wolfsgeheul.eu vom 12.07.2017

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„Wir möchten Sie bitten, weder zwischen den Musikstücken noch am Ende des Konzertes zu applaudieren. Danke!“

Diese Worte richtete der Organist der Universitätskirche zu Münster vor fast vierzig Jahren von der Empore an das Auditorium, bevor die Musiker zu spielen begannen. Genauso habe ich es noch sehr lange in Erinnerung, daß es sich nämlich früher nicht gehörte, in einem Gotteshaus für was auch immer anerkennend in Hände zu klatschen. Und da die Künstler um diese Zurückhaltung wußten, empfanden sie, deren Brot der Applaus eigentlich ist, es selbstverständlich nicht als Mißachtung ihrer Kunstfertigkeit, sondern akzeptierten gleichermaßen, daß es der Würde einer Kirche zuwiderläuft, sich derart ausgelassen zu geben.

Was ist seither geschehen, daß ein solch‘ guter Brauch nichts mehr gilt? Die Applausgesellschaft hält es offenbar nicht mehr aus, sich zu zügeln. Wie in den Konzertsälen leider ebenfalls fällt sie meist sogar noch in den letzten verklingenden Ton, als gäbe es nichts Wichtigeres, als sich lautvernehmlich zu freuen und zu bedanken. Ergriffenheit und stille Begeisterung scheinen hoffnungslos aus der Mode gekommen zu sein. Der Aktivbürger muß sich äußern, wenn er, was ihm zunehmend schwerer fällt, über längere Zeit zu stummem Zuhören gezwungen war. Da bricht sich dann sein Bewegungsdrang fast explosiv Bahn. Am besten klatscht man in jede Pause rein. Die häufig musikunkundigen Opernliebhaber haben es vorgemacht und mit ihrer Unart selbst den letzten Klassikwinkel infiziert.

Als wäre das nicht genug, tritt dieses äffische Benehmen jetzt auch noch seinen zweifelhaften Siegeszug bei den letzten Bastionen Hochzeit und – man will es kaum glauben – sogar Totenfeiern an. Wie gerade wieder bei dem Kohlgedenken erlebt, können selbst die Großen und Mächtigen dieser Welt nicht anders, als reflexartig den Musikern per lautem Klatschen ihre Anerkennung zu zollen, und verlieren dabei ganz offensichtlich den Anlaß der Zusammenkunft und den Grund für die obendrein meist traurige musikalische Untermalung aus den Augen.

Man wünscht sich in vielen Lebensbereichen die frühere Ruhe zurück, weiß aber, daß sich überwiegend die Entwicklung nicht zurückschrauben läßt. In nichtprofanierten Kirchen jedoch gibt es fürderhin einen Hausherren, der das Benehmen in seinen Gebäuden bestimmen kann. Die jeweiligen Priester könnten ihren Besuchern keine größere Freude machen oder bessere Lektion erteilen, als wieder für eine beruhigende, andachtsvolle Stille zu sorgen. Sicher bin ich mir, daß nicht nur Gottesgläubige dieses Erlebnis von feierlicher Ruhe sofort bzw. über kurz oder lang zu schätzen wüßten.

Gott braucht keine Claqueure! Und gute Musiker brauchen sie ebenfalls nicht, da sie genauso auf das Urteil von tumben Krachmachern verzichten können.

Gute, stille Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 26.06.2016

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Es gibt Straftäter mit Ehre im Leib!

Diese bekannte Ganovenehre zeigt sich bei Graffiti-Sprayern in der besonderen Gestalt der Künstlerehre und legt fest, daß man die Werke von Kollegen grundsätzlich nicht übermalen darf. Das erstaunt umso mehr, als es hinsichtlich der strafrechtlichen Bewertung verlockend sein könnte, genau dies zu tun, weil man sich auf den Standpunkt stellen kann, daß eine Sache, die bereits entsprechend beschädigt ist, nicht strafbewehrt erneut beschädigt werden kann. Und das Verunstalten eines Kunstwerkes, das illegal entstanden ist, dürfte ohnehin folgenlos sein, da der Vorsprayer mit seinem Tun keine justitiablen Rechte begründet. Trotzdem geht man respektvoll miteinander um.

In diesem Comment liegt eine große Chance für jeden Eigentümer von öffentlich zugänglichen, potentiellen Malflächen, die regelmäßig Opfer von Graffitis werden. Ist man nämlich erst einmal als Fleilandaustellungsstandort auserkoren, hilft zumeist weder ein Beseitigen oder Überstreichen, um die lästigen Straßenartisten abzuschütteln, noch ein kompletter Neuanstrich, weil letzterer erst recht eine Einladung an die Szene ausspricht. Weiße Leinwand schreit doch nach Oberflächenbearbeitung!

Genial ist daher die Idee, den Illegalen zuvorzukommen, indem man offiziell einen Meister der Zunft beauftragt, die Mauern und Hauswände künstlerisch flächendeckend zu versiegeln, so wie dies der Aachener Stromanbieter, STAWAG, schon vor weit über einem Jahr mit dem unten abgebildeten Trafohäuschen getan hat, welches seither seine Pracht unangetastet präsentieren darf. Vorbildlich!

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Welch‘ prächtige Vorstellung, wenn triste und zugleich unansehnlich wild beschmierte innerstädtische Fassaden zu bunten und fröhlichen Museumsfluchten sich wandelten und das Auge erfreuten. Eine zeitgemäße Variante der Lüftelmalerei! Ebenso aus kunstpädagogischen Gründen eine grandiose Angelegenheit, weil damit auch Menschen an die Kunst herangeführt würden, die der Kulturbetrieb bisher nicht erreicht! Und da sich über Geschmack nicht streiten läßt und die Entscheidungshoheit für die Wahl des Artisten und dessen individueller Handschrift beim Hausherren liegt, könnten unterschiedlichste Stile in direkter Nachbarschaft einen herrlichen Kontrast bilden und die Vielfalt der Kunstrichtungen augenfällig machen. Auch den sicherlich ewig klammen Graffiti-Outlaws wäre geholfen, könnten sie doch auf diesem Wege ihr Brot verdienen, ohne daß es ihnen verwehrt wäre, weiterhin ihrem den besonderen Kick auslösenden Drang nach verbotenem Tun und Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen in Gewerbegebieten, Hinterhöfen oder an Autobahnbrücken und Hochhausruinen nachzugeben.

Wenn Menschen sich aufeinander zu bewegen, vermeidet bzw. entschärft das nicht nur Konflikte, sondern kann auch zu gedeihlichem Zusammenwirken führen. Machen wir also unsere Städte zu täglichen Museen der Moderne! Die Welt ist zwar durchaus bunt, kann aber ruhig noch mehr Farbe vertragen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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