wolfsgeheul.eu vom 12.05.2015

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Zu meiner Kolumne vom 29.04.2015 finden sich leider quasi täglich neue Beweise. Heute konnte ich auf einer Autofahrt im ansonsten durchaus noch vorbildlichen „Mittagsmagazin“ auf WDR 2 folgendes hören: “ Nach Informationen der WDR-Wirtschaftsredaktion zufolge…….“. Doppelt gemoppelt hält nicht immer besser, was es verspricht. Es war aber leider kein Versprecher in einem Live-Gespräch, sondern ein gesprochener Kommentar. Man hätte es besser wissen und machen können.

Aber etwas anderes ist mir wichtiger. Auf Seite eins des heutigen Feuilletons der FAZ versucht der 84-jährige Ex-Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde – ein namhafter deutscher Jurist und als SPD-Mitglied über die Partei in das BVerfG gesegelt – die DDR von der in meinen Augen absolut korrekten und berechtigten Bezeichnung als „Unrechtsstaat“ lax gesagt reinzuwaschen. Der Artikel sei zur Lektüre empfohlen, da ich ihn nicht vollständig zitieren kann.

Ausgangspunkt des Autors ist eine Standarddefinition des deutschen Rechtsphilosophen Friedrich Julius Stahl(1802-1861), die wie folgt lautet:“Der Staat soll Rechtsstaat sein; er soll die Bahnen und Grenzen seiner Wirksamkeit wie die freie Sphäre seiner Bürger in der Weise des Rechts genau bestimmen und unverbrüchlich sichern.“. Hier käme zur Entlastung der DDR vom Vorwurf des Unrechtsstaates nur die Möglichkeit in Frage, zu unterstellen, daß die DDR keinerlei Bürgerfreiheiten zugestanden hätte, die sie dann auch nicht unverbrüchlich hätte sichern müssen. Das will aber noch nicht einmal ich behaupten. Außerdem sieht Stahl Bürgerfreiheiten meines Erachtens als conditio sine qua non für einen Rechtsstaat an, so daß eine solche Annahme ohnehin schon keinen Rechtsstaat mehr determinieren kann. Welche Freiheiten der DDR-Bürger also auch immer genoß, er konnte angesichts der flächendeckenden staatlichen Bespitzelung leider niemals darauf vertrauen, daß Freiheiten, die er sich nahm – zum Beispiel nur einen Ausreiseantrag zu stellen -, nicht zu eigener oder zur Unfreiheit seiner Angehörigen führen könnten. Der Staat konnte wegen fehlender Unabhängigkeit der Richter und nicht vorhandener wirklich freier Advokaten willkürlich und nach Gutdünken handeln  Also könnte man bereits hier aufhören und einen Haken an das Unrechtsstaat-Siegel machen. Davon läßt sich der alte Herr aber nicht abhalten. Böckenförde führt dann aus, daß Rechtsstaat nicht gleichzusetzen ist mit „Gerechtigkeitsstaat“. Das hat auch nie jemand behauptet. Recht ist ethisches Minimum und kann Unschärfen, zum Beispiel wenn etwas im Zivil- oder im Strafrecht nicht beweisbar ist, nicht verhindern. Deswegen bekommt man vor Gericht auch „nur“ Recht und nicht immer „Gerechtigkeit“. In der DDR aber konnte man noch nicht einmal sicher sein, Recht zu bekommen, wenn man Recht hatte. Ensprechend zum zweitenmal Schluß der Debatte? Nein, beleibe nicht! Jetzt entlastet der Ex-Richter die DDR von einem Vorwurf, den ebenfalls niemand erhoben hat, nämlich dem, der Staat habe Ungerechtigkeit geradezu angestrebt. Erstens  ist die Kategorie „Ungerechtigkeit“ wie oben gesagt als Voraussetzung eines Rechtsstaates nicht zwingend, ja praktisch irrelevant. Zweitens hat auch keiner bisher die Behauptung aufgestellt, daß es in einem Unrechtsstaat keine Gerechtigkeit hätte geben dürfen und können. Weiterhin gelingt es dem Autor nicht, daß die DDR ihren Kopf aus der Unrechtsstaatschlinge ziehen kann. Ganz zum Schluß ahnt man, was den Richter a. D. überhaupt bewogen hat, mutmaßlich und hoffentlich wider besseres Wissen das Unmögliche zu versuchen, wenn er nämlich sagt, daß der Vorwurf die DDR-Nostalgie nur befördere und eine „globale Abqualifizierung der DDR als Unrechtsstaat“ beim Zusammenwachsen des neuen Staates nicht weiterhelfe.

Er will nur Befindlichkeiten niederringen und Hindernisse vorm Zusammenwachsen beseitigen. Also macht er Politik und deklamiert keine haltbare juristische Meinung. Was soll der Unsinn!? Ein Staat, in und unter dem massives Unrecht geschieht, wie Böckenförde durchaus zugesteht, ist ein Unrechtsstaat, der im Sinne der steuerrechtlichen Abfärbetheorie dadurch unverrückbar seinen Rechtsstaatlichkeitsstatus, den die DDR aber auch ansonsten aus vielerlei Gründe niemals für sich beanspruchen konnte, verliert, ganz unabhängig davon, ob es in Teilen Recht und von mir aus sogar Gerechtigkeit gab. Da hilft es nichts, dem Deutschen aus dem Osten Brei um den Bart zu schmieren. Das muß klar gesagt werden. Außerdem verstehen die Nostalgiker ohnehin kein gutes Argument, sie sind verblendet und hoffentlich in der Minderheit. Die Mehrheit muß man woanders abholen, und es sollte auch möglich sein. Denn eigentlich haben doch die Ostdeutschen die DDR zu Fall gebracht. Sie werden gewußt haben warum und wollten bestimmt nicht den „Rechtsstaat DDR“ überwinden.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 11.05.2015

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Der Frühling bringt es an den Tag. Öffentliche und private Gärten und Anlagen müssen auf Vordermann gebracht werden. Wenn man den Wildwuchs vermeiden will und überhaupt Spaß daran hat oder sich ins Unvermeidliche fügt, ist es Zeit, die passenden Geräte, den Rasenmäher, den Spaten, die Harke, die Spezialscheren, den Rechen und den Besen aus dem Keller zu holen und mit fröhlichem Körpereinsatz sowie einem heiteren Lied auf den Lippen loszulegen. Überall hackt und recht es dann, während von der heißen Stirne der Schweiß rinnt.

Denkste! Das war einmal. Heute lärmen an allen Ecken und Enden unerträglich die elektrischen und benzingetriebenen Motoren. Die tirilierenden Vögel flüchten auf’s Land und der Maulwurf unter Tage ärgert sich, daß er nicht taub ist, sondern blind. Und der nicht fliehen könnende anrainende Mensch leidet unter dieser Folter meist still  vor sich hin.

Nun ist es nachvollziehbar, daß der Mensch in einer technisierten Welt versucht, sich Arbeit zu erleichtern. Insofern hat jeder Verständnis, wenn z. B. größere Rasenflächen nicht mit der Sense oder dem Handmäher, sondern motorisiert gemäht werden. Lärm, der nicht vermeidbar und dessen Ursache gerechtfertigt ist, läßt sich gut oder wenigstens besser ertragen.

Aber gerade deshalb, weil sie sich nicht über die Notwendigkeit zu exkulpieren vermögen, sind die vielen Privatleute, aber auch Gartenbauunternehmen, die auf überschaubaren Flächen mit dem technischen Maximalgerät anrücken und ihre Umwelt ohne Not foltern, eine Spezies, die sich meines ungeteilten Hasses sicher sein kann. Früher hatte Garten- und Reinigungsarbeit etwas Kontemplatives. Man denke nur den herrlichen „Beppo Straßenkehrer“ in Michael Endes „Momo“, der bei seiner fast lautlosen, eintönigen Fegearbeit geradezu eine Philosophie des Lebens entwickelt. Heute geht jeder Gedanke – auch der des Anwenders und Verursachers – im Krach der unsinnigen, unökologischen und überflüssigen Gerätschaften – der unsägliche Laubbläser stellt in diesem Gruselorchester den Negativgipfel dar – unter.

Und der internationale Spießer ist mit Sicherheit überdurchschnittlich empfänglich für Perfektion und Akkuratesse, weswegen wir auch diesbezüglich unter ihm zu leiden haben.

Da ist er also wieder, der „Garten-Nazi“! Dank an Dr. Georg Ringswandel für diese Wortschöpfung, die treffender nicht ausfallen kann. Jeden Frühling muß ich an ihn besonders denken, weshalb ich mir erlaube, seinen Liedtext nachfolgend einzustreuen.

Der Garten-Nazi

 

 

 

Draußen hinterm äußern Gürtel,

gibt es ein ganz saubres Viertel,

bei der Trambahnendstation,

wo die Straßen Vogelnamen haben,

Amselstraße, Finkenweg,

sauber kitschig und bißl schräg,

friedlich ist es dort und staad,

außer wenn wer Rasen maht.

Wo der Pappa jeden Tag auf d’Nacht

den Gartenschuppen fest zusperrt,

wo die Mamma jeden Samstag früh im Küchenschurz den Gehsteig kehrt.

Da zeigt dir der braune Zwerg,

den Holzweg durch den schwarzen Wald,

rechts hinterm blauen Mond,

wo der Gartennazi wohnt.

Scharf rechts hinterm Mond, wo der Gartennazi wohnt.

Sein Dobermann heißt kleiner Bazi,

die Frau heißt Mutti oder Schatzi,

sie haben ein Miezi, das heißt Katzi

er selber ist der Gartennazi.

Der immer rumschleicht, spioniert, andre ärgert, drangsaliert,

er gehört zu dieser Art von Leut‘,

die mit der Nagelschere den Rasen schneid’t.

Selbst der Hund hat nichts zu lachen,

der Nazi ist sein Peiniger,

jeden Freitag spritzt er ihn ab

mit dem Hochdruckreiniger.

Jeder der schon mal dort war, kennt die Bös-vom-Häusl-Aussa-Schauger,

streun sich Schneckentod und

surren mit dem Laubwegsauger.

Ordnung, Zucht und Disziplin,

vor allem für die anderen,

bei sich nimmt er’s nicht so genau,

das größte Schwein vom Gau.

München, Straubing, Linz und Wien,

runter rasseln die Jalousien,

weil eines mag der Nazi net,

daß man sieht, wie es bei ihm daheim zugeht.

Wo der scharfe Wind durchwaht

wird dem, der fragt, der Hals umdraht,

ansonsten gibt es kein Problem,

bloß ab und zu erschießt wer wen.

Auf d’Nacht schaun sie ins Fernsehn rein,

wenns klopft, rufen sie die Polizei,

So ungefähr ist es hinterm Mond,

wo der Gartennazi wohnt.

Scharf rechts hinterm Mond, wo der Gartennazi wohnt.

T&M: G. Ringsgwandl

Ach, wie wäre das Leben doch langweilig, könnte man sich nicht ärgern und aufregen. Jedenfalls gibt es zu Ärger leider immer mehr Anlaß als zu Freude. Ob dieses Mißverhältnisses wäre das Ausbleiben des einen oder anderen Ärgernisses aber nicht nur zu verschmerzen, sondern zu begrüßen.

Also, liebe Gärtner, rückt der Natur weitestmöglich wieder natürlich zu Leibe!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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