wolfsgeheul.eu vom 04.05.2017

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„I thought it would be easier.“!

Für mich der Satz der Sätze der letzten Zeit ist nach meinem Geschmack nicht genug gewürdigt worden und zu schnell im Nachrichtendschungel untergegangen. Gesprochen hat ihn Donald Trump im großen Reuters-Interview vor einigen Tagen.

Von Anfang an gehöre ich zu den wenigen, die den neuen amerikanischen Präsidenten, für den sich grundsätzlich meine Sympathien in sehr überschaubaren Grenzen hält, vor Angstschürerei und Verächtlichmachung in Maßen in Schutz genommen haben. Mehr und mehr stellt sich nun heraus, daß seine hemdsärmelige und manchmal oberflächlich wirkende Art nichts daran ändert, daß er sein Amt ernst nimmt. Und wie unbefangen er möglicherweise auf Kim Jong-un zu- und mit der Causa Nordkorea umgeht, könnte bahnbrechend sein. Ebenso traue ich ihm im Nahen Osten zu, der Befriedung dienlich zu sein. Und selbst wenn er innenpolitisch bisher an Grenzen stößt, gilt es auch hier abzuwarten, was er letztlich bewirken kann. Alles in allem keine brillianten 100 Tage, aber absolut auch keine Katastrophe!

Und dann stellt sich einer, der über siebzig Jahre lang sehr erfolgreich seinen Mann gestanden hat, hin und gibt freimütig zu, daß er sich das Präsidentsein schon etwas leichter vorgestellt hätte. Respekt! Mir fallen außer Papst Franziskus nicht viele ein, denen ich eine ähnliche Größe zutrauen würde.

Dabei spricht er genau das aus, was wahrscheinlich jeder, der von außen in die Politik kommt und vorher „nur“ den freien Markt kennt, feststellen müßte. Wie oft hat man schon gedacht, wenn man morgen politische Verantwortung an höchster Stelle trüge, sofort alles besser machen zu können. Und wie wahrscheinlich wäre es doch, daß man genauso an Grenzen stieße und relativ schnell sich von seinen idealistischen Zielen verabschieden müßte, um dann im schwierigen Gelände des politischen Sumpfes eine Gangart zu finden, die gleichwohl über kurz oder lang zum gewünschten Erfolg führt. Während dieses Lernprozesses nicht herumzueiern, sondern offen zuzugeben, daß manches nicht wie erwartet funktioniert, weil die Uhren anders als vorhergesehen laufen, ist ehrlich und höchst respektabel bzw. wäre eigentlich sehr menschlich, würde nicht die Mehrheit in vergleichbarer Situation genau diese öffentliche Einsicht nicht zeigen.

Sicherlich werde ich nicht zum Trump-Fan, aber er ist mir tatsächlich schon näher gekommen. Ihm ein glückliches Händchen zu wünschen, liegt im übrigen in unser aller Interesse.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 25.04.2017

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„Erfreut, Sie zu sehen!“!

Eine Golffreundin rümpfte neulich die Nase, als ich zu jemandem, den wir beide nicht besonders schätzen, diese Worte sprach. Mein Kommentar hinterher war, daß gutes Benehmen es zwar häufiger mit der Wahrheit nicht so genau nähme, aber eine läßliche Lüge sei, die den Umgang miteinander angenehmer gestalte und zu allgemein besserer Stimmung beitrage. Dieses Argument hat sie als Wahrheits- und Offenheitsfanatikerin sicherlich nicht überzeugt. Gleichwohl gehe ich von der Richtigkeit dieser These aus. Denn wenn ich jedem Arschloch – und davon gibt es leider sehr viele – sagen wollte, daß er eines ist, käme ich kaum noch zu den wichtigen Dingen. Ein freundliches Wort hingegen vermeidet Spannungen und verkürzt so meistens sogar die ungeliebte Kommunikation mit solchen Menschen allein schon deshalb, weil die kluge Gegenseite, die den Schwindel natürlich  im Zweifel durchschaut, ihr Glück zumeist auch nicht überstrapazieren will. Es spart damit definitiv Zeit und verdüstert nicht die eigene Seele. Gutes Benehmen ist also bei weitem nicht uneigennützig. Es hilft einem selbst und schmeichelt dem anderen. Das nennt man heute eine Win-Win-Situation. Und selbst wenn das Gegenüber dem Braten nicht traut oder gar weiß, wie faustdick die Lüge ist, die darin steckt, wird es wie oben schon angesprochen seltenst opponieren, weil es wenig sinnvoll ist, sich – erst recht in der Öffentlichkeit – gegen etwas ausdrücklich Positives zu wenden.

In Deutschland redet man mit einer solchen Ansicht allerdings leider gegen die Wand. Hier wird klare Schroffheit mit Ehrlichkeit und Geradlinigkeit gleichgesetzt. Und in genau einer solch‘ harschen Atmosphäre leben wir täglich. Das muß einem ja die Laune verderben.

Meine morgendliche Zeitungslektüre der FAZ – „Das beste Blatt der Welt, über das ich mich, wie meine regelmäßigen Leser wissen, niemals ärgere!“ – brachte mir dankenswerterweise ein Goethe-Zitat in Erinnerung.

Zu Beginn des zweiten Aktes von Faust II fragt Mephisto als Professor verkleidet den inzwischen zum Baccalaureus – klingt übrigens viel edler als es der Bachelor der Neuzeit ist! – promovierten Schüler aus dem ersten Teil: „Du weißt wohl nicht, mein Freund, wie grob du bist?“, nachdem dieser über seine akademischen Lehrer übel geschimpft hatte.

Der Schüler antwortet: „Im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist.“.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Schade!

„Erfreut, Sie hinter mir zu wissen!“!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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