wolfsgeheul.eu vom 17.04.2015

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Am heutigen Mittag fand der Gedenkgottesdienst für die bei der Germanwings-Katastrophe Umgekommenen im Kölner Dom statt. Dabei wird einem schmerzlich bewußt, daß das Unglück erst dreieinhalb Wochen zurückliegt, und wie lange man schon nicht mehr darüber gelesen und daran gedacht hat; so schnell ist der Lauf der Welt.

Der gestern angesprochene Raymond Loevy hat mich darauf gebracht, in diesem Zusammenhange einen ganz anderen Aspekt zu beleuchten. Seine Arbeitsmaxime war nämlich: „Never leave well enough alone!“. Das weckt Erinnerungen an die ersten Statements der Vorstandsvorsitzenden der Fluglinien Germanwings und Lufthansa, wobei zugestanden ist, wie schwierig für sie diese Situation war. Gerne und davon überzeugt unterstelle ich, daß die Luftfahrtunternehmen sowohl bei der Ausbildung ihrer Piloten als auch bei der Wartung ihres Gerätes und den sonstigen Sicherheitsmaßnahmen sich niemals schon mit dem „gut genug“ zufrieden gegeben haben. Das Hinweisen aber auf Beststandards in allen Bereichen klang anders und atmete den Hauch von Hybris. Hier wäre die Grundhaltung des Designers Loevy, der keineswegs in seinem Arbeitsgrundsatz etwas über die Qualität des Ergebnisses in selbstbeweiräucherischer Weise aussagt, angebrachter und realistischer gewesen, denn daß man sich nicht vorschnell zufriedengibt, sollte auch und gerade in allen sicherheitsbezogenen Bereichen eine Selbstverständlichkeit sein, es muß aber das Bewußtsein bleiben, daß es niemals eine absolute Sicherheit geben kann. Nur so schärft man seine Sinne und ist motiviert, nicht nur jeden Tag sich selbst zu hinterfragen, sondern auch die geschaffenen Systeme im Hinblick auf ihre Suffizienz zu überprüfen. Die Haltung der angesprochenen Unternehmen angesichts der Tragödie klang jedoch leider mehr nach dem Flamen Jan van Eyck, der auf manchen seiner Werke rückseitig vermerkte „Als ik kan“. Was möglicherweise auf den ersten Blick sympathisch und geradezu bescheiden anmutet, entpuppt sich meines Erachtens bei näherem Hinsehen als Arroganz und eitle Selbstüberschätzung. Wahrscheinlich gelingt es einem Menschen nämlich  zu keinem Zeitpunkt seines Lebens, irgendetwas zu schaffen, das die Qualität des „So gut ich es vermag“ erreicht. Besser geht es immer, selten oder wahrscheinlich nie gelingt das absolute Optimum, und das wird einem zumeist erst dann schmerzlich bewußt, wenn man sehen muß, wie Dinge entgleiten oder andere es besser machen, obwohl man durchaus bona fide nicht damit gerechnet hätte. Und nicht jedes noch so redundantes Sicherheitspaket ist tatsächlich ein Garant zur Vermeidung von Unerwünschtem. Vielleicht geht sogar im Sinne Murphy’s unabhängig davon, ob vorher darüber nachgedacht und Vorsorge zur Vermeidung gertroffen wurde oder nicht, irgendwann alles, was schiefgehen kann, auch einmal schief, was manches überbordende und zum Teil lähmende System zur Sicherheitswahrung eventuell sogar in Frage stellt.

Ein bißchen Demut, sowohl in die eigene Fehlbarkeit als auch vor der Imperfektion von allem Menschengeschaffenen,  ist also immer angebracht!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 16.04.2015

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„Die neue Fanta Klassik“ soll heute mein Thema sein und hat mich zu einer kleinen, natürlich unwissenschaftlichen Wikipedia-Recherche angeregt.

Als ich neulich die Werbung mit der alten, geringelten, braunen Flasche sah, kam schon ein nostalgisches Gefühl auf, denn zu Zeiten, als verantwortungsbewußte Eltern ihren Kindern sehr lange das Trinken von „Coca Cola“ untersagten, war die „Fanta“ – in dieser Form in Deutschland wohl seit 1964 – etwas ganz Besonderes und die modisch neue, alternative Limonade zur alten deutschen „Sinalco“. Für Menschen meiner Generation ist die Fanta durchaus das, was die „Orangina“ für die Franzosen ist, wobei letztere auch dem Reisenden ein untrügliches Anzeichen dafür war, im Gourmetland – mit Fruchtfleisch! – „Frankreich“ angekommen zu sein.  Und anders als bei der klassischen „Coca Cola“-Flasche wußte ich übrigens nicht, daß die sogenannte „Ringflasche“ ebenfalls ein Entwurf von Raymond Loevy ist. Ein zumindest von mir unterschätzter Klassiker also! So weit, so interessant!

Hier lebt nun ein Produkt wieder auf, daß die Beschwingheit  und das Design der sechziger Jahre heraufbeschwört. Unklar bleibt dabei, ob die neue alte „Fanta“ so schmeckt wie damals. Beworben wird sie nämlich mit „Neue Sorte. Neuer Geschmack.“. Ist die Rezeptur aber nur für die neu, die sie nicht von früher her kennen und erinnern, oder insgesamt? Noch spannender ist jedoch die Frage, wer die Brause eigentlich gut finden und kaufen soll? Von den Nostalgikern, die heute stilles Wasser und Wein trinken, kann der Erfolg mutmaßlich nicht erzeugt werden. Und unsere Kinder? Wenn die unbeugbar negative Reaktion meiner Kinder auf den ersten Gebrauchtwagen meines Lebens, mein einundzwanzig Jahre altes Mercedes-Coupé der Serie W124, repräsentativ und auf Lebensmittel übertragbar ist, sehe ich auch dort nicht den Konsumenten der Zukunft, ganz abgesehen davon, daß die Jugend von heute meiner Ansicht nach eher Smoothies und Wasser trinkt als süße, klebrige Limonade.

Es offenbart sich also möglicherweise die Unsinnigkeit von Retroprodukten, da sie bei keiner Zielgruppe mehr ins Herz treffen. Der VW „Beetle“ hat abgesehen vom amerikanischen Markt, ähnliche Probleme. Die Kunst erfolgreichen, konstanten Wirtschaftens mit einem unveränderten Traditionsprodukt liegt demnach im immer neuen Gewinnen der nachwachsenden Kunden. Aus dem Stand fallen mir da zum Beispiel „Reverso“, „Underberg“, „Persil“ und „Nivea-Creme“ ein. Wenn man aber diese Linie einmal länger unterbricht, dann gehen Wiederbelebungsversuche zumeist schief. Und das halte ich auch für gut, denn Durchhaltevermögen ohne wendehälsisches Schielen nach dem aktuellen Zeitgeschmack gehört honoriert, zeigt es doch auch, daß diese Produkte bis heute besser nicht gemacht werden können. Für die „Fanta Klassik“ gilt das offenbar genausowenig wie für die aktuelle „Fanta“, die geschmacklich zwischenzeitlich verändert wurde.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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