wolfsgeheul.eu vom 30.03.2017

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Winnetou weiß gemäß Robert Gernhardts Gedicht „Weil’s so schön war“ glücklicherweise, wie er sich im Gottesdienst zu verhalten hat:

„Paulus schrieb an die Apachen:

Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.“.

Paulus müßte unbedingt auch den Mönchengladbachern einmal schreiben. Gestern beim Konzert mit dem jungen Pianisten Joseph Moog brandete sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Satz von Chopins Sonate op. 58 Applaus auf. Der Künstler reagierte souverän, erhob und verbeugte sich, um danach quasi ungerührt weiterzuspielen. Zwischen dem dritten und dem vierten Satz überlistete er dann das unkundige Publikum, was allerdings leider zu Lasten des angemessenen Ausklingens des letzten, leisen Akkordes des „Largo“ ging. Der Zweck heiligt halt die Mittel. Auf Befragen teilte er später mit, daß sich Vorfälle dieser Art in letzter Zeit immer wieder einmal zutragen. Traurig! Das macht den rapiden Bildungsrückgang augenfällig. Wo bleibt die Einhaltung der alten einfachen Regel, daß, wenn man sich nicht sicher ist, ob das Stück tatsächlich zu Ende ist, man tunlichst auf den Einsatz der Connaisseure wartet, bis man selbst in die Hände klatscht!? Paulus hat demnach auch in anderen Städten noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Ansonsten war es wieder ein großartiger Abend, den der örtliche Initiativkreis ermöglichte. Daß Moog – vielleicht liegt es an der Vornamensgleichheit – Haydn kann, bewies er zum Auftakt mit einer Fantasie(Hob. XVII No. 4). Brilliant und luftig gespielt, hätte der Komponist bestimmt seine Freude an der Interpretation seines Stückes gehabt. Dem Chopin fehlte dann – dem gebeutelten Künstler sei natürlich die Störung durch den ungebetenen Applaus zugutegehalten – ein wenig der typische polnische Schmalz, der Vortrag wirkte etwas spieluhrenartig. Während der Künstler meinte, das sei wohl seine Auffassung von der Sonate, glaube ich, daß er da mehr kann. Denn er zeigte sich ansonsten als das genaue Gegenteil von einem Musikroboter. Reife braucht aber seine Zeit, erst Recht bei jemandem, dem jede gekünstelte Aufgesetzheit fremd zu sein scheint. Vielleicht sollte er sich aber nur ein bißchen von Khatia Buniatishvili abgucken!? Den zweiten Teil nach der Pause eröffnete Joseph Moog dann mit Regers „Träume am Kamin“ op. 143. Auch wenn ich für Max Reger kein Spezialist bin, glaube ich, daß die zwölf kleinen Stücke genauso klingen sollen. Und seine Virtuosität bewies der Pianist dann endgültig mit Liszts Ungarischer Rhapsodie No. 12, die ihm alles abverlangte, ohne daß er an seine Grenzen stieß. So geht Liszt, und mehr wollte der Ungar meines Erachtens auch nicht erreichen. Was bei Haydn die herrliche Melodik, ist bei ihm das ob der Fingerfertigkeit des Tastenzauberers staunende Publikum.

Nach viel Applaus wurde – eine sehr gute und populäre Wahl – als Zugabe Gershwins „It’s wonderful“ in – so wörtlich – „eigener bescheidener Bearbeitung“ serviert. Auch wenn das aus dem Mund eines Könners etwas untertreibend klingt, man nimmt Joseph Moog diese Zurückhaltung ab. Wie er überhaupt sehr uneitel und unprätentiös sowohl im Spiel als auch im Auftreten daherkommt. Sympathisch! Mich hätten der quietschende Hocker und die unsynchron zupackenden Pedaldämpfer gestört; er sagt, daß man sich mit solch‘ allenthalben vorkommenden Unzulänglichkeiten abfinden müsse, wenn man seine Ruhe bewahren wolle. Ein Profi halt, von dem man noch viel hören wird und möchte! Die Gladbacher aber sollten zukünftig den schwarzen Arbeitsgeräten etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.

Wieder hatte ich übrigens ein Kind zum Nachbarn, einen netten Zwölfjährigen in Begleitung seines Vaters, der sich comme il faut benommen hat und ganz unbefangen und frei mit mir unterhielt. Seit zwei Jahren Klavierunterricht und jetzt noch als Zweitinstrument Kontrabaß! Es gibt sie also noch, die jungen Menschen, denen eine gute Erziehung angediehen lassen wird. Erfreulich!

Hoffen wir abschließend, daß Paulus die Mönchengladbacher nicht für Irokesen hält. Denn wie formulierte Gernhardt?

„Paulus schrieb den Irokesen:

Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“

Howgh!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

 

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 17.01.2016

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Wie war noch einmal die Nachricht am letzten Freitag aus dem nahen Vorgebirge? In Bornheim gehen Flüchtlinge nicht mehr baden? Nein! In Bornheim dürfen zur Vermeidung sexueller Belästigungen weiblicher Badegäste männliche Flüchtlinge solange nicht mehr ins Hallenbad, bis sie verstanden haben, daß die dortigen Nixen kein Freiwild sind? Ja, so in etwa war es.

Die sogenannte Flüchtlingskrise treibt immer neue Blüten und macht es einem schwer, sofort mit einem klaren Judiz darauf zu reagieren. Im ersten Moment dachte ich nämlich, daß diese Entscheidung doch ganz vernünftig klingt, weil sie den pädagogischen Ansatz verfolgt, über temporäre Verbote zu einer übergeordneten Einsicht zu gelangen. Auf der anderen Seite waren öffentliche Bäder wegen ihrer naturgemäß leichtbekleideten Besucher für junge Menschen immer schon Horte vorsexuellen Amüsements und Anbahnungsstätten für Interaktion zwischen den Geschlechtern, bei denen die Grenze zwischen hormongesteuerter, erlaubter Neckerei und sexueller Belästigung fließend ist. Warum sollten junge Flüchtlinge diesbezüglich anders sein!? Individuelle Hausverbote statt Sippenhaft sind deshalb wohl die angemessenere und richtigere Lösung. Später stellte sich mir aber die Frage, warum Flüchtlinge überhaupt ins Hallenbad gehen respektive gehen können. Ein Tagesticket im hochmodernen „HallenFreizeitbad“ mit Warmbecken außen, Sauna-und Fitnesslandschaft und Gastronomie in Bornheim kostet 6,00 Euro, für zwei Stunden sind 4,50 Euro fällig. Sodann weiß man, daß bei solchen Freizeitvergnügen es für die meisten selten beim Eintrittsgeld allein bleibt, weil die Zeit außerhalb des Schwimmens gefüllt gehört und deshalb, weil man nichts mit hineinnehmen darf, zum Beispiel noch Snacks und Getränke erworben werden (müssen). So ein Schwimmbadbesuch – sieht man einmal von den rein sportlich oder therapeutisch motivierten Nutzern ab – ist also, auch wenn die Grundtaxe noch so subventioniert sein mag, immer eine Form von Luxus, den man sich leistet und/oder leisten können will und muß. Und junge Familien, die nicht auf Rosen gebettet sind, dürften ähnlich wie bei der städtischen Kirmes es sich dreimal überlegen, ob und wann sie sich ein solches Vergnügen gönnen. Ein Spaziergang im Wald oder im Park mit Abstecher zum Spielplatz ist genauso spaßig, gesund und -entscheidender Vorteil – gratis. Aber vorliegend reden wir im übrigen gar nicht über Familien, bei denen aus Sicht des übergeordneten Kindeswohles manche Beurteilung eventuell sogar anders ausfallen kann und mag, sondern mutmaßlich mehrheitlich über alleinstehende junge Männer, die hier auf Anerkennung als Asylanten und Kriegsflüchtlinge warten. Denen gewähren wir bis zur Entscheidung gerne einen trockenen und warmen Schlafplatz und Verpflegung. Aber sind wir auch für deren Luxusbedürfnisse zuständig?

Hierüber kann man nun trefflich streiten, und es gibt sicherlich für jede Meinung gute Argumente. Wenn man aber die Nachricht hinter der Nachricht nicht wahrnimmt, kommt man zu den weitergehenden und -führenden Fragen erst gar nicht. Heute kann man übrigens schon online lesen, daß die Verantwortlichen in Bornheim bereits zurückrudern. Entweder gibt es keine fundierten Entscheidungen mehr oder es mangelt zunehmend an Durchhaltevermögen, wohlabgewogenene Entscheidungen auch gegen alle Widerstände zu verteidigen. Das Verbot in Bornheim war nun eher eine Furzidee. Sie öffnete auch weiterer, nicht gewollter, idiotischer oder gar rassistischer Differenzierung Tür und Tor. Oder will jemand ernsthaft erwägen, zum Beispiel auch den „Arier-Nacktbadetag“ oder einen „Burka-Badetag“ einzurichten!?

Sehen wir es positiv! Man hat einmal darüber nachgedacht.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Jetzt freue ich mich erst einmal auf Dienstag. Erneut lockt mich die Stadt Mönchengladbach, ihr einen journalistischen Kulturbesuch – Restkarten gibt es meines Wissens noch – abzustatten. Beeindruckenderweise spielt dort nämlich die glamouröse Jungpianistin, Khatia Buniatishvili, mit dem späten Klavierkonzert KV 466 auf. Ich bin sehr gespannt auf die Qualität ihres Spiels und freue mich so oder so auf den optischen Genuß. Bericht folgt!

 

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