wolfsgeheul.eu vom 07.12.2016

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Ehrenamt – eine Zwickmühle!

Vorgestern wurde der „Tag des Ehrenamtes“ begangen. Angeblich engagiert sich jeder dritte Deutsche ehrenamtlich. Natürlich zählen darunter auch klassische Tätigkeiten als Stadtrat, Schöffe etc.. Auch Vorstände in einem Sportverein sind gewöhnlich unbezahlt. Aber hauptsächlich fassen wir heute die unter den Begriff, die sich uneigennützig um die Abgehängten in unserer Gesellschaft kümmern.

Und obwohl nach meinen Eindruck die Bereitschaft zu altruistischer Arbeit in der Bevölkerung eher sinkt, sind es viele Millionen Bürger, die aus welchen Motiven auch immer etwas unternehmen, um anderen zu helfen.

Grundsätzlich – das weiß ich(s. auch Kolumne vom 03.03.2016) aus über zwanzigjähriger Erfahrung – gibt es gegen diese Art der Betätigung überhaupt keine Einwände. Es fördert und stärkt in jeder Hinsicht die Gemeinschaft, und – dieser Aspekt ist beileibe nicht unterzubewerten – obendrein macht es einfach Spaß und ist ausgesprochen beglückend und befriedigend.

Immer mehr aber werden auch kritische Stimmen laut, weil sich die Staaten, Länder und Kommunen in bestimmten Bereichen inzwischen darauf verlassen, daß eigentlich hohheitliche Aufgaben von Freiwilligen übernommen werden. In Zeiten chronisch klammer Haushalte freut sich der jeweils Finanzverantwortliche, wenn er bestimmte Posten im Budget anderweitig verwenden kann, was natürlich die grundsätzliche Tendenz zum Sparen am falschen Ende noch zusätzlich begünstigt.

An diesem Samstag werde ich mit meinem Lions Club vor einem Großmarkt ganztägig für die Maastrichter Tafel Lebensmittel sammeln, indem wir die Besucher bitten, im Laufe ihres eigenen Einkaufes aus einer Liste Waren zu erwerben und uns am Ausgang kostenlos zur Verfügung zu stellen. Bei den Armenspeisungen sind sich die Fachleute wohl einig, daß diese eigentlich in die öffentliche Verantwortung fallen.

Sollten wir uns also besser verweigern, um damit die Behörden zwingen, ihrer Aufgabe endlich auch gerecht zu werden? Und würden wir damit kurz- und mittelfristig etwas bewegen und ändern? Allemal hätten wir ein schlagendes Argument, um die Hände in den Schoß zu legen, statt uns einen ganzen Wochenendtag für die (vermeintlich) gute Sache abzuzwacken. Natürlich kann das nicht die Lösung sein! Das wäre Prinzipienreiterei auf dem Rücken der Schwachen.

Insofern ergibt sich eine doppelte Verpflichtung, nämlich neben der karikativen Tätigkeit auch politisch – ebenfalls im Zweifel im Ehrenamt – dafür zu sorgen, daß der Staat das tut, was des Staates ist. Wer A sagt, muß eben auch B sagen.

Um so deutlicher wird, wie wichtig ehrenamtliches Engagement ist. Ohne diese Bereitschaft laufen freie Gesellschaften aus dem Ruder. Der Eingangssatz stimmt also nicht. Eine diesbezügliche Zwickmühle entsteht nur, wenn man das eine tut und das andere läßt. Deshalb ist unsere Aktion am kommenden Samstag auch eine Protestveranstaltung, die die öffentliche Hand sichtbar anklagt, ihrer Verantwortung nicht nachzukommen.

Von nichts kommt nichts!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 06.12.2016

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„Non vitae, sed scholae discimus.“

Dieses Zitat von Seneca, mit dem er Kritik an den Philosophieschulen seiner Zeit geübt hat, war mir bisher immer nur umgekehrt bekannt. Schon wieder eine Bildungslücke! Hätten meine Pauker uns noch pauken lassen, wäre dieses Vakuum vielleicht nicht entstanden. Aber das war in meiner schulischen Ausbildung leider schon weitestgehend aus der Mode.

Und so bin ich konsequenterweise kein besonders guter Lateiner – denn anders lernt man diese Sprache nicht richtig – geworden. Aber auch meine Standardgeschichtskenntnisse – mein Einser im Abitur sagt diesbezüglich gar nichts aus – halten sich gemessen an früheren Standards bedauerlicherweise in überschaubaren Grenzen, weil das Bimsen von historischen Daten – wie „333“ oder „753“ – ebenso als old-fashioned galt. Das bedauere ich sehr, denn ich bin der festen Überzeugung, daß diese eventuell zunächst profan erscheinende Bildung eine enorme Hilfe zum Beispiel bei der Beurteilung aktueller (geo)politscher Entwicklungen darstellt. Deshalb pläderiere ich dafür, in allen Fächern neben Einzel- und Spezialwissen die Grundstruktur im Wege einer sturen Faktenvermittlung den Schülerköpfen einzutrichtern. Nur so bildet sich ein ausreichend dichtes, fast im Schlaf abrufbares Raster heraus, in dem man sich später sicher bewegen und Neues besser bewerten und einordnen kann. Auch ansonsten stellen fest verankerte Daten und Fakten sowie Automatismen eine solide Basis für eine schnelle Auffassungs- und Entscheidunggabe dar.

Genau das können und konnten unsere Väter und Vorväter eindeutig besser und es bedeutet und bedeutete einen klaren Bildungsvorsprung. Wenn ich mit meiner Einschätzung richtig liegen sollte, müßte demnach an den Schulen heute nicht weniger, sondern mehr gebimst werden.

Aber was muß ich da in einem dpa-Interview mit dem sogenannten OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher im Zusammenhang mit der letzten PISA-Studie, bei der Deutschland abgesackt ist, lesen!?

„….., weil das Bildungssystem weiterhin sehr altmodisch ist. Das Ergebnis: Wo Deutschland sich einbildet, gut zu sein, sind große Lücken. Fach- und Paukwissen verliert an Bedeutung – Google weiß schon alles. Die Welt belohnt uns dafür, was wir mit dem Fachwissen am Ende anstellen.“

Da will man also offensichtlich den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Die jungen Leute werden stetig ungebildeter, und die Fachwelt macht sich über Grundlagenwissen mit dem Hinweis verächtlich, das sei im Googlezeitalter – so neu ist das übrigens nicht, denn auch früher gab es umfassende Nachschlagewerke, die alledings, das gilt es zuzugestehen, nicht jedem zu jeder Zeit zur Verfügung standen – nicht mehr zu lehren, weil es allseits verfügbar ist. Eine geradezu tolldreiste Argumentation! Was helfen mir denn die jederzeit abrufbaren Netzinformationen, wenn ich diese dann nicht verorten und verwerten kann!? Sind wir nicht auch in der Mathematik schlechter geworden, weil wir das Rechnen schon sehr früh dem Taschenrechner überlassen haben? Und beherrschen die jungen Leute deshalb zunehmend die Rechtschreibung nicht mehr, weil bei der Basislehre auf stures Lernen und das Einbläuen der Systematik verzichtet wird?

Wer die Welt begreifen und sich in ihr frei und souverän bewegen will, muß sie bestmöglich kennen. Nur so kommt über Bildung ein klügeres oder zumindest abgewogeneres Urteil und Handeln heraus.

Warum nur gilt alles Alte so oft als schlecht? Und wie kommt es, daß Menschen, die mutmaßlich eine für ihre Zeit optimale Bildung vermittelt bekommen haben, für die Kinder Dinge empfehlen, von denen sie besser wissen müßten, daß sie uns weiter in die Bildungswüste führen?

Für das Pauken! „Non scholae, sed vitae discimus.“

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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