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wolfsgeheul.eu vom 05.11.2015

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Neulich hatte ich auf einer Vernissage einen kleinen, lustigen Wortwechsel mit einem von mir sehr geschätzten Journalisten im Unruhestand, der den Spaß am akademischen Streiten zum Glück noch nicht verloren hat.

Er berichtete, in der „Zeit“ ein Interview mit einem vorgeblichen DDR-Kenner – Name war ihm entfallen – gelesen zu haben, der unter anderem seinen Lieblings-DDR-Witz zum besten gegeben habe.

„Warum ist die Banane krumm? Weil sie einen Bogen um die DDR macht.“

So herausgefordert, behauptete ich, ebenfalls als DDR-Kenner, einen weit besseren DDR-Witz parat zu haben.

„Was ist die sozialistische Verwirrung? Wenn man mit einem leeren Einkaufsnetz vor dem „Konsum“ steht und nicht weiß, ob man schon drin war und noch rein muß.“

Zunächst wurde mir die DDR-Kennerschaft abgestritten, weil ich nicht zur Zeit des Existierens dieses Unrechtsstaates dort gelebt hätte, was natürlich richtig ist. Meinen Einwand, ich hätte aber in den fünfzehn Jahren dort mit so vielen in der DDR sozialisierten Menschen gesprochen, ihnen zugehört und bezöge mein fundiertes Wissen daraus, ließ er nur halb gelten. Letztlich lief es jedoch nur auf Wortklauberei hinaus.

Spannender war der Witzewettstreit, der sich aus dem Disput entwickelte. Viele Anwesende wurden gebeten/gezwungen, die Schiedsrichterrolle zu übernehmen und den besseren der beiden zu küren. Vermutlich wegen der Höflichkeit der Befragten erlangten wir darüber keine endgültige Klärung. Je älter aber die Angesprochenen waren, umso interessierter waren sie am politischen Witz an sich, was sich mit der größeren Nähe zum Nationalsozialismus erklären läßt, und es entwickelten sich gute Gespräche.

Und da schlägt die kleine Anekdote einen Bogen zur gestrigen Kolumne.

Während sich freie Menschen offensichtlich den Mund verbieten lassen, gelingt das in der Unfreiheit nicht, und es blüht im Gegenteil das geschickte, subtile, leise und absolut friedliche Aufbegehren mit Worten, und wenn es mit einem kleinen Witz ist. Subversion durch Sprache! Das erfordert höchste Kompetenz, die gewährleistet, daß die gefährlichen Klippen umschifft werden. Dagegen schreit der freie Mensch nur tumb  „Lügenpresse“ und droht, die Mächtigen an den Galgen zu bringen. Welch ein Verlust an intellektueller Qualität und geistreicher Anarchie! Der freie Mensch scheint in seiner (Selbst-)Zufriedenheit bereit, sich im vorauseilenden Gehorsam ohne Not kastrieren zu lassen bzw. selbst entsprechend zu beschneiden, und wenn er sich der Folgen dieses massiven Einschnittes bewußt wird, mutiert er zum Wutbürger. Wer keine Eier mehr hat, dem fehlt halt das Selbstbewußtsein. Der DDR-Bürger, der die Kunst des Widerstandes nachweislich einmal beherrschte, weil er sie nahtlos aus der braunen Zeit herüberretten mußte, hat bei der Wiedervereinigung wie an einer Garderobe offensichtlich sein Gemächt freiwillig in der staatlichen Anatomiesammlung der freiheitlichen Demokratie abgegeben, dorthin, wo die Westler das ihre schon lange vorher gebracht haben. Deutschland, ein Volk von Kastraten! Hoch singen heißt aber nicht automatisch gut singen, geschweige denn authentisch, kraftvoll und wirkmächtig. Vielleicht müssen wir deshalb zunehmend auf die natürlichen Soprane bauen, die die Kunst der hohen Töne auch ohne medizinischen Eingriff beherrschen und dafür nicht ihr Selbstbewußtsein verloren haben. Die Zukunft gehört der Frau, zumindest solange, bis wieder vollständige Männer nachgewachsen sind und sich das weibliche Geschlecht eventuell genauso blödsinnig die Hörner abgestoßen hat, wie die Männer zuvor, was aber auch nicht geschehen muß, da die Frau an sich, außer vielleicht am Arschgeweih, gar keine Hörner besitzt. Immerhin besser, als sich nur deshalb wieder eine Diktatur herbeizuwünschen, damit der Geist wieder angeregt wird.

Eine spannende Zeit!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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