wolfsgeheul.eu vom 03.11.2018

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Deutschland hat offensichtlich leider keine Mohnblumen-Tradition.

Im Unterschied zu den lebenslustigen Monet-Franzosen sind diese genauso grazilen wie mysteriösen Blumen dem Germanen wohl eher fremd, obwohl quasi jeder Volkshochschulkurs „Malen I“ bei uns mit diesem Objekt der Flora beginnt.

Jedenfalls läuft in diesen Tagen kein Deutscher mit einer „poppy“ am Revers herum. Warum eigentlich nicht? Für Briten, Amerikaner, Kanadier etc. besteht diesbezüglich praktisch eine Bürgerpflicht, denn am 11. diesen Monats ist Remembrance Day, obendrein dieses Jahr einhundert Jahre nach Einstellung der Kämpfe im Ersten Weltkrieg. Hat Deutschland in diesem Krieg und in den nachfolgenden etwa keine toten Soldaten zu beklagen?

Kürzlich war ich für einen Kurzurlaub in Kent und traf in einem Pub zufällig einen hochsympathischen älteren Herrn, der an seinem Pullover eine besondere „poppy“ in gehäkelter Form trug. Nachdem wir auf meine Initiative hin ins Gespräch kamen, zeigte er sich vollkommen überrascht, daß Deutschland diese wunderbare Tradition des Gedenkens an die Kriegstoten nicht längst übernommen hat. Auch zum Zeichen der Völkerverständigung dedizierte er mir am Ende unserer netten und interessanten Begegnung seine „poppy“, die seine Frau abendlich auf dem Sofa für Verwandte und Freunde in größerer Zahl produziert, mit – nachdem er eine spontane Geldspende meinerseits abgelehnt hatte – der Maßgabe – wir hatten uns vorher darüber unterhalten -, einen Betrag meiner Wahl dem „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.“ zu spenden. Danach schickte mir das Ehepaar weitere zwanzig Exemplare per Post, weil ich erwähnt hatte, in meinem Lions Club daraus vielleicht eine Activity gestalten zu können. Das haben wir auch umgehend mit einer Spende sowohl an die Kriegsgräberfürsorge als auch an die Stiftung des furchtbar beeindruckenden amerikanischen Soldatenfriedhofs im niederländischen Margraten umgesetzt. Alle internationalen Mitglieder unseres Clubs besitzen nun eine „poppy“ und ich bin mir sicher, daß wir sie fortan jährlich im November tragen werden.

So geht Frieden! Möge sich in unserem Lande deshalb diese Tradition ebenfalls durchsetzen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 01.07.1960

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Vor 55 Jahren wurde ich  im schönen Düsseldorf geboren, hinein in die Hochzeit des Wirtschaftswunders und vor allem des Friedens in Europa, der – inzwischen haben wir beglückenderweise selbst Kinder – bis heute hier für uns alle währt. Das ist aber, horribile dictu, nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Deswegen können Firmen wie Rheinmetall und Heckler&Koch, wenn überhaupt, nur Krokodilstränen weinen, zahlen sie doch auf dem Rücken der mit ihren Waffen Getöteten der Welt ordentlich Steuern, sichern Arbeitsplätze und können ob ihrer Gewinne frohlocken.

Der größte Irrtum unserer bigotten Gesellschaften ist es also, auch nur im Ansatz von „Friedenszeiten“ zu sprechen. Nach dem Korea- und dem Vietnamkrieg, zusammen mit mutmaßlich mehr als sechs Millionen Toten wähnte man sich in Sicherheit, und die Kubakrise hat man kindlich verschlafen oder gar noch auf sie geschissen. Falkland, Golf, Irak, Afghanistan alles weit weg, selbst Bosnien, obwohl gefährlich nah, ist an uns weitestgehend schadlos vorbeigegangen, wenngleich in letzter Zeit als Novum auch wieder deutsche Soldaten leider auch wieder in Kriegen und nicht nur besoffen vom Panzer fallen. Nicht wissenschaftlich aber gleichwohl sicher so falsch nicht listet Wikipedia – einem Almanach der Lebensjahre gleichend, der es einem nach proustscher Manier durchaus ermöglicht, die eigene Vita nachzuvollziehen – ab 1960 über einhundert (Bürger-)Kriege und bewaffnete Konflikte auf; die Opferzahlen liegen wohl sicher im zweistelligen Millionen-Bereich. Dabei muß man Nachbarschaftsstreitigkeiten bzw. Religionskonflikte von solchen kriegerischen Auseinandersetztungen scheiden, bei denen die waffenliefernden Nationen aktiv oder, wie gerne und zumeist, passiv eigentlich eigene Interessen, meist Rohstoffe betreffend, verfolgen. So oder so sind wir aber überwiegend involviert.

Wenn Europa die restliche Welt nur mit Lebens- und Fortbewegungsmitteln sowie sonstig zivilen Gütern beliefern würde, könnten wir uns zurücklehnen und die lange Friedensphase bei uns feiern. Stattdessen liefern wir unendlich viele Waffen und wissentlich Dinge, die zu solchen werden können und sollen, über den Erdenball, was nicht unwesentlich unseren Wohlstand und „Frieden“ sichert und ohne Ende todbringend ist. Sorry, Freunde, das ist nicht friedlich, das ist tatsächlich schändlich. Während wir es uns gut gehen lassen, testet man in der Welt unsere Waffen und bezahlt sogar dafür. Und dann kaufen wir dem IS auch noch Öl ab; eigentlich aber nur konsequente und „legitime“ Kick-Back-Zahlungen für gute Kunden und Waffentester auf fernem Terrain. Können sich CEO’s von Rüstungsfirmen, aber auch von LKW- und Chemieproduzenten, die sich vor geheuchelter Verwunderung kaum einkriegen können, daß ihre Produkte auch als Lafetten zu dienen oder chemische Waffen zu füllen vermögen, eigentlich morgens noch im Spiegel anschauen? Es steht zu befürchten, daß sie dazu in der Lage sind. Außerdem sind es ja sicherlich gute Familienväter und wohltätige Menschen, die, wenn sie lange genug warten und die richtigen Leute kennen, auch noch Verdienstkreuze einheimsen und stolz herumtragen dürfen. Am besten sind sie dann zusätzlich fleißige Kirchgänger, klar, denn der Vergebungsbedarf ist bei ihnen besonders hoch.

Realität ist also, daß die Welt auch seit 1960 sich quasi im Dauerkrieg befindet und die Industrienationen davon und auf dem Rücken der armen Betroffenen in fernen Landen teilweise vortrefflich leben. Nun gut, das war immer so und wird wahrscheinlich immer so bleiben. Der Mensch ist so und will es nicht anders. Aber hören wir auf, uns selbst zu beweihräuchern, und denken wir ab und an daran, wenn wir uns, obwohl selbst keine Waffenmagnaten, morgens rasieren. Wir sind ein Teil des ganzen und partizipieren davon. Unschuldig ist niemand.

Mein schönes und friedliches Leben bezahlen andere auf der Welt mit dem ihren. Daran etwas zu ändern, sollte uns, jeder an seinem Platze, Lebensaufgabe sein, wenngleich ich eingestehen will und muß, auch keine Patentlösung anbieten zu können. Wie wäre es aber zum Beispiel mit Regelungen, daß Waffen nur in Länder mit Verteidigungsarmeen und so starken Kontrollen exportiert werden dürfen, daß das Gelangen in schwarze Kanäle weitestgehend ausgeschlossen werden kann, bei gleichzeitiger scharfer Beobachtung, Isolierung und gegebenenfalls Sanktionierung derjenigen Staaten, die sich daran nicht halten, und der Staaten, die ihre eigenen Waffen produzieren, um Schändliches anzurichten? Den Einwand, das machten wir bereits so, lasse ich nicht gelten, da es für jedermann offensichtlich bisher nicht funktioniert. Also, auf, Sisyphos!

Wie gut, daß ich mir diese trübsinnigen Gedanken schon gestern vorab gemacht und mir damit nicht meinen Geburtstag versaut habe. Zum Wohle!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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