wolfsgeheul.eu vom 22.09.2016

4
0

Neue Erkenntnis: Die Kastanie ist ein Sinnbild der Freiheit.

Vor meinem Bureaufenster steht stolz ein prächtiges Exemplar dieser Gattung und seit rund zwei Wochen trommeln die edelglänzenden braunen Kugeln mit lautem Knall auf die darunter abgestellten Autos.

In Deutschland wird an allen Ecken und Enden (über)reguliert und mehr und mehr verboten, aber die Roßkastanie bleibt von Verwaltung und Justiz unbehelligt. Sie wächst in unermeßliche Höhen und wirft im Herbst fröhlich ihre schwere Fracht ab, ohne daß ihr irgendjemand an den Kragen oder besser Stamm könnte. Wenn sie auf menschliche Köpfe oder – fast noch schlimmer – auf die Dächer geliebter Automobile fallen und Beulen hinterlassen, ist das Schicksal und keiner kann dafür in Regreß genommen werden. Das gleiche gilt übrigens auch für Obst und Nüsse. Die Gerichte unterstellen ein überwiegendes Mitverschulden derer, die angesichts eines prall gefüllten Baumes darunter hergehen oder parken. Das mutet eingedenk der deutschen Vollkaskomentalität und der hohen Wahrscheinlichkeit, daß auch der Audi A4 eines der obersten Richter unseres Landes schon Opfer einer solchen Himmelsattacke geworden ist, fast schon wie ein Wunder an.

Etwas anders scheint aber genauso erstaunlich. Während nämlich die eßbaren Hinterlassenschaften unserer Flora in der heutigen Zeit meist verrotten, weil deren Kauf im Supermarkt unbeschwerlicher ist, als sich zu bücken, werden Kastanien von Alt und Jung – nahezu keiner geht achtlos vorbei – aufgelesen und mitgenommen, obwohl jeder weiß, daß ihre Schönheit schnell verblaßt und auch sonst deren Gebrauchswert gegen Null tendiert. Und so verschwinden sie in Manteltaschen oder landen auf Kommoden und werden oft erst weggeworfen bzw. ausgetauscht, wenn nach Jahresfrist frische Exemplare verfügbar sind.

Bisher habe ich – obwohl ich ihn selber pflege – diesen Brauch nicht recht verstanden. Aber vielleicht hat der Mensch tiefverwurzelt eine Idee von Freiheit, die er symbolisch verkörpert in der Kastanie sieht.

Wäre sie nicht braun, eignete sie sich fast als mahnendes Zeichen auf unserer Nationalflagge dafür, daß es nichts Wichtigeres für unser Gemeinwesen gibt, als größtmögliche Freiheit zu bewahren.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

4
0

wolfsgeheul.eu vom 11.09.2016

1
0

„Üch kann man awer och nix reitmaken!“, sagte meine rheinische Oma gerne, wenn sie sich mit irgendetwas unverstanden bzw. zu Unrecht kritisiert fühlte.

Die permanente Hatz auf Zuckerbergs Milliarden-Kuh läßt Paralellen zum großmütterlichen Gefühl aufscheinen. Facebook muß man nicht mögen, das soziale Netzwerk scheint aber zumindest für die junge Generation nicht mehr wegdenkbar und hier und da durchaus segensreich zu sein. Wenn jedoch die Maasschen Kolonnen gegen Haßtiraden, Sexismus und Kinderpornographie wettern, muß Facebook, möglichst umgehend reagieren.  Tut das Unternehmen nicht sofort wie ihm geheißen, bricht der öffentliche und hochoffizielle Furor los. Tut man dortigerseits aber etwas, ist es eventuell auch wieder nicht richtig.

So wie jetzt mit dem Photo des „Napalm-Mädchens“, welches zunächst wegen Kinderpornographieverdachtes automatisch gelöscht, nach den Protesten – die FAZ widmet sich in ihrer Samstags-Ausgabe dem Thema unglaublicherweise an vier Stellen – allerdings wieder reingenommen wurde. Der Chefredakteur der betroffenen norwegischen „Aftenposten“ sprach gar von Machtmißbrauch und einer Gefahr für die Demokratie. Was für ein Blödsinn! Facebook ist kein Presseorgan und einfach nur ein freies Unternehmen in einer freien Welt. Der Laden kann in den Grenzen des Erlaubten tun und lassen was er will. Und niemand zwingt die skandinavische Zeitung, in diesem Netzwerk präsent zu sein; tut sie es, hat sie sich den dortigen Regeln zu unterwerfen. So einfach ist das!

Hier zeigen sich die Nachteile jedweder zensorischen Einflußnahme. Sie beschneiden immer irgendeines Freiheit. Über das Photo – immerhin Anlaß für den Pulitzer-Preis an seinen Knipser – läßt sich streiten. Aus heutiger Sicht – siehe Kolumnen vom 08.09.2015 und 26.08.2016 – empfände ich es als überflüssig, weil zu sensationslüstern und letztlich als unzulässigen Eingriff in die Würde eines – vorliegend betraf es obendrein ein minderjähriges, sieben Jahre altes Mädchen – Menschen. Und eigentlich galt das auch schon im Jahre 1972, als das Bild entstand. Wenn man aber an die damals sehr eingeschränkten Möglichkeiten der Verbreitung über weitestgehend seriöse Presseorgane und das Fernsehen denkt, mag es in der Zeit gegebenenfalls gerechtfertigt gewesen sein, um der Welt die Grausamkeit des Vietnamkrieges und des Vorgehens der USA vor Augen zu führen.

Aber heute!? Unnötig! Und wäre es ein Bild eines nackt am Nordseestrand badenden Mädchens, wäre die Verbreitung über Facebook sicherlich einvernehmlich als nicht in Ordnung einzustufen. Wenn aber genau ein solches Photo Geschichte geschrieben hat, gelten die heutigen strengen – mir alledings zumeist zu strengen – Standards plötzlich nicht mehr!?

Hören wir endlich mit der Überregulierung und zunehmenden Kriminalisierung auf! Es beschneidet unsere Freiheit. Laßt doch lieber den mündigen Rezipienten entscheiden. Der wird dann zum Beispiel auch den notwendigen Regulierungsdruck auf ein Weltunternehmen wie Facebook ausüben.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

1
0