wolfsgeheul.eu vom 15.04.2016

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Die „Apotheken Umschau“, die wahrscheinlich erstaunlich viele Menschen meiner Generation schon genauso ernsthaft lesen wie sie ihren Blutdruck messen und Vorsorgeuntersuchungen durchführen lassen, ist für mich bis auf weiteres eher Realsatire und das Zentralorgan der „staatlich konzessionierten Schubladenzieher“, die es nach einem niveauvollen Studium vorziehen, zugunsten überproportionaler Verdienste zu verblöden.

Aktuell findet man dort „7 Tipps gegen den Handy-Nacken“. Wußte gar nicht, daß es den gibt! Interessant sind aber ein paar Fakten in der Erläuterung der Entstehung des Krankheitsbildes, welches in Nacken- und Rückenschmerzen besteht. Ein durchschnittlicher Kopf soll zwischen vier und sechs Kilo wiegen. Merkwürdige Spreizung für einen Mittelwert, und der Autor vergißt zu erwähnen, daß ein Apothekerkopf nach zehn Jahren Berufstätigkeit nur noch zwei Kilo wiegt! Eine Neigung der Rübe um 15 Grad erhöhe die Last auf den Rücken um 13 Kilogramm, eine solche um 45 Grad, wie sie Handynutzer oft vollzögen, gar um 20 Kilogramm. Man hat es immer schon geahnt, daß zu starkes und häufiges Neigen des Kopfes zu körperlichen Problemen führt, von den geistigen ganz zu schweigen. Der beste und einzig wahre Tip erscheint mir also zu sein, den Vorgang zu minimieren, was bei übermäßigem Gebrauch eines mobilen Telephones ohnehin allein angeraten ist. Offenbar jedoch nicht aus Sicht des Fachmagazins für gebeutelte Kunden unserer Pillendrehergilde! Das empfiehlt nämlich zum Beispiel, „Regelmäßige Pausen“ einzulegen, „Augen statt Kopf senken“, „Sport treiben“ etc.. Anstatt also das Übel bei der Wurzel zu packen, soll der Smartphonesüchtige sich für seine manische Beschäftigung stählen.

Verwundert einen das? Nein, natürlich nicht! Denn die Pharmaindustrie und ihre weißbekittelten Händlerhandlanger haben doch überhaupt kein Interesse daran, ein glücklicherweise einmal erfundenes respektive eingeführtes Krankheitsbild zu beseitigen. Vielmehr baut man auf die gewöhnliche Faulheit seiner Kunden und weiß genau, daß sie früher oder später gegen ihre Schmerzen teure Sälbchen und Pillekes benötigen, die sie von ihnen werden erwerben. Ihnen ist demnach in keinster Weise an gesunden Bürgern gelegen, weshalb es auch widersinnig wäre, diese grundsätzlich von ihren Schmerzen zu erlösen. Heuchler!

Die Apotheken Umschau gehörte auf den „Index für jugend-, hypochonder-, arbeitnehmer-, beamten-, senioren- und existenzgefährdende Schriften“!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 14.04.2016

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Wer hat nicht schon einmal in den blauen Tageshimmel geguckt, Wolkenformen gedeutet und nach Figuren oder Bildern Ausschau gehalten!? Ein Rorschach-Test für Hans-Guck-in-die-Lufte und ein Spaß für Jung und Alt! Wir kennen Bleigießen und hören von Menschen, die auf gerösteten Toastscheiben das Konterfei von irgendjemandem entdecken. Bei allem ist Phantasie gefragt, um aus willkürlich sich entwickelnden und entstandenen Objekten etwas Bedeutsames herauszukitzeln. Man nutzt das Gegebene und haucht ihm eine bekannte Gestalt ein, ohne es zu verändern, und gibt ihm dadurch Sinn. Die Natur und Alltagsgegenstände werden zu Spielzeugen für den kreativen Geist. Das kostet nichts, das schadet niemandem und spielte sich früher in kleineren Gruppen ab, die bei der nächsten Deutelei die alten Entdeckungen schon längst wieder vergessen hatten. Ein unendlicher Fundus!

Heute geht so etwas sofort ins Netz, wird lange geteilt, gefeiert und erhält damit Ewigkeitscharakter, während sich die Wolke schon Sekunden später verwandelt oder verflüchtigt hat und das Toastbrot längst gegessen ist. Das nimmt den Dingen ihre Einmaligkeit, ein kurzzeitiger persönlicher Eindruck wird auf den Strich geschickt und mißbraucht. So läuft das eben in einer profanierten Gesellschaft, die etwas erst gelten läßt, wenn es auf Speicher gebannt und verbreitet ist. Dem Romantiker graust es bei dieser eitlen Selbstbeschau!

Jetzt gibt es moderne Medien für das GPS-gestützte Navigieren und Reisen, mit denen man Routen nicht nur nachträglich dokumentieren, sondern auch planen kann. Dabei ist kreativen technikbegabten Menschen offenbar aufgefallen, daß auch ihre Wanderungen oder Radtouren Muster auf die Landkarte legen können, denen eine figürliche Gestalt zugesprochen werden kann. Kein Unterschied zur Wolkenleserei! Jetzt kommen aber die armseligen Freaks auf den Plan, die ihre Wege im vorhinein so ausarbeiten, daß Figuren entstehen. Als Freiluftbildnerei oder „Strava Art“, nach einem gleichnamigen Netzwerk für das Dokumentieren, Analysieren und Austauschen von Routen von Ausdauersportlern benannt, wird das bezeichnet, und dem Feuilleton der FAZ war es am Mittwoch sogar einen großen Artikel wert! Da werden dann Comicfiguren, Vögelchen oder Alltagsgegenstände in den Boden gelaufen oder gefahren und ins Netz gestellt. Bloß nichts dem Zufall überlassen, bloß nicht nachträglich die Phantasie anstrengen, nein, alles spießig und akribisch vorher festlegen und sklavisch nachvollziehen, egal wie unsinnig der Weg ist, den man dabei zurücklegen muß. Welch‘ ein Schwachsinn! Und der Beweis dafür, daß zu viele Menschen offenbar zuviel Zeit haben.

Die Welt wird nicht reizvoller, wenn die Möglichkeiten zunehmen.

Aber gleich spaziere ich noch eine Mickey Mouse in den Kurpark!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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