wolfsgeheul.eu vom 04.08.2017

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Der Rheinländer nennt ihn Köt – richtig heißt er Cutaway.

Ein wunderbares Kleidungsstück, welches man der Jugend von heute im Zweifel erklären muß, da sie es noch niemals gesehen hat. Der Große Gesellschaftsanzug des Tages hat in Deutschland praktisch ausgedient. Das Pendant für den Abend, den Frack, erlebt man fast nur an Dirigenten und Orchestermusikern. Einzig der Smoking findet bisweilen noch seinen Einsatz. Selbst zu Hochzeiten scheint Stilechtheit kaum mehr gefragt, stattdessen wartet der Mann dort mit oft gräuslichen Mischformen auf oder er trägt den richtigen Anzug zur falschen Uhrzeit. Eigentlich traurig, daß die guten Umgangsformen, die sich auch und gerade am Habit zeigen, derartig aus der Mode kommen.

Umsomehr erfreut heute ein Bild im Hauptteil der FAZ von Japans umgebildetem Kabinett um Ministerpräsident Abe. Zwar erkennt man nur zwei Frauen, aber alle Männer tragen Cutaway. Nun ist Nippon zwar als sehr traditionsreiches Land bekannt, daß man dort jedoch einer ab dem Jahr 1850 von England ausgehenden Kleiderordnung bis in die Jetztzeit folgt, stellt eine Wohltat für das Auge dar. Das korrekte Uniforme läßt die Personen sichtbar hinter ihrem Amt zurücktreten, was bei der Neueinführung einer Regierungsmannschaft mehr als angemessen ist. Individualität muß nicht zwingend an solchen Tagen zur Schau getragen werden. Ihre persönliche Art und ihr Handeln sind für Menschen die viel wichtigere Unterscheidung. Und wer die Ehre hat, Verantwortung für das Volk zu übernehmen, tut gut daran, dem Akt der Ernennung mit Würde und Demut zu begegnen. Beides drückt der abgerundete Frack mit Streifenhose in vorzüglicher Art und Weise aus.

Diese Traditionsbewußtheit sei bei uns zur Nachahmung empfohlen! Oder nimmt man hier die Sache nicht mehr so ernst?

Es lebe der Köt! Und nun: Cut!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 29.06.2015

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Das Golfspiel stellt in vielerlei Hinsicht etwas Außergewöhnliches dar.

Zunächst ist es einmal ein ernstzunehmender Sport, der immer in der freien Natur stattfindet. Für achtzehn Löcher müssen rund zehn Kilometer in zügigem Schritt bewältigt werden. Wer seine Utensilien selbst trägt, hat dabei noch mehrere Kilogramm Gepäck über der Schulter bzw. auf dem Rücken. Das ganze ist also kein gemütlicher Spaziergang, sondern eher schnelleres Wandern. Dann kommt beim Bällchenschlagen ein hochkomplizierter Bewegungsablauf hinzu, der auf die eine oder andere Weise jeden Muskel anspricht und höchste Konzentration erfordert. Richtig betrieben kommt man dabei durchaus ins Schwitzen. Man verbrennt Körperfett, fordert und fördert die Pumpe und die müden Knochen und schult seine Koordination. Zu keinem Zeitpunkt aber ist man außer Atem oder verliert sonstig die Contenance.  Zudem haftet dem Ganzen etwas genauso Skurriles wie Kontemplatives und geradezu Philosophisches an. Und ein gelungener Schlag setzt wunderbar viele Glückshormone frei, der, wenn man es nicht zu verbissen sieht, die genauso ärgerlichen wie zumeist nahezu unerklärlichen Fehlschläge bei weitem überwiegt oder gar vergessen läßt. Das alles hat etwas sehr Kultiviertes.

Dieser Eindruck setzt sich fort, wenn man bedenkt, daß Golf durch die Handicapvorgabe die einzige – mir jedenfalls fällt keine andere ein – Sportart ist, die gute und schlechte Spieler gemeinsam ausüben können. Man spielt gegen den Platz und gegen sich selbst und befindet sich dabei in (sportlicher) Gesellschaft. Dabei ist man mehr oder weniger zur Kommunikation verpflichtet, ist also auch interaktiv. Die Themen sind frei wählbar und müssen sich nicht zwingend nur um das Golfen drehen. Zudem gibt es Etiketteregeln, die das Gemeinschaftserlebnis sehr angenehm gestalten. Und beim Suchen des Balles hilft man sich. Auf der Runde kann man rauchen, trinken und essen, einzig rasten verbietet sich zumeist. Golfen ist demnach ein soziales und sinnliches Ereignis.

Zuletzt kommt das für mich fast Entscheidende, auch wenn es bedauerlicherweise nicht mehr so rein gepflegt wird wie früher. Golf braucht nicht zwingend gesonderte Sportkleidung, wenn man einmal von dem Handschuh und festen Stand, Halt und Tritt gewährleistenden Schuhen, die sich aber nicht von Straßenschuhen unterscheiden müssen, da es nur auf die Bequemlichkeit und unter der Sohle angebrachte Stollen ankommt, absieht. Man könnte also mit dem Bureauanzug auf den Golfplatz gehen. Ein Hemd mit Kragen, das im übrigen in der Hose zu sein hat, ist vorgeschrieben, kurze Hosen sind verboten, eine Bermuda aber mit – nur so ist es korrekt – Kniestrümpfen ist erlaubt. Die Regel mit den langen Strümpfen kennt hierzulande zwar kaum einer mehr, insgesamt jedoch sieht man auf dem Platz überwiegend angemessen gekleidete Menschen. Zusätzlich wird von nicht wenigen noch der alte englische Stil gepflegt, so daß viel Kariertes und gewagte Farb- und Musterkombinationen begleitet vom zweifarbigen Budapester an den Füßen präsentiert werden. Wenn es gewollt ist, hat es Stil, und wenn ungewollt ist, könnte man es trotzdem für solchen halten. Und wenn man dann alte Männer in kurzen Hosen auf dem Tennisplatz oder in bunten Wurstpellen beim Joggen oder Radeln dagegen stellt, weiß man, was man gerade beim Golf nicht vermißt. Und so ist der Anblick der Terrasse eines Golfhauses kaum von dem einer gehobenen Ausflugsgaststätte  zu unterscheiden.Was für eine Wohltat!

Gerne habe ich Tennis gespielt und bin Mountainbike gefahren, aber jetzt weiß ich, warum dem Golf immer der Nimbus des Vornehmen anhängt. Es ist aber nicht in erster Linie vornehm, sondern einfach nur kultiviert. Und die sportiven Menschen sind, wenn man einmal von sehr elitären Clubs – und auch da geht es zunehmend weniger um Stil als um Geld – absieht, wie inzwischen überall bunt gemischt. Als Hort des zivilen Aussehens und Umganges steht der Golfsport so als Fels in der Brandung gegen den Mainstream, der immer beliebiger, lauter, schriller, ungehobelter und grober wird. Zumindest für Ältere wie mich also genau das Richtige, fast ein Paradies, fast wie Urlaub vom Alltag ohne Hetze und ästhetische Grausamkeiten für das ohnehin schon genug gepeinigte Auge bei guten Umgangsformen. Schön, daß es so etwas noch gibt. Geradezu ein Vorbild für eine lebenswerte Gesellschaft!

Vivat Golf, möchte man ausrufen, aber eine leider weit verbreitete Unart des golfspielenden Homo Sapiens will ich am Ende nicht verschweigen. Viele reden nur noch von ihrem Sport, auch in Gesprächen mit Mitmenschen, die sich hierfür überhaupt nicht interessieren. Zwar kann ich die Begeisterung aufgrund der Alleinstellung des Sportes inzwischen nachvollziehen, aber die Etikette, sprich gegenseitige Rücksichtnahme sollte auch außerhalb der Sportstätte gewahrt werden. In diesem Sinne hoffe ich, daß es mir gelungen ist, meine Leser weder zu nerven noch zu langweilen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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