wolfsgeheul.eu vom 07.05.2015

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In den vergangenen Tagen fanden sich immer wieder Berichte von einer neuen, musealen Attraktion im Südwesten Frankreichs. In Vallon-Pont-d’Arc wurde 1994 die Chauvet-Höhle entdeckt und in ihr prähistorische Malereien, die für ihr Alter von über 32.000 Jahren sich in einem phantastischen Erhaltungszustand befinden sollen. Photographien der Bilder sind zuhauf im Internet verfügbar, und sie ähneln den bekannten Abbildungen in unseren alten Geschichtsbüchern. Für die Wissenschaft eine Sensation, für mich nur weitere Urmenschkritzeleien! Besichtigen kann man die „Kunstwerke“ in der Höhle nicht, da die Wissenschaft ansonsten um ihren Bestand fürchtet. Außerdem nehmen die Forschungs- und Erhaltungsmaßnahmen wohl noch Jahrzehnte in Anspruch und können und dürfen nicht gestört werden. In Frankreich gibt es im übrigen eine Vielzahl ähnlicher Funde an anderen Orten, von denen einige wenige wohl sogar der Öffentlichkeit zugänglich sind. Wer also den Drang verspürt, den sprechblasenlosen Neandertaler-Comics einmal direkt gegenüberzustehen, dem kann geholfen werden.

Damit könnte der Bericht enden. Jetzt hatte man aber in der bisher verschlafenen Region die geniale Idee, diesen Fund zu vermarkten und damit den Tourismus anzukurbeln. Kürzlich wurde für rund 55 Millionen Euro(lt. Wikipedia) – ebenfalls lt. dieses Internetlexikons haben sich neben der Region auch Frankreich und die EU an der Finanzierung beteiligt – ein Besucherzentrum eröffnet, ein skulpturaler, augenscheinlich fensterloser Betonmonolith, in dem Teile der Höhle und ihrer Wandbilder originalgetreu nachgebildet worden sind. Man erwartet jährlich circa 350.000(lt. Wikipedia und Presse) Besucher.

Ich bin entsetzt! Da gibt es noch verträumte Gegenden, in die sich nur wenige Touristen verirren, und kaum findet jemand ein Nashorn und einen Löwen an einer Höhlenwand, ist es mit der Ruhe vorbei. Wann begreifen wir endlich, daß unendliches Wachstum der Vergangenheit angehören sollte!? Und worin liegt der Wert, wenn ich mir Kopien in einer künstlichen Höhle anschauen kann? Kein Mensch käme auf die Idee, den Louvre bzw. lediglich seine Innenräume in München oder sonstwo innerhalb eines Zweckbaus originalgetreu nachzubilden und mit Kopien der alten Meister zu bestücken. Dieses Museum ist ein Gesamtkunstwerk, lebt von der Originalität sowohl von Hülle als auch von Inhalt und das an dem besonderen Platz, nämlich Paris. Nur dort kann dieses Ensemble seine besuchenswerte Wirkung entfalten. Das gleiche gilt für die Höhlenmalereien. Und wenn ich in diese Höhle mit ihren Originalen nicht hineindarf, dann ist das halt so und ich betrachte, wenn ich überhaupt daran interessiert bin, eben nur die photographischen Dokumentationen.

Überall schießen vollkommen überflüssige und nichts bahnbrechend Neues zeigende Museen(s. auch meine Kolumne vom 15.04.2015), finanziert mit Steuergeldern, wie Pilze aus dem Boden, und viele von ihnen erweisen sich obendrein als Millionengrab. Bei allem Verständnis dafür, daß strukturschwache, ärmliche Regionen am großen Tourismuskuchen knabbern wollen, kann ich nicht akzeptieren, daß das mit öffentlichen Geldern unterstützt wird. Es ist überflüssig und obendrein unökologisch, zerstört es doch Paradise und zieht eine zusätzliche Reisetätigkeit mit all‘ ihren negativen Folgen für die Umwelt nach sich. Und das alles noch nicht einmal für ein Original! Sind wir schon so auf das Virtuelle fixiert und mit ihm zufriedenzustellen? Gilt das bald auch für den Menschen an sich? Der Vorgang quält, und alle Fragen offen!

Dieser, leider grassierende, beflissene Bildungsbürger fährt in seiner Form des Abhak-Tourismus überall hin, wenn man ihm nur einen – und sei er noch so blöd – Anlaß bietet. Schaffen wir für ihn nicht noch weitere Gelegenheiten! Wenn es allerdings gelänge, die gesamte Bagage an die Ardèche zu locken, hätte das vielleicht den unschätzbaren Vorteil, ihrer an anderer Stätte nicht ansichtig werden zu müssen!? Dann wäre das neue Museum zu begrüßen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.05.2015

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Der Wahlkampf im Stadtstaat Bremen findet weitestgehend unter Ausschluß der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit statt. Gleichwohl läßt er, ob zweier skurriler Blüten, die er treibt, aufhorchen.

Die Spitzenkanditatin der CDU für die Bremer Bürgerschaft heißt Elisabeth Motschmann. Sie ist Bundestagsabgeordnete, Jahrgang 52 – also eigentlich auch zu alt -, eine geborene Baronesse von Düsterlohe mit Kindern und Enkelkindern zusammen mit ihrem Ehemann, einem evangelischen Theologen. In einem heutigen Artikel der FAZ wird sie übrigens auch als Theologin bezeichnet, obwohl sie selbst in allen verfügbaren Lebensläufen nur drei Jahre Studium  und keinen konkreten Abschluß – nach sechs Semestern auch eher unwahrscheinlich – angibt, was beiläufig zeigt, wie schnell man, auch ohne zu plagiieren, Akademiker werden kann, was aber ein anderes Thema ist. Bisher war sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild – wie meine Tochter sagen würde – eine klassische „Perlen-Paula“ altersgerecht mit Tüchlein, Janker und Kostümchen. Im Wahlkampf nun tritt diese CDU-Omi auf wie eine Autonome mit Kapuzen-Sweatshirt, jeansartiger enger Hose und grellfarbenen Turnschuhen(s. Bild auf Seite 4 der heutigen FAZ). Als wäre das noch nicht verstörend genug, ziert das Shirt vorne ihr altes, etwas stilisiertes Janker-Brustbild mutmaßlich in schwarzweiß und hinten die Aufschrift „#motschimachts“. Ja, was heißt das denn!? Kündigt Frau Motschmann damit einen baldigen Anschlag auf die neue EZB-Zentrale in Frankfurt an? Oder verkörpert der Schriftzug lediglich die Einlösung einer Spaßwette mit ihren Kindern, die gewettet hatten „Diese Peinlichkeit traust Du dich niemals, Mutti!“? Und was soll der ältere Wähler davon halten? Der könnte die mysteriöse Aufschrift mit dem krytischen Zeichen vielleicht sogar für einen Aufruf halten, Frau Motschmann zu Brei – man muß es nur bayerisch lesen – zu schlagen oder sie sogar an der nächsten Laterne aufzuknüpfen. Und die Jungen fühlen sich wahrscheinlich von solch verlogenem Mummenschanz nur verhöhnt. Kompetenz für die Berechtigung zum Einzug in das hanseatische Parlament jedenfalls wird aber wohl hinter dieser lächerlichen Maskerade niemand vermuten. Wenn Authentizität noch etwas zählt in unserer Gesellschaft, liegt man sicher nicht falsch, wenn man der CDU – die es in der SPD-Hochburg doch ohnehin schwer hat, wenn man es nicht als aussichtslos ansieht – eine krachende Niederlage voraussagt. Vielleicht will Frau Motschmann uns aber auch nur zeigen, daß das ganze eh sinnlos ist, weshalb man es auch nicht ernst zu nehmen braucht, was schlicht eine Respektlosigkeit und Unverschämtheit wäre. Und ganz nebenbei: Vor Jahren hat Frau Motschmann – die geborene Feministin, so wie es bei CDU-Damen Tradition ist – gefordert, endlich weibliche Teilnehmer zur altehrwürdigen jährlichen Schaffermahlzeit zuzulassen. Da rufe ich ihr zu: „So kommste da nie rein, Mädchen!“ Aber das weiß sie auch und würde im Falle des Falles sofort ihr altes, eingemottetes Outfit aus dem Schrank holen. Was für ein verlogener Dreck!

Die FDP macht es kaum besser. Grundsätzlich ist die Kandidatin Lencke Steiner nicht zu beanstanden. In Bremen in einer Kaufmannsfamilie zur Welt gekommen, jung, studiert, propper und auf dem Weg in die Übernahme des mittelständischen elterlichen Unternehmens. Das paßt doch! Und da kommt ihre Partei auf das idiotische, vollkommen inhaltsleere und zu allem Überfluß nicht hochsprachliche Motto „Bremen rocken“ respektive mit dem unvermeidbaren Hashtag „#dasdingrocken“. Diese mutmaßlich sehr konservativ großgewordene junge Dame mit nämlichem Äußeren jedenfalls vermutet man dahinter genausowenig wie Wirtschaftskompetenz und intellektuelle Liberalität. Hat denn Frau Steiner keinen eigenen Willen und nicht die Kraft, dem Wahlkampf mit ihr als Spitzenkandidatin einen eigenen, bodenständigen, traditionsbewußten, glaubwürdigen und inhaltlichen Stempel aufzudrücken!? Und, lieber Herr Lindner, so schafft man ein solides, seriöses und wünschenswertes Wiedererstarken der alten FDP – die Betonung liegt auf „alten“ – nicht, selbst wenn, wie man in Hamburg an Frau Suding gesehen hat, es für ein kurzfristiges Zwischenhoch reichen sollte. Eine vertane Chance!

Die Frage, die sich letztlich stellt, ist die, ob die Parteien sich nur ihren geistig schwachen Wählern anpassen oder selbst inzwischen auf diesem Niveau angelangt sind?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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