehört, gigantische Umsätze beschert. Müssen denn alle Nachzügler die Fehler der Vorreiter wiederholen? Warum wird ihnen das nicht erspart? Und warum sind gerade die großen Konzerne oft so gewissenlos, daß sie offenbar vollkommen ohne Skrupel ihre im Westen schon längst notleidenden, weil zunehmend verfehmten Produkte unverändert an die Bürger aufstrebender Länder ohne Rücksicht auf Verluste bei den Konsumenten und aus reiner Profitgier verkaufen? Wo sind denn die Ethikbeauftragten, die für teures Geld den durchschnittlich in diesem Bereich unterbelichteten aber hochbezahlten CEO unterstützen und ihm den rechten Weg weisen?

Liebe Inder, ob eure lebensmitteltechnische Laboruntersuchung recht hat oder nicht hinsichtlich der Behauptung irgendwelcher Schadstoffe, hört doch unabhängig davon damit auf, solche Scheiße zu fressen, oder wollt ihr etwa nicht nur so reich wie die westliche Welt, sondern auch so dick und wohlstandskrank werden!? Nicht jeder Fortschritt ist nachahmens- und erstrebenswert. Und, was noch schlimmer wäre, hinterher müßten wir dann vielleicht beim „Inder“ die Hymne der gehetzten Westler “ Deckel auf, heiß Wasser drauf“ anstimmen und auch dort noch auf halbwegs gesundes Essen verzichten.

Eigentlich wollte ich heute von einer Vernissage bzw. den dort gemachten Beobachtungen berichten. Das kommt dann Sonntag!

Danke, „Maggi „Koch“studio“, und viel Erfolg weiterhin!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

0
0